Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Dichten und Denken bereits von den gewaltigen Ereignissen beeinflußt wird, Ribbeck hat das Buch seinem Freunde Paul Heyse gewidmet. Es ist Maßgebliches und Unmaßgebliches Die Minengänge der Bismarckschen Propaganda werden zwar mit Maßgebliches und Unmaßgebliches Dichten und Denken bereits von den gewaltigen Ereignissen beeinflußt wird, Ribbeck hat das Buch seinem Freunde Paul Heyse gewidmet. Es ist Maßgebliches und Unmaßgebliches Die Minengänge der Bismarckschen Propaganda werden zwar mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213007"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1774" prev="#ID_1773"> Dichten und Denken bereits von den gewaltigen Ereignissen beeinflußt wird,<lb/> die das römische Reich, den Stolz der Dichter, stürzen und den Grund zu<lb/> einer neuen Welt legen sollten: der Sieg des christlichen Glaubens und der<lb/> Einbruch der germanischen Stämme.</p><lb/> <p xml:id="ID_1775"> Ribbeck hat das Buch seinem Freunde Paul Heyse gewidmet. Es ist<lb/> das Ergebnis der Forschungen des Gelehrten und zugleich das Werk einer<lb/> innigen dichterischen Nachempfindung. Die Sprache zeigt alle Vorzüge der<lb/> Nibbeckschen Vortragsweise ohne deren Mängel. Sie ist gewählt, klar und<lb/> geistvoll, selten gesucht oder fehlerhaft. Der Schönheit des Ausdrucks ent¬<lb/> spricht die Anschaulichkeit der Schilderung. Unverändert gleich bleibt sich die<lb/> liebevolle Wärme, mit der Ribbeck für die jüngern und schwächern Dichter<lb/> kaum geringere Teilnahme zu wecken versteht als für die großen Meister, und<lb/> in allen Bänden seines Werkes ist die Geschicklichkeit bewnndernswert, womit<lb/> er den Gegenstand seiner Darstellung trotz aller Klarheit und Anschaulichkeit<lb/> nie völlig erschöpft, sondern dem Leser gleichsam in der Ferne immer noch<lb/> neues zeigt, ihn nicht übersättigt, sondern ihn anregt, von dieser Geschichte<lb/> der römischen Dichtung zu den Dichtern selbst zurückzukehren und gegenüber<lb/> den herrschenden Schlagworten wieder mehr zu lesen und selbst zu prüfen,</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Die Minengänge der Bismarckschen Propaganda</head> <p xml:id="ID_1776" next="#ID_1777"> werden zwar mit<lb/> äußerster Verschlagenheit und Heimlichkeit geführt, aber zum Heile Deutschlands<lb/> giebt es nicht nur in Berlin feine Nasen, die jeden bösen Anschlag wittern, noch<lb/> ehe er geboren ist, und sich durch keine Winkelzüge irreführen lassen. Zum Bei¬<lb/> spiel: Herr von Poschinger hat bekanntlich unter dem Titel „Ein Achtundvierziger.<lb/> L. Buchers Leben und Werke" ein Buch herausgegeben, dessen Leser wohl meistens<lb/> geurteilt haben werden, daß darin ein ergiebiger Stoff, der Entwicklungsgang vom<lb/> revolutionären Idealismus zum staatsmnnnischen Wirken, ziemlich oberflächlich be¬<lb/> handelt sei. Wie sehr sie geirrt haben, können sie aus einer sozialdemokratischen<lb/> Wochenschrift erfahren. Da thut ein Herr Ferdinand Wolf unwiderleglich dar,<lb/> daß die Arbeit Poschingers ein diplomatisches Meisterstück ist und leinen geringern<lb/> Zweck hat als den, durch eine revolutionäre Bewegung den Fürsten Bismarck<lb/> wieder um die Spitze der Geschäfte zu bringen. Man sieht, es ist nichts so fein<lb/> gesponnen, die tcilmudistifche Dialektik bringt es an die Sonne! Nebenher läuft<lb/> die Entdeckung, daß Bücher bereits als Flüchtling in London (in den fünfziger<lb/> Jahren) die künftige Laufbahn seines frühern Kollegen und Gegners im preußischen<lb/> Landtage vorausgesehn und sich ihm durch seiue Berichte an die Nationalzeitung<lb/> zu nähern gesucht habe. Wessen Scharfblick sollen wir nnn mehr bewundern?</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0531]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Dichten und Denken bereits von den gewaltigen Ereignissen beeinflußt wird,
die das römische Reich, den Stolz der Dichter, stürzen und den Grund zu
einer neuen Welt legen sollten: der Sieg des christlichen Glaubens und der
Einbruch der germanischen Stämme.
Ribbeck hat das Buch seinem Freunde Paul Heyse gewidmet. Es ist
das Ergebnis der Forschungen des Gelehrten und zugleich das Werk einer
innigen dichterischen Nachempfindung. Die Sprache zeigt alle Vorzüge der
Nibbeckschen Vortragsweise ohne deren Mängel. Sie ist gewählt, klar und
geistvoll, selten gesucht oder fehlerhaft. Der Schönheit des Ausdrucks ent¬
spricht die Anschaulichkeit der Schilderung. Unverändert gleich bleibt sich die
liebevolle Wärme, mit der Ribbeck für die jüngern und schwächern Dichter
kaum geringere Teilnahme zu wecken versteht als für die großen Meister, und
in allen Bänden seines Werkes ist die Geschicklichkeit bewnndernswert, womit
er den Gegenstand seiner Darstellung trotz aller Klarheit und Anschaulichkeit
nie völlig erschöpft, sondern dem Leser gleichsam in der Ferne immer noch
neues zeigt, ihn nicht übersättigt, sondern ihn anregt, von dieser Geschichte
der römischen Dichtung zu den Dichtern selbst zurückzukehren und gegenüber
den herrschenden Schlagworten wieder mehr zu lesen und selbst zu prüfen,
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Die Minengänge der Bismarckschen Propaganda werden zwar mit
äußerster Verschlagenheit und Heimlichkeit geführt, aber zum Heile Deutschlands
giebt es nicht nur in Berlin feine Nasen, die jeden bösen Anschlag wittern, noch
ehe er geboren ist, und sich durch keine Winkelzüge irreführen lassen. Zum Bei¬
spiel: Herr von Poschinger hat bekanntlich unter dem Titel „Ein Achtundvierziger.
L. Buchers Leben und Werke" ein Buch herausgegeben, dessen Leser wohl meistens
geurteilt haben werden, daß darin ein ergiebiger Stoff, der Entwicklungsgang vom
revolutionären Idealismus zum staatsmnnnischen Wirken, ziemlich oberflächlich be¬
handelt sei. Wie sehr sie geirrt haben, können sie aus einer sozialdemokratischen
Wochenschrift erfahren. Da thut ein Herr Ferdinand Wolf unwiderleglich dar,
daß die Arbeit Poschingers ein diplomatisches Meisterstück ist und leinen geringern
Zweck hat als den, durch eine revolutionäre Bewegung den Fürsten Bismarck
wieder um die Spitze der Geschäfte zu bringen. Man sieht, es ist nichts so fein
gesponnen, die tcilmudistifche Dialektik bringt es an die Sonne! Nebenher läuft
die Entdeckung, daß Bücher bereits als Flüchtling in London (in den fünfziger
Jahren) die künftige Laufbahn seines frühern Kollegen und Gegners im preußischen
Landtage vorausgesehn und sich ihm durch seiue Berichte an die Nationalzeitung
zu nähern gesucht habe. Wessen Scharfblick sollen wir nnn mehr bewundern?
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