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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Schwindel. Jeder Unterrichtete aber weiß, daß aus solchen Schwindelbesprechungen
bei weitem der größte Teil der gesamten Konzert- und Theaterkritik unsrer Tages¬
presse besteht. Und doch giebt es Leute, die dieses Zeug Tag für Tag lesen, ja
die selbst, wenn sie dabeigesessen haben, sich nicht zu sagen getrauen, ob ihnen eine
Konzert- oder Theateraufführung gefallen habe oder nicht, sondern erst abwarten,
was den nächsten Tag irgend ein bezahlter Schmierpeter im Blättchen drüber sagt.

In der Form sind die beiden Besprechungen einander wert.



Litteratur

Splitter und Späne. Aphorismen und Sarkasnien von D. Hack. Leipzig, Adalbert
Fischers Verlag, 1M3

Ein hübsch ausgestattetes Büchlein, das man zur Not in die Westentasche
stecken und dessen Spruchweisheit in Prosa und Versen man überall bedenken und
stellenweise gnr wohl beherzigen kann. Der Dichter, der offen von sich sagt:

scheint ein frische und ernste Natur zu sein, die dem modischen Pessimismus, der
modischen Rcnommirgenialität und dem modischen Wissenschnftsdünkel mit gleicher
Abneigung gegenübersteht. In den Prosasprüchen heißt es: "Meinetwegen! halte
die Welt für so schlecht, wie du willst. Doch glaube keinen Augenblick, daß du
nicht auch dieser Welt angehörst," ferner: "Was für den Künstler der größte Fluch
ist? Ein talentloses Genie zu sein" und: "Das Wissen scheint nur dann sehr um¬
fangreich, wenn es um und um in Dunkel gehüllt ist." In den Distichen und ge¬
reimten Sprüchen aber lesen wir:


Zufriedenheit Künstler

Bildung

Anders wird es fast täglich, ob besser? Wer hegt da noch Zweifel?
Wissenschaft schreitet wohl vor, aber die Bildung zurück.


Die Sprnchsammlung hinterläßt den Eindruck, daß sie erlebt und nicht erdiftelt sei.




Für die Redaktion verantwortlich: Dr. G. Wustmanu in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Gruuow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig

Schwindel. Jeder Unterrichtete aber weiß, daß aus solchen Schwindelbesprechungen
bei weitem der größte Teil der gesamten Konzert- und Theaterkritik unsrer Tages¬
presse besteht. Und doch giebt es Leute, die dieses Zeug Tag für Tag lesen, ja
die selbst, wenn sie dabeigesessen haben, sich nicht zu sagen getrauen, ob ihnen eine
Konzert- oder Theateraufführung gefallen habe oder nicht, sondern erst abwarten,
was den nächsten Tag irgend ein bezahlter Schmierpeter im Blättchen drüber sagt.

In der Form sind die beiden Besprechungen einander wert.



Litteratur

Splitter und Späne. Aphorismen und Sarkasnien von D. Hack. Leipzig, Adalbert
Fischers Verlag, 1M3

Ein hübsch ausgestattetes Büchlein, das man zur Not in die Westentasche
stecken und dessen Spruchweisheit in Prosa und Versen man überall bedenken und
stellenweise gnr wohl beherzigen kann. Der Dichter, der offen von sich sagt:

scheint ein frische und ernste Natur zu sein, die dem modischen Pessimismus, der
modischen Rcnommirgenialität und dem modischen Wissenschnftsdünkel mit gleicher
Abneigung gegenübersteht. In den Prosasprüchen heißt es: „Meinetwegen! halte
die Welt für so schlecht, wie du willst. Doch glaube keinen Augenblick, daß du
nicht auch dieser Welt angehörst," ferner: „Was für den Künstler der größte Fluch
ist? Ein talentloses Genie zu sein" und: „Das Wissen scheint nur dann sehr um¬
fangreich, wenn es um und um in Dunkel gehüllt ist." In den Distichen und ge¬
reimten Sprüchen aber lesen wir:


Zufriedenheit Künstler

Bildung

Anders wird es fast täglich, ob besser? Wer hegt da noch Zweifel?
Wissenschaft schreitet wohl vor, aber die Bildung zurück.


Die Sprnchsammlung hinterläßt den Eindruck, daß sie erlebt und nicht erdiftelt sei.




Für die Redaktion verantwortlich: Dr. G. Wustmanu in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Gruuow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0536] Schwindel. Jeder Unterrichtete aber weiß, daß aus solchen Schwindelbesprechungen bei weitem der größte Teil der gesamten Konzert- und Theaterkritik unsrer Tages¬ presse besteht. Und doch giebt es Leute, die dieses Zeug Tag für Tag lesen, ja die selbst, wenn sie dabeigesessen haben, sich nicht zu sagen getrauen, ob ihnen eine Konzert- oder Theateraufführung gefallen habe oder nicht, sondern erst abwarten, was den nächsten Tag irgend ein bezahlter Schmierpeter im Blättchen drüber sagt. In der Form sind die beiden Besprechungen einander wert. [Abbildung] Litteratur Splitter und Späne. Aphorismen und Sarkasnien von D. Hack. Leipzig, Adalbert Fischers Verlag, 1M3 Ein hübsch ausgestattetes Büchlein, das man zur Not in die Westentasche stecken und dessen Spruchweisheit in Prosa und Versen man überall bedenken und stellenweise gnr wohl beherzigen kann. Der Dichter, der offen von sich sagt: scheint ein frische und ernste Natur zu sein, die dem modischen Pessimismus, der modischen Rcnommirgenialität und dem modischen Wissenschnftsdünkel mit gleicher Abneigung gegenübersteht. In den Prosasprüchen heißt es: „Meinetwegen! halte die Welt für so schlecht, wie du willst. Doch glaube keinen Augenblick, daß du nicht auch dieser Welt angehörst," ferner: „Was für den Künstler der größte Fluch ist? Ein talentloses Genie zu sein" und: „Das Wissen scheint nur dann sehr um¬ fangreich, wenn es um und um in Dunkel gehüllt ist." In den Distichen und ge¬ reimten Sprüchen aber lesen wir: Zufriedenheit Künstler Bildung Anders wird es fast täglich, ob besser? Wer hegt da noch Zweifel? Wissenschaft schreitet wohl vor, aber die Bildung zurück. Die Sprnchsammlung hinterläßt den Eindruck, daß sie erlebt und nicht erdiftelt sei. Für die Redaktion verantwortlich: Dr. G. Wustmanu in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Gruuow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/536>, abgerufen am 23.11.2024.