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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Drei Briefe Bismarcks an Kaiser Mitbeten I.

Welches Eure Majestät am Schlüsse Ihres Schreibens aussprechen, und welches
ich von Herzen teile, daß Gottes Gnade, die Eurer Majestät Regierung bisher
gesegnet hat, anch weiterhelfen werde. Der Weg, den Eure Majestät im
Korsen gebilligt haben, kann ebenso gut wie der von mir vorgeschlagene zu
denselben Zielen führen, wenn nur kein Bruch mit dem jetzigen Abgeordneten¬
hause dazwischen kommt, lind wenn meine Kollegen unter sich einig bleiben.
Das werden sie Eurer Majestät zuliebe thun, wenn auch bisher manche An¬
zeichen der Differenzen bis hierher erkennbar wurden. Ich fürchte, daß meine
Korrespondenzen mit den einzelnen unter ihnen, je nachdem sie Fragen an mich
richteten, die Elemente der Verstimmung gelegentlich vermehrt haben, und daß
Mißverständnisse mir gegenüber dadurch entstanden sind, daß der Inhalt meiner
Berichte nur denen, an die sie gerichtet waren, vollständig bekannt wurde. Ich habe
daher Roon gebeten, mich nnr dann zuzuziehen, wenn Eure Majestät es be¬
sonders befehlen, und ihn benachrichtigt, daß ich mit den einzelnen Kollegen
nicht mehr korrespvndiren würde.

Auf diese Weise wird meine Heranziehung, so lange mir Gott nicht zu
bessern Kräften hilft, allein in Eurer Majestät gnädige und nachsichtige Hand
gelegt sein. Meine Hoffnung und meine Bitte zu Gott ist, daß mir bald
wieder vergönnt sein möge, unter Eurer Majestät Ange selbst wieder meine
Pflicht zu thun, und die Beruhigung wieder zu gewinnen, die in der Arbeit liegt.


v. Bismarck
3

Berlin, 24. Dezember 1872

Eurer Majestät danke ich ehrfurchtsvoll und herzlich für das schöne und
auszeichnende Geschenk zum Weihnachtsabend.

Mein Vater war 1783 bei Leib-Karabinier eingetreten und hat noch die
Ehre gehabt, Friedrich dein Großen bei der Revue als Junker vorgestellt zu
werden, bei welcher Gelegenheit der große König geruht hat, ihm das Beispiel
seines Großvaters, des bei Czaslau gebliebenen Majors von Bismarck (von
damals vacant von Schulenburg, später Bayreuth Dragonern) in gnädig an¬
erkennender Weise als Muster vorzuhalten.

Diese und viele andre aus dein Munde meines Vaters überkommende
lebendige Mitteilungen aus Friedrichs des Großen Zeit, welche das vor mir
stehende Kunstwerk vergegenwärtigt, und zu denen ich eine wohlerhaltene Reihe
von Briefen meines Großvaters ans den Feldlagern des siebenjährigen Krieges
rechnen kann, bilden die dauernden Eindrücke meiner Kindheit, und ich habe
jederzeit bedauert, daß es mir nach dem Willen meiner Eltern nicht erlaubt
war, lieber vor der Front als hinter dem Schreibtisch meine Anhänglichkeit
an das angestammte Königshaus nud meine Begeisterung für die Größe und
den Ruhm des Vaterlandes zu bethätigen. Auch heut, nachdem Eure Majestät


Drei Briefe Bismarcks an Kaiser Mitbeten I.

Welches Eure Majestät am Schlüsse Ihres Schreibens aussprechen, und welches
ich von Herzen teile, daß Gottes Gnade, die Eurer Majestät Regierung bisher
gesegnet hat, anch weiterhelfen werde. Der Weg, den Eure Majestät im
Korsen gebilligt haben, kann ebenso gut wie der von mir vorgeschlagene zu
denselben Zielen führen, wenn nur kein Bruch mit dem jetzigen Abgeordneten¬
hause dazwischen kommt, lind wenn meine Kollegen unter sich einig bleiben.
Das werden sie Eurer Majestät zuliebe thun, wenn auch bisher manche An¬
zeichen der Differenzen bis hierher erkennbar wurden. Ich fürchte, daß meine
Korrespondenzen mit den einzelnen unter ihnen, je nachdem sie Fragen an mich
richteten, die Elemente der Verstimmung gelegentlich vermehrt haben, und daß
Mißverständnisse mir gegenüber dadurch entstanden sind, daß der Inhalt meiner
Berichte nur denen, an die sie gerichtet waren, vollständig bekannt wurde. Ich habe
daher Roon gebeten, mich nnr dann zuzuziehen, wenn Eure Majestät es be¬
sonders befehlen, und ihn benachrichtigt, daß ich mit den einzelnen Kollegen
nicht mehr korrespvndiren würde.

Auf diese Weise wird meine Heranziehung, so lange mir Gott nicht zu
bessern Kräften hilft, allein in Eurer Majestät gnädige und nachsichtige Hand
gelegt sein. Meine Hoffnung und meine Bitte zu Gott ist, daß mir bald
wieder vergönnt sein möge, unter Eurer Majestät Ange selbst wieder meine
Pflicht zu thun, und die Beruhigung wieder zu gewinnen, die in der Arbeit liegt.


v. Bismarck
3

Berlin, 24. Dezember 1872

Eurer Majestät danke ich ehrfurchtsvoll und herzlich für das schöne und
auszeichnende Geschenk zum Weihnachtsabend.

Mein Vater war 1783 bei Leib-Karabinier eingetreten und hat noch die
Ehre gehabt, Friedrich dein Großen bei der Revue als Junker vorgestellt zu
werden, bei welcher Gelegenheit der große König geruht hat, ihm das Beispiel
seines Großvaters, des bei Czaslau gebliebenen Majors von Bismarck (von
damals vacant von Schulenburg, später Bayreuth Dragonern) in gnädig an¬
erkennender Weise als Muster vorzuhalten.

Diese und viele andre aus dein Munde meines Vaters überkommende
lebendige Mitteilungen aus Friedrichs des Großen Zeit, welche das vor mir
stehende Kunstwerk vergegenwärtigt, und zu denen ich eine wohlerhaltene Reihe
von Briefen meines Großvaters ans den Feldlagern des siebenjährigen Krieges
rechnen kann, bilden die dauernden Eindrücke meiner Kindheit, und ich habe
jederzeit bedauert, daß es mir nach dem Willen meiner Eltern nicht erlaubt
war, lieber vor der Front als hinter dem Schreibtisch meine Anhänglichkeit
an das angestammte Königshaus nud meine Begeisterung für die Größe und
den Ruhm des Vaterlandes zu bethätigen. Auch heut, nachdem Eure Majestät


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/11>, abgerufen am 26.12.2024.