Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Theaterreforinen Bibliothekar keinen Schatten auf das schlichte und doch erfreuliche, beide Teile Theaterreformen von Leonhard Tier ^HiWUle unsre Zeit in politischer und sozialer Beziehung ein besondres Ein Gebiet, auf dem infolge der Kassandrarufe einer Reihe von Leuten, Theaterreforinen Bibliothekar keinen Schatten auf das schlichte und doch erfreuliche, beide Teile Theaterreformen von Leonhard Tier ^HiWUle unsre Zeit in politischer und sozialer Beziehung ein besondres Ein Gebiet, auf dem infolge der Kassandrarufe einer Reihe von Leuten, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213487"/> <fw type="header" place="top"> Theaterreforinen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1141" prev="#ID_1140"> Bibliothekar keinen Schatten auf das schlichte und doch erfreuliche, beide Teile<lb/> ehrende Verhalten der großen deutschen Gelehrten zu dem größten deutschen<lb/> Dichter werfen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Theaterreformen<lb/><note type="byline"> von Leonhard Tier</note></head><lb/> <p xml:id="ID_1142"> ^HiWUle unsre Zeit in politischer und sozialer Beziehung ein besondres<lb/> Gepräge durch die Mannichfaltigkeit und die rasche Folge von<lb/> Vorschlägen und Plänen zu Verbesserungen auf diesem oder jenem<lb/> Gebiete empfängt, so macht sich auch auf andern Lebensgebieten,<lb/> wenigstens in der Theorie, eine fast beunruhigende Neformlust<lb/> geltend, die jedem die Anschauung aufdrängen muß, daß wir in einer gäh-<lb/> renden, an Keimen zu neuen Gestaltungen überreichen Zeit leben, an deren<lb/> fernem Ende eine dunkle, unbekannte Zukunft steht. Wie überall, so gilt auch<lb/> in dem Kreise aller dieser Bestrebungen, die auf Abänderungen in der Rich¬<lb/> tung eines an den Verhältnissen der Gegenwart gemessenen neuen Ideales<lb/> zielen, die Mahnung: (Mal minus. Denn bisweilen scheinen im Leben<lb/> der Völker solche aus durchaus wohlmeinender Gesinnung fließende Regungen<lb/> der Reformlust geradezu den Charakter einer Zeitkrankheit annehmen zu wollen,<lb/> unter deren verlockenden Äußern sich oft nicht mehr verbirgt als eine ratlose<lb/> Unsicherheit in den grundlegenden Anschauungen und eine hastende, eines die<lb/> Kräfte um sich sammelnden Schwerpunktes entbehrende Unruhe. Einzelne<lb/> Teile der Grundlagen fangen an abzubröckeln und drohen in ihrem Falle all¬<lb/> mählich das Ganze zu erschüttern. Eine schwarzseherische Stimmung sieht mit<lb/> einzelnen Teilen das Ganze ins Wanken geraten, und nur zu bald glaubt man,<lb/> da es an besondern Gläubigen und Evangelisten des Nichts in solchen Zeiten<lb/> niemals fehlt, den Boden uuter den Füßen verloren zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1143" next="#ID_1144"> Ein Gebiet, auf dem infolge der Kassandrarufe einer Reihe von Leuten,<lb/> die sich besonders berufen glauben, eine vollständige Rat- und Planlosigkeit<lb/> hereinzubrechen droht, ist das Theater. Dem Urteil der sogenannten öffent¬<lb/> lichen Meinung ausgesetzt, wie wenig andre Äußerungen des geistigen Lebens,<lb/> bildet die deutsche Bühne geradezu einen Sammelpunkt der Reformer, und<lb/> zwar ans allen Kreisen, die mit ihr aus Beruf oder Neigung in Berührung<lb/> kommen, und es ist bedauerlich, zu sehen, wie alle die Besferungslustigen an<lb/> einem andern Gliede zugreifen, um das Verlorne Kind wieder in die richtige<lb/> Verfassung zu bringen. Die Interessen freilich, die bei der Bühne in Frage</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0373]
Theaterreforinen
Bibliothekar keinen Schatten auf das schlichte und doch erfreuliche, beide Teile
ehrende Verhalten der großen deutschen Gelehrten zu dem größten deutschen
Dichter werfen.
Theaterreformen
von Leonhard Tier
^HiWUle unsre Zeit in politischer und sozialer Beziehung ein besondres
Gepräge durch die Mannichfaltigkeit und die rasche Folge von
Vorschlägen und Plänen zu Verbesserungen auf diesem oder jenem
Gebiete empfängt, so macht sich auch auf andern Lebensgebieten,
wenigstens in der Theorie, eine fast beunruhigende Neformlust
geltend, die jedem die Anschauung aufdrängen muß, daß wir in einer gäh-
renden, an Keimen zu neuen Gestaltungen überreichen Zeit leben, an deren
fernem Ende eine dunkle, unbekannte Zukunft steht. Wie überall, so gilt auch
in dem Kreise aller dieser Bestrebungen, die auf Abänderungen in der Rich¬
tung eines an den Verhältnissen der Gegenwart gemessenen neuen Ideales
zielen, die Mahnung: (Mal minus. Denn bisweilen scheinen im Leben
der Völker solche aus durchaus wohlmeinender Gesinnung fließende Regungen
der Reformlust geradezu den Charakter einer Zeitkrankheit annehmen zu wollen,
unter deren verlockenden Äußern sich oft nicht mehr verbirgt als eine ratlose
Unsicherheit in den grundlegenden Anschauungen und eine hastende, eines die
Kräfte um sich sammelnden Schwerpunktes entbehrende Unruhe. Einzelne
Teile der Grundlagen fangen an abzubröckeln und drohen in ihrem Falle all¬
mählich das Ganze zu erschüttern. Eine schwarzseherische Stimmung sieht mit
einzelnen Teilen das Ganze ins Wanken geraten, und nur zu bald glaubt man,
da es an besondern Gläubigen und Evangelisten des Nichts in solchen Zeiten
niemals fehlt, den Boden uuter den Füßen verloren zu haben.
Ein Gebiet, auf dem infolge der Kassandrarufe einer Reihe von Leuten,
die sich besonders berufen glauben, eine vollständige Rat- und Planlosigkeit
hereinzubrechen droht, ist das Theater. Dem Urteil der sogenannten öffent¬
lichen Meinung ausgesetzt, wie wenig andre Äußerungen des geistigen Lebens,
bildet die deutsche Bühne geradezu einen Sammelpunkt der Reformer, und
zwar ans allen Kreisen, die mit ihr aus Beruf oder Neigung in Berührung
kommen, und es ist bedauerlich, zu sehen, wie alle die Besferungslustigen an
einem andern Gliede zugreifen, um das Verlorne Kind wieder in die richtige
Verfassung zu bringen. Die Interessen freilich, die bei der Bühne in Frage
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