Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Das Journal von Tiefurt n dem heißen Sommer des Jahres 1781 ging die Herzogin Anna War Goethe der Erfinder? Er war am Abend vorher bei der Herzogin Das Journal von Tiefurt n dem heißen Sommer des Jahres 1781 ging die Herzogin Anna War Goethe der Erfinder? Er war am Abend vorher bei der Herzogin <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214122"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341857_213791/figures/grenzboten_341857_213791_214122_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Journal von Tiefurt</head><lb/> <p xml:id="ID_1131"> n dem heißen Sommer des Jahres 1781 ging die Herzogin Anna<lb/> Amalia zum erstenmale zu einem längern Aufenthalte nach Tiefurt.<lb/> Prinz Konstantin, ihr jüngerer Sohn, war nach Italien gereist.<lb/> Das ländliche Haus in dein von Knebel geschaffnen stillen Park<lb/> von Tiefnrt empfing in der Fürstin seine neue Herrin. Es waren<lb/> zwar keine Zaubergärten, wie Wieland die Pflanzungen des guten Knebel<lb/> einmal nennt, eher ist es eine Idylle, dieser schattige Park nur Ufer der Ilm<lb/> mit seinen gewundnen Gängen und dem schlichten Landhause; einem Lautenzug<lb/> unter den sonst schreienden englischen Anlagen vergleicht Jean Paul das „saufte"<lb/> Tiefurt. Aber die Stille und die ländliche Einfachheit des Orts waren der<lb/> Fürstin eben willkommen. Sie wollte „rustizireu," deshalb hatte sie außer<lb/> ihrer Thusnelda, dem Fräulein von Gvchhausen, nur zwei Diener mit sich<lb/> genommen. Tiefurt bot ihr die Nuhe, nach der sie sich sehnte, und zugleich<lb/> die Gelegenheit, den Verkehr mit dem heitern und geistvollen Hofe zu Weimar,<lb/> den sie nicht entbehren mochte, nach Belieben zu unterhalten. Bald weilte sie<lb/> in der nahen Stadt, bald die weimarische Gesellschaft bei ihr in Tiefurt, so<lb/> auch am 11. August zum Erntefeste, das mit einer Beleuchtung des Parks<lb/> abschloß. „Illumination und Dekoration — so wird berichtet — thaten außer¬<lb/> ordentliche Wirkung, und machten dem Geschmack des Erfinders viel Ehre."</p><lb/> <p xml:id="ID_1132" next="#ID_1133"> War Goethe der Erfinder? Er war am Abend vorher bei der Herzogin<lb/> gewesen. Da hatte sie wohl das Fest mit ihm vorbereitet und vielleicht noch<lb/> einen andern Plan mit ihm besprochen, für dessen Ausführung sie ebenfalls<lb/> auf seine Mitwirkung rechnete. Um den Kreis heitrer und anmutiger Gesellig¬<lb/> keit noch fester zu schließe«:, sollten sich die Freunde und Freundinnen des<lb/> weimarischen Hofes zur Abfassung einer Wochenschrift nach Art des -lonrrml<lb/> als ?g,ris vereinigen, doch sollten die Beiträge nicht im Druck, sondern nur in<lb/> Abschriften verteilt werden, und die Verfasser sollten ungenannt bleiben. Am<lb/> 15. August 1781 wurde das ^vörtisssinent, das einzige gedruckte Stück des<lb/> Tiefurter Journals, ausgegeben: „Es ist eine Gesellschaft von Gelehrten,<lb/> Künstlern, Poeten und Staatslenker, beyderley Geschlechtes, zusammengetreten,<lb/> und hat sich vorgenommen alles was Politik, Witz, Talente und Verstand,<lb/> in unsern dermalen so merkwürdigen Zeiten, hervorbringen, in einer periodischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0330]
[Abbildung]
Das Journal von Tiefurt
n dem heißen Sommer des Jahres 1781 ging die Herzogin Anna
Amalia zum erstenmale zu einem längern Aufenthalte nach Tiefurt.
Prinz Konstantin, ihr jüngerer Sohn, war nach Italien gereist.
Das ländliche Haus in dein von Knebel geschaffnen stillen Park
von Tiefnrt empfing in der Fürstin seine neue Herrin. Es waren
zwar keine Zaubergärten, wie Wieland die Pflanzungen des guten Knebel
einmal nennt, eher ist es eine Idylle, dieser schattige Park nur Ufer der Ilm
mit seinen gewundnen Gängen und dem schlichten Landhause; einem Lautenzug
unter den sonst schreienden englischen Anlagen vergleicht Jean Paul das „saufte"
Tiefurt. Aber die Stille und die ländliche Einfachheit des Orts waren der
Fürstin eben willkommen. Sie wollte „rustizireu," deshalb hatte sie außer
ihrer Thusnelda, dem Fräulein von Gvchhausen, nur zwei Diener mit sich
genommen. Tiefurt bot ihr die Nuhe, nach der sie sich sehnte, und zugleich
die Gelegenheit, den Verkehr mit dem heitern und geistvollen Hofe zu Weimar,
den sie nicht entbehren mochte, nach Belieben zu unterhalten. Bald weilte sie
in der nahen Stadt, bald die weimarische Gesellschaft bei ihr in Tiefurt, so
auch am 11. August zum Erntefeste, das mit einer Beleuchtung des Parks
abschloß. „Illumination und Dekoration — so wird berichtet — thaten außer¬
ordentliche Wirkung, und machten dem Geschmack des Erfinders viel Ehre."
War Goethe der Erfinder? Er war am Abend vorher bei der Herzogin
gewesen. Da hatte sie wohl das Fest mit ihm vorbereitet und vielleicht noch
einen andern Plan mit ihm besprochen, für dessen Ausführung sie ebenfalls
auf seine Mitwirkung rechnete. Um den Kreis heitrer und anmutiger Gesellig¬
keit noch fester zu schließe«:, sollten sich die Freunde und Freundinnen des
weimarischen Hofes zur Abfassung einer Wochenschrift nach Art des -lonrrml
als ?g,ris vereinigen, doch sollten die Beiträge nicht im Druck, sondern nur in
Abschriften verteilt werden, und die Verfasser sollten ungenannt bleiben. Am
15. August 1781 wurde das ^vörtisssinent, das einzige gedruckte Stück des
Tiefurter Journals, ausgegeben: „Es ist eine Gesellschaft von Gelehrten,
Künstlern, Poeten und Staatslenker, beyderley Geschlechtes, zusammengetreten,
und hat sich vorgenommen alles was Politik, Witz, Talente und Verstand,
in unsern dermalen so merkwürdigen Zeiten, hervorbringen, in einer periodischen
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