Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Litteratur gehen wir hier nicht näher ein, da sie für sich selbst sprechen. Aber die Ausfüh¬ Über Gregorovius erste Reise unes Italien heißt es S. 30: "Er war unbe¬ Daß Gregorovius ein Feind Bismnrcks War, geht aus mehreren Stellen der Peinlich berühren Ausdrücke wie S. 15: "fast alljährlich setzte er über deu Litteratur Deutscher Glaube. Träumereien aus der Einsamkeit von Arthur Borns. Heilbronn, Sein erstes, vor zwei Jahren erschienenes Büchlein "Zwischen den Zeilen" Litteratur gehen wir hier nicht näher ein, da sie für sich selbst sprechen. Aber die Ausfüh¬ Über Gregorovius erste Reise unes Italien heißt es S. 30: „Er war unbe¬ Daß Gregorovius ein Feind Bismnrcks War, geht aus mehreren Stellen der Peinlich berühren Ausdrücke wie S. 15: „fast alljährlich setzte er über deu Litteratur Deutscher Glaube. Träumereien aus der Einsamkeit von Arthur Borns. Heilbronn, Sein erstes, vor zwei Jahren erschienenes Büchlein „Zwischen den Zeilen" <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0651" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/224235"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_1916" prev="#ID_1915"> gehen wir hier nicht näher ein, da sie für sich selbst sprechen. Aber die Ausfüh¬<lb/> rungen des Herausgebers geben zu einigen Bemerkungen Veranlassung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1917"> Über Gregorovius erste Reise unes Italien heißt es S. 30: „Er war unbe¬<lb/> mittelt und mußte sich in Königsberg als Privatlehrer sein Brat erwerben." Unsers<lb/> Wissens war er an einer Mädchenschule angestellt und ließ seine Ehe scheiden:<lb/> dieser Umstand soll ihn hauptsächlich fortgetrieben haben. Da der Herausgeber<lb/> wiederholt die ärmlichen Verhältnisse berührt, in denen Gregvrovius in Nom ge¬<lb/> lebt habe, so wollen wir doch nicht verschweigen, daß er sich durch schriftstellerische<lb/> Arbeit immerhin einiges Vermögen erworben hatte, das er — wenn wir nicht<lb/> irren im Jahre 1867 — durch deu Bankerott eines Hnudlnngshauses verlor, dem<lb/> er es anvertraut hatte. S. 8 wird behauptet, Gregvrovius habe das gesellige<lb/> Leben („den Salon") wenig geliebt. Es gab aber doch in Rom wenige Menschen,<lb/> die so viel in Gesellschaft zu sehen waren wie Gregorovius. Wenn also die<lb/> Äußerung vou Althaus zitirt wird, Gregvrovius habe in Zurückgezogenheit ganz<lb/> seinen Studien gelebt, so ist das völlig unzutreffend: abgesehen von seiner Neigung<lb/> zur Geselligkeit, mußte er schon deshalb Umgang suchen, weil er längere Zeit<lb/> römischer Korrespondent der Berliner Nativnalzeituug war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1918"> Daß Gregorovius ein Feind Bismnrcks War, geht aus mehreren Stellen der<lb/> Briefe hervor und braucht bei dem eigentümlichen Charakter des Briefstellers nicht<lb/> Wunder zu nehmen. Wenn er jedoch S. 160 von Bismarck sagt: „Er beißt, und<lb/> wenn er also ein Hund ist, so wird er doch immer der große Hund sein," so<lb/> müssen wir ihn doch gegen eine solche Geschmacklosigkeit in Schutz nehmen: er hat<lb/> offenbar im Original Vu-u xrauäo mit Anspielung auf deu aus Dante bekannten<lb/> Caugrande, deu Fürsten vou Vicenza, geschrieben: ein Scherz, deu man um so<lb/> eher gelten lassen wird, als Gregvrovius sonst von allem Witz und Humor weit<lb/> entfernt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1919"> Peinlich berühren Ausdrücke wie S. 15: „fast alljährlich setzte er über deu<lb/> Brenner," S. 110 „Sphynx", S. 164 „die Figur des Hegesias außerhalb<lb/> des Dipylon in Athen" statt der Hegeso, und S. 86 „Sie werden die gewohnten<lb/> Beschäftigungen von neuem in Ihrem Lesekabiuet aufgenommen haben"; das<lb/> italienische swäio heißt auf deutsch Studierstube.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <p xml:id="ID_1920"> Deutscher Glaube. Träumereien aus der Einsamkeit von Arthur Borns. Heilbronn,<lb/> E. Salzer, I8!>7</p><lb/> <p xml:id="ID_1921" next="#ID_1922"> Sein erstes, vor zwei Jahren erschienenes Büchlein „Zwischen den Zeilen"<lb/> hat Borns „besinnlichen Leuten" gewidmet. Es waren feine religiöse Skizzen und<lb/> Gleichnisse, die wirklich zum Besinnen anregten, wenn man auch nicht überall mit<lb/> dem Verfasser Hand in Hund gehen konnte. Der Deutsche Glaube zeigt uns ein<lb/> andres Gesicht; statt zu stillem Mitsiuueu führt uns Bouus hier in einen unruhigen<lb/> Sturm und Drang der Gedanken. Nur einzelne von den „Träumen" im mittlern<lb/> Teil des Buches tragen den Charakter der frühern Schrift: anch hier zeigt sich<lb/> die Gabe des Verfassers, sittliche Wahrheiten in einem Gleichnis aus dem frischen<lb/> Leben uns nahe zu rücken und uns mit Ernst „praktisches Christentum," wie mau<lb/> es gern nennt, zu predige». Bei einigen Stücken wäre aber vielleicht eine Kürzung<lb/> am Platze gewesen, so in den Gleichnisvariationen über die Vererbung von Sünde</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0651]
Litteratur
gehen wir hier nicht näher ein, da sie für sich selbst sprechen. Aber die Ausfüh¬
rungen des Herausgebers geben zu einigen Bemerkungen Veranlassung.
