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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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macht, die ungefährlichen Zündhölzer und die dreitägige Tinte. Die werden sich
die Qncrschreiber zu nutze machen! Doch, unter uns, alles glaube ich dem guten
Manne nicht, wenigstens die Benutzung deS Walfisches als Passagierbovt ist mir
noch nicht klar. Sollte sich der Mond etwa aufs Flunkern verlegen?

Ein Schalt ist er, das wissen wir längst. Das schiefe Gesicht, das er einmal
dem Minister Muster gezogen hat, steht jn aktenmäßig fest. Und ich muß immer
lachen, wenn er mit den Professoren, die ihn nicht als Wettermacher gelten lassen
wollen, seinen Schabernack treibt. Er sagt z. B. ganz ehrbar: Am 12. August
will ich mir eine Unterhaltung machen. An einigen Stellen soll die Erde beben,
und wo die Verhältnisse dazu ungeeignet sind, wird es stürmen, daß die Haare
davonfliegen. Dann heißt es: Was uinunt sich der alte Narr heraus! Ist kein
Professor, nicht einmal Privatdozent, ist nicht promovirt, gar nicht einmal inskribirt
gewesen, und will von der Meteorologie mehr verstehen als wir! Gut, wartet
"ur, denkt der Mond. Und nnn läßt er am l2. August die Sonne scheinen, sodaß
^le Professoren gleich am frühen Morgen anfangen zu höhnen. Aber er wartet
nur, bis sie hübsch weit von zu Hanse im Grünen sitzen oder eine Wasserfahrt
machen, und dann gehts los. Belehren lassen sich natürlich die Herren durch ihren
Schnupfen nicht, ein Professor, besonders wenn er freisinnig ist, wird doch nicht
seine Überzeugung ändern. Indessen hat der Mond seinen Spaß davon.

Gar nicht einverstanden bin ich jedoch mit der Veröffentlichung des Rezepts
5u einem führenden Schriftsteller. Jetzt werden wir in dem Stande wie in allen
übrigen eine solche Überfüllung bekommen, daß es nötig werden wird, Romane und
Schauspiele ans Staatskosten machen zu lassen. Der Mond kann darüber lachen,
der braucht sie nicht zu lesen, zahlt anch keine Steuern, aber unsereins ist ohnehin
geplagt genug.

Sie können von Glück sagen, daß mein Briefbogen- zu Ende geht, sonst würde
ich Ihnen noch allerlei erzählen, was mir bei dem Kalenderlesen eingefallen ist.
Treiben Sie keinen Mißbrauch mit meinem Geschreibsel, thu" Sie uur Ihre
Schuldigkeit, damit in ganz Deutschland und den Kolonien wieder einmal das schöne
Red angestimmt wird: "Eile nicht, bleib, Gedankenfreund!"




Litteratur
Ans Geschichte und Kunst des Christentums. Abhandlungen zur Belehrung für ge-
Mldeie Gemeindeglieder von or. Adolf Hasencleve r, Pastor in Vrauufchweig. Erste Reihe.
Braunschweig, Schwetschke und Sohn, 1390

Es sind das sechs Abhandlungen, zum Teil aus Vorträgen entstanden; die
ersten drei, die sich mehr der Geschichte zuwenden, haben die Überschriften:
>) Warum hat der römische Staat die Christen verfolgt? 2) Die letzte Reaktion


macht, die ungefährlichen Zündhölzer und die dreitägige Tinte. Die werden sich
die Qncrschreiber zu nutze machen! Doch, unter uns, alles glaube ich dem guten
Manne nicht, wenigstens die Benutzung deS Walfisches als Passagierbovt ist mir
noch nicht klar. Sollte sich der Mond etwa aufs Flunkern verlegen?

Ein Schalt ist er, das wissen wir längst. Das schiefe Gesicht, das er einmal
dem Minister Muster gezogen hat, steht jn aktenmäßig fest. Und ich muß immer
lachen, wenn er mit den Professoren, die ihn nicht als Wettermacher gelten lassen
wollen, seinen Schabernack treibt. Er sagt z. B. ganz ehrbar: Am 12. August
will ich mir eine Unterhaltung machen. An einigen Stellen soll die Erde beben,
und wo die Verhältnisse dazu ungeeignet sind, wird es stürmen, daß die Haare
davonfliegen. Dann heißt es: Was uinunt sich der alte Narr heraus! Ist kein
Professor, nicht einmal Privatdozent, ist nicht promovirt, gar nicht einmal inskribirt
gewesen, und will von der Meteorologie mehr verstehen als wir! Gut, wartet
»ur, denkt der Mond. Und nnn läßt er am l2. August die Sonne scheinen, sodaß
^le Professoren gleich am frühen Morgen anfangen zu höhnen. Aber er wartet
nur, bis sie hübsch weit von zu Hanse im Grünen sitzen oder eine Wasserfahrt
machen, und dann gehts los. Belehren lassen sich natürlich die Herren durch ihren
Schnupfen nicht, ein Professor, besonders wenn er freisinnig ist, wird doch nicht
seine Überzeugung ändern. Indessen hat der Mond seinen Spaß davon.

Gar nicht einverstanden bin ich jedoch mit der Veröffentlichung des Rezepts
5u einem führenden Schriftsteller. Jetzt werden wir in dem Stande wie in allen
übrigen eine solche Überfüllung bekommen, daß es nötig werden wird, Romane und
Schauspiele ans Staatskosten machen zu lassen. Der Mond kann darüber lachen,
der braucht sie nicht zu lesen, zahlt anch keine Steuern, aber unsereins ist ohnehin
geplagt genug.

Sie können von Glück sagen, daß mein Briefbogen- zu Ende geht, sonst würde
ich Ihnen noch allerlei erzählen, was mir bei dem Kalenderlesen eingefallen ist.
Treiben Sie keinen Mißbrauch mit meinem Geschreibsel, thu« Sie uur Ihre
Schuldigkeit, damit in ganz Deutschland und den Kolonien wieder einmal das schöne
Red angestimmt wird: „Eile nicht, bleib, Gedankenfreund!"




Litteratur
Ans Geschichte und Kunst des Christentums. Abhandlungen zur Belehrung für ge-
Mldeie Gemeindeglieder von or. Adolf Hasencleve r, Pastor in Vrauufchweig. Erste Reihe.
Braunschweig, Schwetschke und Sohn, 1390

Es sind das sechs Abhandlungen, zum Teil aus Vorträgen entstanden; die
ersten drei, die sich mehr der Geschichte zuwenden, haben die Überschriften:
>) Warum hat der römische Staat die Christen verfolgt? 2) Die letzte Reaktion


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/591>, abgerufen am 21.12.2024.