Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Schwarzes Lret für die Hamburger Notleidenden bewilligt haben; es sind 70134 Stück. Nach den Analysen Ein Oberlehrer am Kgl. Gymnasium in Neuwied sagt in einer Verteidigungsschrift für König Heinrich der Vierte von England schreibt uns auf einer "stilvollen" Postkarte:
An meinen Justus Freude macht es mir doch, wenn ich sehe, wie lieblich die Sprache,Die für uns dichtet und denkt, sich mir gefügig erweist! Wie sie leicht und behend altmodischen Versschritt dahintanzt, Rühre die Laute ich leis, spielenden Fingers nur an. Wnstmcum selbst der gestrenge, der über uns allen den Bakel Schwingt mit gerunzelter Stirn, lächelt mir freundlich und nickt, Stell ich klimpernd mich ein. Geh, setz dich nur hinten an's Heft hin, Sagt er, dort unten am Bret Harfe, soviel dirs beliebt! Wie ich sinnend nun steh und die Saiten zum Singen mir stimme, Was trifft plötzlich mein Ohr? Juste, vor freudigem Schreck Warf ich die Laute fast hin -- auch du, mein Justus, kannst singen? Nun wird die Sache erst nett! Sieh, ich mache dir Platz, Komm, ruck her, im Berein nnn schlagen wir beide die Laute, Lieblich beginn's im Duett! Aber das merke dir, Freund: Wolltest du etwa nur sein, wer am lautsten zu krähen vermöchte, Oder mischtest du gar höhnischen Mißton ins Lied, Nähme die Sache ich krumm.; Am Griffbret faßt ich die Laute Und -- nun stimme nur erst! Los dann! Ich werde dir stehn. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig Schwarzes Lret für die Hamburger Notleidenden bewilligt haben; es sind 70134 Stück. Nach den Analysen Ein Oberlehrer am Kgl. Gymnasium in Neuwied sagt in einer Verteidigungsschrift für König Heinrich der Vierte von England schreibt uns auf einer „stilvollen" Postkarte:
An meinen Justus Freude macht es mir doch, wenn ich sehe, wie lieblich die Sprache,Die für uns dichtet und denkt, sich mir gefügig erweist! Wie sie leicht und behend altmodischen Versschritt dahintanzt, Rühre die Laute ich leis, spielenden Fingers nur an. Wnstmcum selbst der gestrenge, der über uns allen den Bakel Schwingt mit gerunzelter Stirn, lächelt mir freundlich und nickt, Stell ich klimpernd mich ein. Geh, setz dich nur hinten an's Heft hin, Sagt er, dort unten am Bret Harfe, soviel dirs beliebt! Wie ich sinnend nun steh und die Saiten zum Singen mir stimme, Was trifft plötzlich mein Ohr? Juste, vor freudigem Schreck Warf ich die Laute fast hin — auch du, mein Justus, kannst singen? Nun wird die Sache erst nett! Sieh, ich mache dir Platz, Komm, ruck her, im Berein nnn schlagen wir beide die Laute, Lieblich beginn's im Duett! Aber das merke dir, Freund: Wolltest du etwa nur sein, wer am lautsten zu krähen vermöchte, Oder mischtest du gar höhnischen Mißton ins Lied, Nähme die Sache ich krumm.; Am Griffbret faßt ich die Laute Und — nun stimme nur erst! Los dann! Ich werde dir stehn. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0616" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213730"/> <fw type="header" place="top"> Schwarzes Lret</fw><lb/> <p xml:id="ID_1937" prev="#ID_1936"> für die Hamburger Notleidenden bewilligt haben; es sind 70134 Stück. Nach den Analysen<lb/> vereidigter Chemiker ist der reelle Wert der Dd'ringseife keineswegs höher als der meiner<lb/> Toilettenfettscife, sondern eher niedriger. Dörings Seife kostet aber das Stück 40 Pfg., während<lb/> Kämmerers Fettseife zu 25 Pfg. das Stück überall verkauft wird. Die Herren Dörings Co.<lb/> haben demnach unter Anrufung des Wohlthätigkeitssinnes unsers Volkes für ihr Fabrikat<lb/> einen Mehrertrag von Mark 10 SOS, 10 erzielt; zu Gunsten der Notleidenden haben sie die<lb/> Summe vou nur Mark 5000 abgeliefert. Was für viele von Hause aus klar war, daß<lb/> das ganze Manöver der Herren Döring <d Co. nur eine neue Variation ihrer Reklamekunst<lb/> war, berechnet, die eignen Taschen zu füllen, dürfte durch Vorstehendes für jedermann er¬<lb/> wiesen sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1938"> Ein Oberlehrer am Kgl. Gymnasium in Neuwied sagt in einer Verteidigungsschrift für<lb/> die Juden: „Man höre einmal unparteiische Ausländer über unsre nationale Litteratur aus<lb/> der Zeit der Befreiungskriege und dem Jahre 1870 reden, und man wird einen Blick bekommen<lb/> für die oft alles Maß überschreitende Selbstüberhebung unsers Volks." Den Unterricht dieses<lb/> Herrn möchten wir einmal näher kennen lernen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1939"> König Heinrich der Vierte von England schreibt uns auf einer „stilvollen" Postkarte:</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_1940"> Wir thun Euch kund und zu wissen, daß Unser Hofpoet William Shakespeare den Erz¬<lb/> schelm Cade erst bei Unserm Enkel austreten läßt.</p> <bibl> Heinrich IV.</bibl> <p xml:id="ID_1941"> Gegeben im wilden Schweinskopf zu Eastcheap.</p> </quote><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg xml:id="POEMID_33" type="poem"> <head> An meinen Justus</head> <l> Freude macht es mir doch, wenn ich sehe, wie lieblich die Sprache,<lb/> Die für uns dichtet und denkt, sich mir gefügig erweist!<lb/> Wie sie leicht und behend altmodischen Versschritt dahintanzt,<lb/> Rühre die Laute ich leis, spielenden Fingers nur an.<lb/> Wnstmcum selbst der gestrenge, der über uns allen den Bakel<lb/> Schwingt mit gerunzelter Stirn, lächelt mir freundlich und nickt,<lb/> Stell ich klimpernd mich ein. Geh, setz dich nur hinten an's Heft hin,<lb/> Sagt er, dort unten am Bret Harfe, soviel dirs beliebt!<lb/> Wie ich sinnend nun steh und die Saiten zum Singen mir stimme,<lb/> Was trifft plötzlich mein Ohr? Juste, vor freudigem Schreck<lb/> Warf ich die Laute fast hin — auch du, mein Justus, kannst singen?<lb/> Nun wird die Sache erst nett! Sieh, ich mache dir Platz,<lb/> Komm, ruck her, im Berein nnn schlagen wir beide die Laute,<lb/> Lieblich beginn's im Duett! Aber das merke dir, Freund:<lb/> Wolltest du etwa nur sein, wer am lautsten zu krähen vermöchte,<lb/> Oder mischtest du gar höhnischen Mißton ins Lied,<lb/> Nähme die Sache ich krumm.; Am Griffbret faßt ich die Laute<lb/> Und — nun stimme nur erst! Los dann! Ich werde dir stehn. </l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div type="corrigenda" n="1"><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig<lb/> Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0616]
Schwarzes Lret
für die Hamburger Notleidenden bewilligt haben; es sind 70134 Stück. Nach den Analysen
vereidigter Chemiker ist der reelle Wert der Dd'ringseife keineswegs höher als der meiner
Toilettenfettscife, sondern eher niedriger. Dörings Seife kostet aber das Stück 40 Pfg., während
Kämmerers Fettseife zu 25 Pfg. das Stück überall verkauft wird. Die Herren Dörings Co.
haben demnach unter Anrufung des Wohlthätigkeitssinnes unsers Volkes für ihr Fabrikat
einen Mehrertrag von Mark 10 SOS, 10 erzielt; zu Gunsten der Notleidenden haben sie die
Summe vou nur Mark 5000 abgeliefert. Was für viele von Hause aus klar war, daß
das ganze Manöver der Herren Döring <d Co. nur eine neue Variation ihrer Reklamekunst
war, berechnet, die eignen Taschen zu füllen, dürfte durch Vorstehendes für jedermann er¬
wiesen sein.
Ein Oberlehrer am Kgl. Gymnasium in Neuwied sagt in einer Verteidigungsschrift für
die Juden: „Man höre einmal unparteiische Ausländer über unsre nationale Litteratur aus
der Zeit der Befreiungskriege und dem Jahre 1870 reden, und man wird einen Blick bekommen
für die oft alles Maß überschreitende Selbstüberhebung unsers Volks." Den Unterricht dieses
Herrn möchten wir einmal näher kennen lernen.
König Heinrich der Vierte von England schreibt uns auf einer „stilvollen" Postkarte:
Wir thun Euch kund und zu wissen, daß Unser Hofpoet William Shakespeare den Erz¬
schelm Cade erst bei Unserm Enkel austreten läßt.
Heinrich IV. Gegeben im wilden Schweinskopf zu Eastcheap.
An meinen Justus Freude macht es mir doch, wenn ich sehe, wie lieblich die Sprache,
Die für uns dichtet und denkt, sich mir gefügig erweist!
Wie sie leicht und behend altmodischen Versschritt dahintanzt,
Rühre die Laute ich leis, spielenden Fingers nur an.
Wnstmcum selbst der gestrenge, der über uns allen den Bakel
Schwingt mit gerunzelter Stirn, lächelt mir freundlich und nickt,
Stell ich klimpernd mich ein. Geh, setz dich nur hinten an's Heft hin,
Sagt er, dort unten am Bret Harfe, soviel dirs beliebt!
Wie ich sinnend nun steh und die Saiten zum Singen mir stimme,
Was trifft plötzlich mein Ohr? Juste, vor freudigem Schreck
Warf ich die Laute fast hin — auch du, mein Justus, kannst singen?
Nun wird die Sache erst nett! Sieh, ich mache dir Platz,
Komm, ruck her, im Berein nnn schlagen wir beide die Laute,
Lieblich beginn's im Duett! Aber das merke dir, Freund:
Wolltest du etwa nur sein, wer am lautsten zu krähen vermöchte,
Oder mischtest du gar höhnischen Mißton ins Lied,
Nähme die Sache ich krumm.; Am Griffbret faßt ich die Laute
Und — nun stimme nur erst! Los dann! Ich werde dir stehn.
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