Über Gregorovius erste Reise unes Italien heißt es S. 30: „Er war unbe¬
mittelt und mußte sich in Königsberg als Privatlehrer sein Brat erwerben." Unsers
Wissens war er an einer Mädchenschule angestellt und ließ seine Ehe scheiden:
dieser Umstand soll ihn hauptsächlich fortgetrieben haben. Da der Herausgeber
wiederholt die ärmlichen Verhältnisse berührt, in denen Gregvrovius in Nom ge¬
lebt habe, so wollen wir doch nicht verschweigen, daß er sich durch schriftstellerische
Arbeit immerhin einiges Vermögen erworben hatte, das er — wenn wir nicht
irren im Jahre 1867 — durch deu Bankerott eines Hnudlnngshauses verlor, dem
er es anvertraut hatte. S. 8 wird behauptet, Gregvrovius habe das gesellige
Leben („den Salon") wenig geliebt. Es gab aber doch in Rom wenige Menschen,
die so viel in Gesellschaft zu sehen waren wie Gregorovius. Wenn also die
Äußerung vou Althaus zitirt wird, Gregvrovius habe in Zurückgezogenheit ganz
seinen Studien gelebt, so ist das völlig unzutreffend: abgesehen von seiner Neigung
zur Geselligkeit, mußte er schon deshalb Umgang suchen, weil er längere Zeit
römischer Korrespondent der Berliner Nativnalzeituug war.
Daß Gregorovius ein Feind Bismnrcks War, geht aus mehreren Stellen der
Briefe hervor und braucht bei dem eigentümlichen Charakter des Briefstellers nicht
Wunder zu nehmen. Wenn er jedoch S. 160 von Bismarck sagt: „Er beißt, und
wenn er also ein Hund ist, so wird er doch immer der große Hund sein," so
müssen wir ihn doch gegen eine solche Geschmacklosigkeit in Schutz nehmen: er hat
offenbar im Original Vu-u xrauäo mit Anspielung auf deu aus Dante bekannten
Caugrande, deu Fürsten vou Vicenza, geschrieben: ein Scherz, deu man um so
eher gelten lassen wird, als Gregvrovius sonst von allem Witz und Humor weit
entfernt war.
Peinlich berühren Ausdrücke wie S. 15: „fast alljährlich setzte er über deu
Brenner," S. 110 „Sphynx", S. 164 „die Figur des Hegesias außerhalb
des Dipylon in Athen" statt der Hegeso, und S. 86 „Sie werden die gewohnten
Beschäftigungen von neuem in Ihrem Lesekabiuet aufgenommen haben"; das
italienische swäio heißt auf deutsch Studierstube.
Litteratur
Deutscher Glaube. Träumereien aus der Einsamkeit von Arthur Borns. Heilbronn,
E. Salzer, I8!>7
Sein erstes, vor zwei Jahren erschienenes Büchlein „Zwischen den Zeilen"
hat Borns „besinnlichen Leuten" gewidmet. Es waren feine religiöse Skizzen und
Gleichnisse, die wirklich zum Besinnen anregten, wenn man auch nicht überall mit
dem Verfasser Hand in Hund gehen konnte. Der Deutsche Glaube zeigt uns ein
andres Gesicht; statt zu stillem Mitsiuueu führt uns Bouus hier in einen unruhigen
Sturm und Drang der Gedanken. Nur einzelne von den „Träumen" im mittlern
Teil des Buches tragen den Charakter der frühern Schrift: anch hier zeigt sich
die Gabe des Verfassers, sittliche Wahrheiten in einem Gleichnis aus dem frischen
Leben uns nahe zu rücken und uns mit Ernst „praktisches Christentum," wie mau
es gern nennt, zu predige». Bei einigen Stücken wäre aber vielleicht eine Kürzung
am Platze gewesen, so in den Gleichnisvariationen über die Vererbung von Sünde
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