Die Grenzboten. Jg. 55, 1896, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches und den Landrat ein die Ortsbehörde, wo es wohlbehalten am 3. August einläuft. Gleichzeitig erhalten wir von andrer Seite eine nicht minder köstliche Geschichte Eine höhere Behörde hat "Erhebungen" darüber angeordnet, ob die in einem Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marqnnrt in Leipzig Maßgebliches und Unmaßgebliches und den Landrat ein die Ortsbehörde, wo es wohlbehalten am 3. August einläuft. Gleichzeitig erhalten wir von andrer Seite eine nicht minder köstliche Geschichte Eine höhere Behörde hat „Erhebungen" darüber angeordnet, ob die in einem Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marqnnrt in Leipzig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0256" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/223840"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_805" prev="#ID_804"> und den Landrat ein die Ortsbehörde, wo es wohlbehalten am 3. August einläuft.<lb/> Die Übermittlung dieser hochwichtigen Staatsangelegenheit an die Stelle, die allem<lb/> Auskunft geben kann, dauert also volle fünfundzwanzig Tage! Wir müssen aber<lb/> bedenken, daß dazwischen drei Sonntage liegen, an denen männiglich, also auch<lb/> der königlich preußische Staatsbeamte, Auspruch auf Sonntagsruhe hat. Die Orts¬<lb/> behörde prüft die Angelegenheit und „vergeudet" damit zwei Tage. Die Sache<lb/> geht also am 5. August zurück. Wie durch ein Wunder kommt sie schon nach<lb/> weiter» fünf Tagen, am 10. August, an ihrem Ausgangsort wieder an. Betaue<lb/> jetzt der Antragsteller X umgehend die nachgesuchte Erlaubnis, so könnte er sich<lb/> noch einrichten, da alles vorbereitet ist. Aber die Zustellung muß „vorschrifts¬<lb/> mäßig" erfolgen! Am 16. August lange die Erlaubnis beim Regierungspräsidenten<lb/> an — die beiden ersten Vcrlosungstage sind also schon vorbei —, und vier Tage<lb/> später beim Landrat, am 20. August. Selbst jetzt könnte »och zur Not an dem<lb/> letzten Tage, am 21. August die Verlosung stattfinden. Leider ist der Weg vom<lb/> Laudrat zu der um demselben Orte befindlichen Ortsbehörde zu weit; das Schrift¬<lb/> stück kommt glücklich am Morgen des 22. August um die Ortsbehörde, die die<lb/> Erlaubnis Herrn X zustellen soll. Herr X ist hoch beglückt, kaun aber von der<lb/> Erlaubnis leider keinen Gebrauch mehr macheu, da die Wohlthätigkeitsveranstaltung<lb/> am 21. August eingestellt worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_806"> Gleichzeitig erhalten wir von andrer Seite eine nicht minder köstliche Geschichte<lb/> zugesandt:</p><lb/> <p xml:id="ID_807"> Eine höhere Behörde hat „Erhebungen" darüber angeordnet, ob die in einem<lb/> bestimmten Bezirk befindlichen landwirtschaftlichen Winterschulen gewissen Anforde¬<lb/> rungen entsprechen. Eine solche Anfrage kommt auch an den Landrat des Kreises T.<lb/> Dieser Landrat ist Vorsitzender des Vorstands seiner Kreiswiuterschule. Man<lb/> sollte nun meinen, er müßte am besten wissen, wie es um seine Schule bestellt ist,<lb/> und könnte daher die Antwort selbst geben. Aber nein, das wäre gegen deu<lb/> Instanzenzug! Der Büreaufchreiber setzt also nach dem bekannten Schema auf das<lb/> Stück: „An den Gemeinderat hier zur Äußerung" (er vermindert das Schreibwerk,<lb/> sonst hätte er mindestens geschrieben: zur gefälligen Äußerung), und der Laudrat<lb/> unterschreibts! Der Gemeinderat, der nicht einmal in dem Wiuterschulvorstand ver¬<lb/> treten ist, soll die Sache dem Vernehmen nach zurückgegeben haben mit dem „An¬<lb/> heimstellen," den Herrn Laudrnt, der als Vorsitzender des Schulvorstands die Ver¬<lb/> hältnisse doch wohl am besten beurteilen könne, über die Angelegenheit zu hören.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div type="corrigenda" n="1"><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig<lb/> Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marqnnrt in Leipzig</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0256]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
und den Landrat ein die Ortsbehörde, wo es wohlbehalten am 3. August einläuft.
Die Übermittlung dieser hochwichtigen Staatsangelegenheit an die Stelle, die allem
Auskunft geben kann, dauert also volle fünfundzwanzig Tage! Wir müssen aber
bedenken, daß dazwischen drei Sonntage liegen, an denen männiglich, also auch
der königlich preußische Staatsbeamte, Auspruch auf Sonntagsruhe hat. Die Orts¬
behörde prüft die Angelegenheit und „vergeudet" damit zwei Tage. Die Sache
geht also am 5. August zurück. Wie durch ein Wunder kommt sie schon nach
weiter» fünf Tagen, am 10. August, an ihrem Ausgangsort wieder an. Betaue
jetzt der Antragsteller X umgehend die nachgesuchte Erlaubnis, so könnte er sich
noch einrichten, da alles vorbereitet ist. Aber die Zustellung muß „vorschrifts¬
mäßig" erfolgen! Am 16. August lange die Erlaubnis beim Regierungspräsidenten
an — die beiden ersten Vcrlosungstage sind also schon vorbei —, und vier Tage
später beim Landrat, am 20. August. Selbst jetzt könnte »och zur Not an dem
letzten Tage, am 21. August die Verlosung stattfinden. Leider ist der Weg vom
Laudrat zu der um demselben Orte befindlichen Ortsbehörde zu weit; das Schrift¬
stück kommt glücklich am Morgen des 22. August um die Ortsbehörde, die die
Erlaubnis Herrn X zustellen soll. Herr X ist hoch beglückt, kaun aber von der
Erlaubnis leider keinen Gebrauch mehr macheu, da die Wohlthätigkeitsveranstaltung
am 21. August eingestellt worden ist.
Gleichzeitig erhalten wir von andrer Seite eine nicht minder köstliche Geschichte
zugesandt:
Eine höhere Behörde hat „Erhebungen" darüber angeordnet, ob die in einem
bestimmten Bezirk befindlichen landwirtschaftlichen Winterschulen gewissen Anforde¬
rungen entsprechen. Eine solche Anfrage kommt auch an den Landrat des Kreises T.
Dieser Landrat ist Vorsitzender des Vorstands seiner Kreiswiuterschule. Man
sollte nun meinen, er müßte am besten wissen, wie es um seine Schule bestellt ist,
und könnte daher die Antwort selbst geben. Aber nein, das wäre gegen deu
Instanzenzug! Der Büreaufchreiber setzt also nach dem bekannten Schema auf das
Stück: „An den Gemeinderat hier zur Äußerung" (er vermindert das Schreibwerk,
sonst hätte er mindestens geschrieben: zur gefälligen Äußerung), und der Laudrat
unterschreibts! Der Gemeinderat, der nicht einmal in dem Wiuterschulvorstand ver¬
treten ist, soll die Sache dem Vernehmen nach zurückgegeben haben mit dem „An¬
heimstellen," den Herrn Laudrnt, der als Vorsitzender des Schulvorstands die Ver¬
hältnisse doch wohl am besten beurteilen könne, über die Angelegenheit zu hören.
Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marqnnrt in Leipzig
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