Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.Zum 2^. Januar Und ist gar kein schwarzer Punkt vorhanden, so hilft die Phantasie aus, An¬ Wie lange werden sich die Deutschen diese Herrschaft noch gefallen lassen? Zum 2 z. Januar n Sack und Asche trauern müßte an diesem Tage das fran¬ Zum 2^. Januar Und ist gar kein schwarzer Punkt vorhanden, so hilft die Phantasie aus, An¬ Wie lange werden sich die Deutschen diese Herrschaft noch gefallen lassen? Zum 2 z. Januar n Sack und Asche trauern müßte an diesem Tage das fran¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0178" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213970"/> <fw type="header" place="top"> Zum 2^. Januar</fw><lb/> <p xml:id="ID_550" prev="#ID_549"> Und ist gar kein schwarzer Punkt vorhanden, so hilft die Phantasie aus, An¬<lb/> deutungen, Umschreibungen können jemand den Kredit untergraben, ohne daß<lb/> ihm eine Waffe der Abwehr bliebe. Dazu ist es ja gerade diese Presse, die<lb/> nach dem Muster der französischen die „innigsten" Beziehungen mit allerlei<lb/> „Gesellschaften" unterhält, die das Zeitungswesen in die Region der zweifel¬<lb/> haftesten Jndustrieunteruehmungeuhinabgedrückt hat. Trefflicher Cornelius,<lb/> der die eine Hand dem tapfern Boulanger, die andre dem Radikalen Clemen-<lb/> cean reicht und wahrscheinlich noch mehr Hände hat, um sich Einfluß zu<lb/> sichern!</p><lb/> <p xml:id="ID_551"> Wie lange werden sich die Deutschen diese Herrschaft noch gefallen lassen?<lb/> Daß es nicht jedermanns Sache sein kann, sich aktiv am Kampfe zu beteiligen,<lb/> haben wir schon zugegeben. Allein man unterschätze den passiven Widerstand<lb/> nicht. Das schon oft ausgesprochue muß so lange wiederholt werden, bis es<lb/> in Blut und Saft dringt. Erreichen unsre Gegner mit diesem Mittel, daß<lb/> nnr zu viele wirklich meinen, es sei ihre Menschen- und Bürgerpflicht, gegen<lb/> ihr eignes Recht und Wohl zu arbeiten, weil auch so große Patrioten, wie<lb/> die Herren Richter und Virchow, dieser Ansicht sind, so wird es auch wohl<lb/> der Ausdauer gelingen, zum Bewußtsein zu bringen, daß es Selbstverrat ist,<lb/> dem Feinde die Mittel zum Kriege zu liefern. Wer durchaus jüdisch werden<lb/> will, dem muß man ja seinen Willen lassen. Aber frage sich nur jeder und<lb/> beantworte sich aufrichtig die Frage, ob er das will! Blickt hin auf Polen<lb/> und Ungarn!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zum 2 z. Januar</head><lb/> <p xml:id="ID_552" next="#ID_553"> n Sack und Asche trauern müßte an diesem Tage das fran¬<lb/> zösische Volk, statt nach dem unsinnigen Beschlusse des Pariser<lb/> Gemeinderath, gegen den der Seinepräfekt allerdings Verwahrung<lb/> eingelegt hat, ein Denkmal zur Erinnerung an den Sturz des<lb/> Thrones zu errichten. Der französische Königsthron ist ja auch<lb/> nicht erst am 21. Januar 1793 gefallen, sondern thatsächlich schon am 10. August<lb/> oder der Form nach am 22. September 1792. Am 21. Januar vor hundert<lb/> Jahren fiel nnter dem Beile des Henkers das Haupt des „Bürgers Louis<lb/> Capet," weiland König Ludwigs des Sechzehnten, der damit die Schuld seiner<lb/> Vorfahren führte, nicht seine eigne, denn was er gefehlt hatte, war Schwäche,<lb/> nicht böser Wille gewesen. Seit diesem Königsmord ist Frankreich niemals<lb/> wieder zu einer festen Staatsordnung gelangt. Wenn das Bibelwort wahr</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0178]
Zum 2^. Januar
Und ist gar kein schwarzer Punkt vorhanden, so hilft die Phantasie aus, An¬
deutungen, Umschreibungen können jemand den Kredit untergraben, ohne daß
ihm eine Waffe der Abwehr bliebe. Dazu ist es ja gerade diese Presse, die
nach dem Muster der französischen die „innigsten" Beziehungen mit allerlei
„Gesellschaften" unterhält, die das Zeitungswesen in die Region der zweifel¬
haftesten Jndustrieunteruehmungeuhinabgedrückt hat. Trefflicher Cornelius,
der die eine Hand dem tapfern Boulanger, die andre dem Radikalen Clemen-
cean reicht und wahrscheinlich noch mehr Hände hat, um sich Einfluß zu
sichern!
Wie lange werden sich die Deutschen diese Herrschaft noch gefallen lassen?
Daß es nicht jedermanns Sache sein kann, sich aktiv am Kampfe zu beteiligen,
haben wir schon zugegeben. Allein man unterschätze den passiven Widerstand
nicht. Das schon oft ausgesprochue muß so lange wiederholt werden, bis es
in Blut und Saft dringt. Erreichen unsre Gegner mit diesem Mittel, daß
nnr zu viele wirklich meinen, es sei ihre Menschen- und Bürgerpflicht, gegen
ihr eignes Recht und Wohl zu arbeiten, weil auch so große Patrioten, wie
die Herren Richter und Virchow, dieser Ansicht sind, so wird es auch wohl
der Ausdauer gelingen, zum Bewußtsein zu bringen, daß es Selbstverrat ist,
dem Feinde die Mittel zum Kriege zu liefern. Wer durchaus jüdisch werden
will, dem muß man ja seinen Willen lassen. Aber frage sich nur jeder und
beantworte sich aufrichtig die Frage, ob er das will! Blickt hin auf Polen
und Ungarn!
Zum 2 z. Januar
n Sack und Asche trauern müßte an diesem Tage das fran¬
zösische Volk, statt nach dem unsinnigen Beschlusse des Pariser
Gemeinderath, gegen den der Seinepräfekt allerdings Verwahrung
eingelegt hat, ein Denkmal zur Erinnerung an den Sturz des
Thrones zu errichten. Der französische Königsthron ist ja auch
nicht erst am 21. Januar 1793 gefallen, sondern thatsächlich schon am 10. August
oder der Form nach am 22. September 1792. Am 21. Januar vor hundert
Jahren fiel nnter dem Beile des Henkers das Haupt des „Bürgers Louis
Capet," weiland König Ludwigs des Sechzehnten, der damit die Schuld seiner
Vorfahren führte, nicht seine eigne, denn was er gefehlt hatte, war Schwäche,
nicht böser Wille gewesen. Seit diesem Königsmord ist Frankreich niemals
wieder zu einer festen Staatsordnung gelangt. Wenn das Bibelwort wahr
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |