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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Die Abkürzung der Militärdienstzeit

le Abkürzung der unter der Fahne zuzubringenden militärischen
Dienstzeit spielte in dein Wcihlnufrnf einer unsrer redelustigsten
und redefertigsteu Parteien eine solche Rolle, daß man sicher sein
kann, diese Frage sehr bald in den Verhandlungen des Reichs¬
tages auftauche" zu sehen. Sie gehört zu den vielen Dingen,
denen ein gewisser Zauber als Wahlschlagwort nicht abzusprechen ist, denn
man kauu es an Ende keinem Menschen verdenken, wenn er auf Erleichterung
der nachgerade drückenden militärischen Lasten sinnt -- wohlgemerkt auf eine
Erleichterung ohne gleichzeitige Schwächung der Wehrkraft unsers Volkes. Es
wird daher nicht ohne Interesse sein, die Frage schon jetzt einer Betrachtung
zu unterziehen. Wie sich die oberste Heeresleitung dazu stellt, ist dem Verfasser
völlig unbekannt. Wenn man den Versicherungen eines Teiles der Tagespresse
-- die französischen Zeitungen begannen den Neigen -- Glauben schenken dürfte,
so hätten in dem Kreise der angesehensten Generale des Heeres dahinzielende
Besprechungen stattgefunden- Es ist aber Grund zu der Annahme vorhanden,
daß der Wunsch in diesem Falle, wie so oft, der Vater des Gedankens gewesen
und daß wenigstens die Regierung nicht gesonnen sei, die Sache einzuleiten.

Welche Vorteile würde die Abkürzung der Dienstzeit von drei auf. zwei
Jahre haben? Sie würde, wenn man die jährlich eiuzustelleude Quote uicht
erhöhte, ohne Zweifel eine bedeutende Entlastung des Budgets bringen, da
Man an Stelle der bisherigen drei immer nnr zwei Mannschaftsjahrgänge unter
der Fahne hielte, d. h. statt 510000 nur 340000 Mann zu bezahlen hätte.
Damit träte natürlich keine Verringerung der Gesamtkriegsstärke der Armee ein.
Die zweijährige Dienstzeit würde so gut wie die dreijährige jedes Jahr einen
ausgebildeten Jahrgang liefern. Eine Verringerung darf auch nicht eintreten,
wenn wir unsern Nachbarn gewachsen bleiben wollen.

Daraus ergiebt sich aber unmittelbar die Unmöglichkeit, unsre Kadres zu
schwächen. Sie sind schon jetzt ans das geringste Maß zurückgeführt; verengerten
wir durch Verkleinerung der Zahl der Berufsoffiziere, Unteroffiziere u. s. w.
den festen Rahmen des Heeres noch mehr, so wäre mit Sicherheit voraus¬
zusehen, daß dieser Rahmen in dem Augenblicke des Übergangs auf deu Kriegsfuß
die dann in ihn strömenden ungeheuern Massen nicht zu fassen vermöchte


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Die Abkürzung der Militärdienstzeit

le Abkürzung der unter der Fahne zuzubringenden militärischen
Dienstzeit spielte in dein Wcihlnufrnf einer unsrer redelustigsten
und redefertigsteu Parteien eine solche Rolle, daß man sicher sein
kann, diese Frage sehr bald in den Verhandlungen des Reichs¬
tages auftauche« zu sehen. Sie gehört zu den vielen Dingen,
denen ein gewisser Zauber als Wahlschlagwort nicht abzusprechen ist, denn
man kauu es an Ende keinem Menschen verdenken, wenn er auf Erleichterung
der nachgerade drückenden militärischen Lasten sinnt — wohlgemerkt auf eine
Erleichterung ohne gleichzeitige Schwächung der Wehrkraft unsers Volkes. Es
wird daher nicht ohne Interesse sein, die Frage schon jetzt einer Betrachtung
zu unterziehen. Wie sich die oberste Heeresleitung dazu stellt, ist dem Verfasser
völlig unbekannt. Wenn man den Versicherungen eines Teiles der Tagespresse
— die französischen Zeitungen begannen den Neigen — Glauben schenken dürfte,
so hätten in dem Kreise der angesehensten Generale des Heeres dahinzielende
Besprechungen stattgefunden- Es ist aber Grund zu der Annahme vorhanden,
daß der Wunsch in diesem Falle, wie so oft, der Vater des Gedankens gewesen
und daß wenigstens die Regierung nicht gesonnen sei, die Sache einzuleiten.

Welche Vorteile würde die Abkürzung der Dienstzeit von drei auf. zwei
Jahre haben? Sie würde, wenn man die jährlich eiuzustelleude Quote uicht
erhöhte, ohne Zweifel eine bedeutende Entlastung des Budgets bringen, da
Man an Stelle der bisherigen drei immer nnr zwei Mannschaftsjahrgänge unter
der Fahne hielte, d. h. statt 510000 nur 340000 Mann zu bezahlen hätte.
Damit träte natürlich keine Verringerung der Gesamtkriegsstärke der Armee ein.
Die zweijährige Dienstzeit würde so gut wie die dreijährige jedes Jahr einen
ausgebildeten Jahrgang liefern. Eine Verringerung darf auch nicht eintreten,
wenn wir unsern Nachbarn gewachsen bleiben wollen.

Daraus ergiebt sich aber unmittelbar die Unmöglichkeit, unsre Kadres zu
schwächen. Sie sind schon jetzt ans das geringste Maß zurückgeführt; verengerten
wir durch Verkleinerung der Zahl der Berufsoffiziere, Unteroffiziere u. s. w.
den festen Rahmen des Heeres noch mehr, so wäre mit Sicherheit voraus¬
zusehen, daß dieser Rahmen in dem Augenblicke des Übergangs auf deu Kriegsfuß
die dann in ihn strömenden ungeheuern Massen nicht zu fassen vermöchte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/113>, abgerufen am 26.12.2024.