Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.Die soziale Frage dem amtlichen stenographischen Protokoll schon schwarz auf weiß vorliegenden Die soziale Frage reimal sind wir im vorigen Aufsatze uns den Geschmack gestoßen, Die Lazzaroni können mit zwanzig Pfennigen Tagesverdienst nicht allein Die soziale Frage dem amtlichen stenographischen Protokoll schon schwarz auf weiß vorliegenden Die soziale Frage reimal sind wir im vorigen Aufsatze uns den Geschmack gestoßen, Die Lazzaroni können mit zwanzig Pfennigen Tagesverdienst nicht allein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207740"/> <fw type="header" place="top"> Die soziale Frage</fw><lb/> <p xml:id="ID_1220" prev="#ID_1219"> dem amtlichen stenographischen Protokoll schon schwarz auf weiß vorliegenden<lb/> Worte und behauptete, die Zeitungen hätten erst seiner Rede den erwähnten<lb/> Sinn gegeben. Die Parteipresse aber, anstatt dankbar anzuerkennen, daß die<lb/> Offiziere sich mit einem so sonderbaren Rückzuge zufriedengaben, erhob ein<lb/> Wehgeschrei über indirekte Verletzung der Immunität. Wenn die Abgeordneten<lb/> und die Journalisten doch wüßten, wie die gebildete Welt über das heilige<lb/> Recht der erster» denkt, andre leichtfertig in ihrer Amtsehre zu beleidigen!<lb/> Unsers Erachtens wäre es gerade für den Parlamentarismus sehr heilsam,<lb/> wenn einer, der persönliche Anschuldigungen vorbringt, darauf gefaßt fein<lb/> müßte, sich einer Pistolenmündung gegenüber zu stehen. Und die deutsche<lb/> Linke kau« sich darauf verlassen, daß ihre Gegner diese alberne Geschichte zu<lb/> benutzen verstanden haben, wahrscheinlich besser, als sie die polnischen und<lb/> tschechischen Thaten für ihre Partei ausnutzen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die soziale Frage</head><lb/> <div n="2"> <head/><lb/> <p xml:id="ID_1221"> reimal sind wir im vorigen Aufsatze uns den Geschmack gestoßen,<lb/> als eine unerläßliche Bedingung sowohl für den Fortbestand und<lb/> das Gedeihen sehr wichtiger Handwerke wie für eine gesunde Ver¬<lb/> teilung der Bevölkerung über das Land — Aufforderung genug,<lb/> der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Geschmacks eine besondre<lb/> Erwägung zu widmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1222" next="#ID_1223"> Die Lazzaroni können mit zwanzig Pfennigen Tagesverdienst nicht allein<lb/> ^ben, sondern sogar angenehm leben. Denn außer billiger Pflanzenkost braucht<lb/> der Manu nichts als eine Schwimmhose; alle Lebensgenusse: freie Luft, See¬<lb/> bad, Unterhaltung, Spiel, Tanz, Musik und — Liebe hat er umsonst. Der<lb/> Zutsche Tagelöhner, Fabrikarbeiter, Kleiuhandwerker oder Uuterbeamte braucht<lb/> außer einer reichlicheren und kräftigeren Nahrung auch uoch eine etwas voll-<lb/> ^äudigere Bedeckung für den Sommer und warme Winterkleider, namentlich<lb/> Stiefel, die sehr teuer sind, Wohnung und Feuerung; er muß Kommunal-<lb/> neuern oder Gewerbesteuer zahlen; er muß, wenn er verheiratet ist, den Unter¬<lb/> halt der kleineren Kinder ganz, den der Fran und der halberwachsenen Kinder<lb/> Wu Teil bestreikn und hat auch mich Aufhebung des Schulgeldes uoch manche</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0445]
Die soziale Frage
dem amtlichen stenographischen Protokoll schon schwarz auf weiß vorliegenden
Worte und behauptete, die Zeitungen hätten erst seiner Rede den erwähnten
Sinn gegeben. Die Parteipresse aber, anstatt dankbar anzuerkennen, daß die
Offiziere sich mit einem so sonderbaren Rückzuge zufriedengaben, erhob ein
Wehgeschrei über indirekte Verletzung der Immunität. Wenn die Abgeordneten
und die Journalisten doch wüßten, wie die gebildete Welt über das heilige
Recht der erster» denkt, andre leichtfertig in ihrer Amtsehre zu beleidigen!
Unsers Erachtens wäre es gerade für den Parlamentarismus sehr heilsam,
wenn einer, der persönliche Anschuldigungen vorbringt, darauf gefaßt fein
müßte, sich einer Pistolenmündung gegenüber zu stehen. Und die deutsche
Linke kau« sich darauf verlassen, daß ihre Gegner diese alberne Geschichte zu
benutzen verstanden haben, wahrscheinlich besser, als sie die polnischen und
tschechischen Thaten für ihre Partei ausnutzen wird.
Die soziale Frage
reimal sind wir im vorigen Aufsatze uns den Geschmack gestoßen,
als eine unerläßliche Bedingung sowohl für den Fortbestand und
das Gedeihen sehr wichtiger Handwerke wie für eine gesunde Ver¬
teilung der Bevölkerung über das Land — Aufforderung genug,
der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Geschmacks eine besondre
Erwägung zu widmen.
Die Lazzaroni können mit zwanzig Pfennigen Tagesverdienst nicht allein
^ben, sondern sogar angenehm leben. Denn außer billiger Pflanzenkost braucht
der Manu nichts als eine Schwimmhose; alle Lebensgenusse: freie Luft, See¬
bad, Unterhaltung, Spiel, Tanz, Musik und — Liebe hat er umsonst. Der
Zutsche Tagelöhner, Fabrikarbeiter, Kleiuhandwerker oder Uuterbeamte braucht
außer einer reichlicheren und kräftigeren Nahrung auch uoch eine etwas voll-
^äudigere Bedeckung für den Sommer und warme Winterkleider, namentlich
Stiefel, die sehr teuer sind, Wohnung und Feuerung; er muß Kommunal-
neuern oder Gewerbesteuer zahlen; er muß, wenn er verheiratet ist, den Unter¬
halt der kleineren Kinder ganz, den der Fran und der halberwachsenen Kinder
Wu Teil bestreikn und hat auch mich Aufhebung des Schulgeldes uoch manche
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