Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Litteratur wirklich eine große Eiche da, und noch heute ist das alte Mustergut mit herrlichen Litteratur Eilglnnd. Seine Geschichte, sseiiie^ Verfassung und seines staatlichen Einrichtungen. Von Ein sehr brauchbares Buch. Ans 38K Seiten liefert es eine kurzgefaßte Ge¬ Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Gruüvw in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig Litteratur wirklich eine große Eiche da, und noch heute ist das alte Mustergut mit herrlichen Litteratur Eilglnnd. Seine Geschichte, sseiiie^ Verfassung und seines staatlichen Einrichtungen. Von Ein sehr brauchbares Buch. Ans 38K Seiten liefert es eine kurzgefaßte Ge¬ Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Gruüvw in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213314"/> <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/> <p xml:id="ID_601" prev="#ID_600"> wirklich eine große Eiche da, und noch heute ist das alte Mustergut mit herrlichen<lb/> Eichbäumen umsäumt. Hilft nichts; im Amtsstil und ans der Landkarte heißt der<lb/> Ort Eicha, und der Schenkwirt schreibt natürlich nun auch auf sein Wirtshans-<lb/> schild: Gasthof zu Eichel. Vielleicht ist er sogar schon so .gebildet," das; er blos;<lb/> noch schreibt: Gasthof Eicha — das ist ja jetzt das allerfeinste, das, wie der<lb/> Kvnfektivnsplunder, aus den Städten auch schon ans die Dörfer hinausbringt —<lb/> Sprachkonfektion. Und ebenso heißt es natürlich nun auch Propstheida und Gast¬<lb/> hof zu Propstheida, obwohl der Name nichts andres bedeutet als die Heide, die<lb/> zum ehemaligen Leipziger Thomastlvster gehörte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Litteratur</head><lb/> <p xml:id="ID_602"> Eilglnnd. Seine Geschichte, sseiiie^ Verfassung und seines staatlichen Einrichtungen. Von<lb/> »r. G, Wendt. Professor um Realgymnasium in Homburg. Leipzig, O. R. Reisland, 18t)2</p><lb/> <p xml:id="ID_603"> Ein sehr brauchbares Buch. Ans 38K Seiten liefert es eine kurzgefaßte Ge¬<lb/> schichte Großbritanniens und Irlands und giebt Auskunft über das Parlament,<lb/> die Krone, die Gesellschaft, den Staatshaushalt, das Heer, die Flotte, die Rechts¬<lb/> pflege, das Kirchen- und Unterrichtswesen und das Kolonialreich. Unter der Über¬<lb/> schrift „Die Gesellschaft" werden aber leider nnr Nobilith, Gentry und die „höhern<lb/> Berufsarten" behandelt; eine alle Klassen nnifassende Bernfsstatistik fehlt ebenso<lb/> wie eine Anbnnslatistik, nnr über die Verteilung des Grundbesitzes werden einige<lb/> Angaben gemacht. Ans die sozialen und wirtschaftlichen Zustände des Landes<lb/> scheint also der Verfasser seineu Blick nicht gerichtet zu haben, und daher mag es<lb/> wohl mich kommen, daß an den wenigen Stellen, wo er sie streift, sein Urteil<lb/> schief ausfällt. So wird z. B. die kurze Erwähnung der Arbeiterbewegung des<lb/> vierzehnten Jahrhunderts mit den Worten eingeleitet: „Das Stocken des Handels<lb/> infolge der Pest schuf tausende von Vagabunden und lockerte jedes Arbeitsver¬<lb/> hältnis; vergebens erfolgten königliche Proklamationen." Vielmehr wurde die Volks-<lb/> bewegung dadurch verursacht, daß die Verminderung der Arbeiter die Arbeit teuer<lb/> machte, wogegen Regierung und Gutsbesitzer mit Mitteln, die den Arbeiterstand<lb/> empörten, vergebens ankämpften. In dem kurzen Bericht über die Strafgesetze<lb/> Wilhelms III. gegen die irischen Katholiken ruft der Verfasser aus: „Sie sollten<lb/> aus Katholiken Protestanten werden!" O nein, das war gar nicht die Absicht des<lb/> kalten Ornniers und seiner gegen die Religion gleichgiltigen, von Bekehrnngssncht<lb/> völlig freien Räte. Im Gegenteil, gerade weil sie wußten, daß die Iren treue,<lb/> oder wenn man lieber will, bigotte und fanatische Katholiken und darum gar nicht<lb/> zu bekehren waren, schufen sie diese Gesetze als ein Follerwerkzeng, womit den<lb/> Iren nnter dem Vorivnnde der Religion jeder Schilling ihres Vermögens und<lb/> Arbeitsverdienstes abgepreßt werden konnte. Diese Gesetze waren weiter nichts<lb/> als ein Glied jenes Raubsystems, mit dem die vornehmen Engländer alle fünf<lb/> Erdteile, Irland und die ärmern Klassen ihres eignen Volkes ausgeplündert und<lb/> sich zur reichsten Nation der Welt gemacht haben. Der gänzliche Ausschluß des<lb/> sozialen und wirtschaftlichen Gebietes ist ein empfindlicher Mangel des sonst vor¬<lb/> trefflichen Buches.