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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Sparsamkeit und Selbsthilfe

cum Sparsamkeit eine Tugend und Verschwendung ein Laster ist,
dann sollen wir die Tugend üben und das Laster fliehen. Wenn
sparsam sein Wohlstand schafft und verschwenden den Menschen
an den Bettelstab bringt, dann sollen wir das erste thun und
das zweite lassen, und wenn es recht ist, daß der Verschwender
unter Vormundschaft gestellt wird, wenn das Laster den ganzen Menschen er¬
griffen hat, dann soll man seine Klagen über den Gang einer Zwangserziehung
uicht tragisch nehmen.

Was aber für deu Einzelnen gilt, gilt auch für ein ganzes Volk. Wenn
w einem Einzelhaushalte die Einnahmen kleiner werden, dann wird der ver¬
nünftige Hausherr dafür sorgen, daß sich auch die Ausgaben verringern, er
wird sparen. Oder er wird seinen Haushaltungsgenossen eine neue Ordnung
"eigen und vorschreiben, die imstande ist, die Einnahmen zu erhöhen. Thut
^ nichts, läßt er die Dinge gehen, wie sie gehen, dann muß er davonlaufen,
heißt zu Grunde gehen. Nicht anders als im Einzelhanshalte steht es
"n Gesamthaushalte eines großen Volkes. Alle Regeln und Gesetze, die für
le zehnköpfige Familie gelten, gelten auch für die Wirtschaft eines Fünfzig'
miUionenvolkes.

Soeben hat die Geburtstagsfeier unsers großen Deutschen die schon recht
'gestaute Brise nationalen Fühlens in einen Sturm ehrlicher Begeisterung
umgewandelt, und man könnte kaum ein Winkelchen in dem weiten deutschen
tre! ^ wo nicht mit vollen Segeln die hochgehenden Wogen durch-
lz worden wären. Hunderte von gutgemeinten Reden thaten aufs neue kund,
" / ^ sein wollen nun und immerdar ein einzig Volk von Brüdern," daß
soll- Deutschland über alles" geht, daß "Enkel kraftvoll walten"
Geer'b ^''^ ^^""^'^ 6" erhalten," und daß jeder Einzelne sein will und




Sparsamkeit und Selbsthilfe

cum Sparsamkeit eine Tugend und Verschwendung ein Laster ist,
dann sollen wir die Tugend üben und das Laster fliehen. Wenn
sparsam sein Wohlstand schafft und verschwenden den Menschen
an den Bettelstab bringt, dann sollen wir das erste thun und
das zweite lassen, und wenn es recht ist, daß der Verschwender
unter Vormundschaft gestellt wird, wenn das Laster den ganzen Menschen er¬
griffen hat, dann soll man seine Klagen über den Gang einer Zwangserziehung
uicht tragisch nehmen.

Was aber für deu Einzelnen gilt, gilt auch für ein ganzes Volk. Wenn
w einem Einzelhaushalte die Einnahmen kleiner werden, dann wird der ver¬
nünftige Hausherr dafür sorgen, daß sich auch die Ausgaben verringern, er
wird sparen. Oder er wird seinen Haushaltungsgenossen eine neue Ordnung
«eigen und vorschreiben, die imstande ist, die Einnahmen zu erhöhen. Thut
^ nichts, läßt er die Dinge gehen, wie sie gehen, dann muß er davonlaufen,
heißt zu Grunde gehen. Nicht anders als im Einzelhanshalte steht es
"n Gesamthaushalte eines großen Volkes. Alle Regeln und Gesetze, die für
le zehnköpfige Familie gelten, gelten auch für die Wirtschaft eines Fünfzig'
miUionenvolkes.

Soeben hat die Geburtstagsfeier unsers großen Deutschen die schon recht
'gestaute Brise nationalen Fühlens in einen Sturm ehrlicher Begeisterung
umgewandelt, und man könnte kaum ein Winkelchen in dem weiten deutschen
tre! ^ wo nicht mit vollen Segeln die hochgehenden Wogen durch-
lz worden wären. Hunderte von gutgemeinten Reden thaten aufs neue kund,
" / ^ sein wollen nun und immerdar ein einzig Volk von Brüdern," daß
soll- Deutschland über alles" geht, daß „Enkel kraftvoll walten"
Geer'b ^''^ ^^""^'^ 6" erhalten," und daß jeder Einzelne sein will und


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[0113] [Abbildung] Sparsamkeit und Selbsthilfe cum Sparsamkeit eine Tugend und Verschwendung ein Laster ist, dann sollen wir die Tugend üben und das Laster fliehen. Wenn sparsam sein Wohlstand schafft und verschwenden den Menschen an den Bettelstab bringt, dann sollen wir das erste thun und das zweite lassen, und wenn es recht ist, daß der Verschwender unter Vormundschaft gestellt wird, wenn das Laster den ganzen Menschen er¬ griffen hat, dann soll man seine Klagen über den Gang einer Zwangserziehung uicht tragisch nehmen. Was aber für deu Einzelnen gilt, gilt auch für ein ganzes Volk. Wenn w einem Einzelhaushalte die Einnahmen kleiner werden, dann wird der ver¬ nünftige Hausherr dafür sorgen, daß sich auch die Ausgaben verringern, er wird sparen. Oder er wird seinen Haushaltungsgenossen eine neue Ordnung «eigen und vorschreiben, die imstande ist, die Einnahmen zu erhöhen. Thut ^ nichts, läßt er die Dinge gehen, wie sie gehen, dann muß er davonlaufen, heißt zu Grunde gehen. Nicht anders als im Einzelhanshalte steht es "n Gesamthaushalte eines großen Volkes. Alle Regeln und Gesetze, die für le zehnköpfige Familie gelten, gelten auch für die Wirtschaft eines Fünfzig' miUionenvolkes. Soeben hat die Geburtstagsfeier unsers großen Deutschen die schon recht 'gestaute Brise nationalen Fühlens in einen Sturm ehrlicher Begeisterung umgewandelt, und man könnte kaum ein Winkelchen in dem weiten deutschen tre! ^ wo nicht mit vollen Segeln die hochgehenden Wogen durch- lz worden wären. Hunderte von gutgemeinten Reden thaten aufs neue kund, " / ^ sein wollen nun und immerdar ein einzig Volk von Brüdern," daß soll- Deutschland über alles" geht, daß „Enkel kraftvoll walten" Geer'b ^''^ ^^""^'^ 6" erhalten," und daß jeder Einzelne sein will und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/113>, abgerufen am 21.12.2024.