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig<lb/> Verlag von Fr. Wilh. Gruüvw in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
Litteratur
wirklich eine große Eiche da, und noch heute ist das alte Mustergut mit herrlichen
Eichbäumen umsäumt. Hilft nichts; im Amtsstil und ans der Landkarte heißt der
Ort Eicha, und der Schenkwirt schreibt natürlich nun auch auf sein Wirtshans-
schild: Gasthof zu Eichel. Vielleicht ist er sogar schon so .gebildet," das; er blos;
noch schreibt: Gasthof Eicha — das ist ja jetzt das allerfeinste, das, wie der
Kvnfektivnsplunder, aus den Städten auch schon ans die Dörfer hinausbringt —
Sprachkonfektion. Und ebenso heißt es natürlich nun auch Propstheida und Gast¬
hof zu Propstheida, obwohl der Name nichts andres bedeutet als die Heide, die
zum ehemaligen Leipziger Thomastlvster gehörte.
Litteratur
Eilglnnd. Seine Geschichte, sseiiie^ Verfassung und seines staatlichen Einrichtungen. Von
»r. G, Wendt. Professor um Realgymnasium in Homburg. Leipzig, O. R. Reisland, 18t)2
Ein sehr brauchbares Buch. Ans 38K Seiten liefert es eine kurzgefaßte Ge¬
schichte Großbritanniens und Irlands und giebt Auskunft über das Parlament,
die Krone, die Gesellschaft, den Staatshaushalt, das Heer, die Flotte, die Rechts¬
pflege, das Kirchen- und Unterrichtswesen und das Kolonialreich. Unter der Über¬
schrift „Die Gesellschaft" werden aber leider nnr Nobilith, Gentry und die „höhern
Berufsarten" behandelt; eine alle Klassen nnifassende Bernfsstatistik fehlt ebenso
wie eine Anbnnslatistik, nnr über die Verteilung des Grundbesitzes werden einige
Angaben gemacht. Ans die sozialen und wirtschaftlichen Zustände des Landes
scheint also der Verfasser seineu Blick nicht gerichtet zu haben, und daher mag es
wohl mich kommen, daß an den wenigen Stellen, wo er sie streift, sein Urteil
schief ausfällt. So wird z. B. die kurze Erwähnung der Arbeiterbewegung des
vierzehnten Jahrhunderts mit den Worten eingeleitet: „Das Stocken des Handels
infolge der Pest schuf tausende von Vagabunden und lockerte jedes Arbeitsver¬
hältnis; vergebens erfolgten königliche Proklamationen." Vielmehr wurde die Volks-
bewegung dadurch verursacht, daß die Verminderung der Arbeiter die Arbeit teuer
machte, wogegen Regierung und Gutsbesitzer mit Mitteln, die den Arbeiterstand
empörten, vergebens ankämpften. In dem kurzen Bericht über die Strafgesetze
Wilhelms III. gegen die irischen Katholiken ruft der Verfasser aus: „Sie sollten
aus Katholiken Protestanten werden!" O nein, das war gar nicht die Absicht des
kalten Ornniers und seiner gegen die Religion gleichgiltigen, von Bekehrnngssncht
völlig freien Räte. Im Gegenteil, gerade weil sie wußten, daß die Iren treue,
oder wenn man lieber will, bigotte und fanatische Katholiken und darum gar nicht
zu bekehren waren, schufen sie diese Gesetze als ein Follerwerkzeng, womit den
Iren nnter dem Vorivnnde der Religion jeder Schilling ihres Vermögens und
Arbeitsverdienstes abgepreßt werden konnte. Diese Gesetze waren weiter nichts
als ein Glied jenes Raubsystems, mit dem die vornehmen Engländer alle fünf
Erdteile, Irland und die ärmern Klassen ihres eignen Volkes ausgeplündert und
sich zur reichsten Nation der Welt gemacht haben. Der gänzliche Ausschluß des
sozialen und wirtschaftlichen Gebietes ist ein empfindlicher Mangel des sonst vor¬
trefflichen Buches.
Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
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