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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts für wirtschaftliche Zwecke.

zösischen Kriege, so kam es auch zum französischen Siege, und dann mußte
Dänemark nicht nur Hadersleben, sondern das ganze Stammverwandte wieder
in den Schoß fallen. So lautete unverkennbar die Berechnung. Darüber sind
nun zwei Jahrzehnte vergangen, während deren die preußische Verwaltung nicht
müßig gewesen ist. Und wie gegenüber den polnischen Gelüsten und Wehklagen,
darf auch dort gesagt werden: das Land, das mit dem Schwert erobert wurde,
ist ein andres geworden, wir haben es mit dem Pflug "erworben, um es zu
besitzen."

Natürlich wird es noch längere Zeit erfordern, bis auf beiden Seiten
der Königsau die Erbitterung einer kühlverständigen Auffassung weicht. Man
muß sich nur erinnern, daß es noch "Welsen" und "Kalter" giebt, die nie
ohne Wehmut der Zeiten gedenken können, in welchen sie. oft nicht blos mora¬
lisch, getreten wurden. Zuerst ist erforderlich, daß die Dänen sich entschließen,
die Fehler anzuerkennen, welche die Dinge dahin geführt haben. Dann wird
auch die Einsicht folgen, daß Leute dänischer Nationalität unter deutscher Herr¬
schaft existiren können wie Deutsche und Italiener in Österreich, und daß dem
Lande am besten gedient ist durch freundschaftliche Beziehungen zu dem deut¬
schen Nachbarn, der es nicht bedroht und es besser zu schützen vermag und zu
schützen bereit sein würde, als die sogenannten guten Freunde da oder dort.




Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts für wirt¬
schaftliche Zwecke.

s ist in neuerer Zeit die Frage angeregt worden, ob die bestehen¬
den Formen unsers Gesellschaftsrechts für das praktische Bedürfnis
genügen. Namentlich hat das Streben, Gesellschaften zur Nutzbar¬
machung unsrer Kolonien zu bilden, zur Anregung dieser Frage
im Reichstage Veranlassung gegeben. Schon bei der ersten
Beratung des dem jüngsten Reichstage vorgelegten Gesetzes über die Rechts-
Verhältnisse der deutschen Schutzgebiete (am 4. Februar 1888) bemerkte der
Abgeordnete Dr. Hannacher, daß für koloniale Unternehmungen, aber auch noch
für viele andre Unternehmungen des heutigen wirtschaftlichen Lebens, weder
die Form der Aktiengesellschaft, noch der Kommanditgesellschaft oder der offenen
Gesellschaft passe. Es bedürfe andrer Formen, um den Zwecken derselben
zu genügen. Dabei wies der Redner vorzugsweise auf die bergrechtlichen


Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts für wirtschaftliche Zwecke.

zösischen Kriege, so kam es auch zum französischen Siege, und dann mußte
Dänemark nicht nur Hadersleben, sondern das ganze Stammverwandte wieder
in den Schoß fallen. So lautete unverkennbar die Berechnung. Darüber sind
nun zwei Jahrzehnte vergangen, während deren die preußische Verwaltung nicht
müßig gewesen ist. Und wie gegenüber den polnischen Gelüsten und Wehklagen,
darf auch dort gesagt werden: das Land, das mit dem Schwert erobert wurde,
ist ein andres geworden, wir haben es mit dem Pflug „erworben, um es zu
besitzen."

Natürlich wird es noch längere Zeit erfordern, bis auf beiden Seiten
der Königsau die Erbitterung einer kühlverständigen Auffassung weicht. Man
muß sich nur erinnern, daß es noch „Welsen" und „Kalter" giebt, die nie
ohne Wehmut der Zeiten gedenken können, in welchen sie. oft nicht blos mora¬
lisch, getreten wurden. Zuerst ist erforderlich, daß die Dänen sich entschließen,
die Fehler anzuerkennen, welche die Dinge dahin geführt haben. Dann wird
auch die Einsicht folgen, daß Leute dänischer Nationalität unter deutscher Herr¬
schaft existiren können wie Deutsche und Italiener in Österreich, und daß dem
Lande am besten gedient ist durch freundschaftliche Beziehungen zu dem deut¬
schen Nachbarn, der es nicht bedroht und es besser zu schützen vermag und zu
schützen bereit sein würde, als die sogenannten guten Freunde da oder dort.




Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts für wirt¬
schaftliche Zwecke.

s ist in neuerer Zeit die Frage angeregt worden, ob die bestehen¬
den Formen unsers Gesellschaftsrechts für das praktische Bedürfnis
genügen. Namentlich hat das Streben, Gesellschaften zur Nutzbar¬
machung unsrer Kolonien zu bilden, zur Anregung dieser Frage
im Reichstage Veranlassung gegeben. Schon bei der ersten
Beratung des dem jüngsten Reichstage vorgelegten Gesetzes über die Rechts-
Verhältnisse der deutschen Schutzgebiete (am 4. Februar 1888) bemerkte der
Abgeordnete Dr. Hannacher, daß für koloniale Unternehmungen, aber auch noch
für viele andre Unternehmungen des heutigen wirtschaftlichen Lebens, weder
die Form der Aktiengesellschaft, noch der Kommanditgesellschaft oder der offenen
Gesellschaft passe. Es bedürfe andrer Formen, um den Zwecken derselben
zu genügen. Dabei wies der Redner vorzugsweise auf die bergrechtlichen


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[0349] Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts für wirtschaftliche Zwecke. zösischen Kriege, so kam es auch zum französischen Siege, und dann mußte Dänemark nicht nur Hadersleben, sondern das ganze Stammverwandte wieder in den Schoß fallen. So lautete unverkennbar die Berechnung. Darüber sind nun zwei Jahrzehnte vergangen, während deren die preußische Verwaltung nicht müßig gewesen ist. Und wie gegenüber den polnischen Gelüsten und Wehklagen, darf auch dort gesagt werden: das Land, das mit dem Schwert erobert wurde, ist ein andres geworden, wir haben es mit dem Pflug „erworben, um es zu besitzen." Natürlich wird es noch längere Zeit erfordern, bis auf beiden Seiten der Königsau die Erbitterung einer kühlverständigen Auffassung weicht. Man muß sich nur erinnern, daß es noch „Welsen" und „Kalter" giebt, die nie ohne Wehmut der Zeiten gedenken können, in welchen sie. oft nicht blos mora¬ lisch, getreten wurden. Zuerst ist erforderlich, daß die Dänen sich entschließen, die Fehler anzuerkennen, welche die Dinge dahin geführt haben. Dann wird auch die Einsicht folgen, daß Leute dänischer Nationalität unter deutscher Herr¬ schaft existiren können wie Deutsche und Italiener in Österreich, und daß dem Lande am besten gedient ist durch freundschaftliche Beziehungen zu dem deut¬ schen Nachbarn, der es nicht bedroht und es besser zu schützen vermag und zu schützen bereit sein würde, als die sogenannten guten Freunde da oder dort. Die Entwicklung des Gesellschaftsrechts für wirt¬ schaftliche Zwecke. s ist in neuerer Zeit die Frage angeregt worden, ob die bestehen¬ den Formen unsers Gesellschaftsrechts für das praktische Bedürfnis genügen. Namentlich hat das Streben, Gesellschaften zur Nutzbar¬ machung unsrer Kolonien zu bilden, zur Anregung dieser Frage im Reichstage Veranlassung gegeben. Schon bei der ersten Beratung des dem jüngsten Reichstage vorgelegten Gesetzes über die Rechts- Verhältnisse der deutschen Schutzgebiete (am 4. Februar 1888) bemerkte der Abgeordnete Dr. Hannacher, daß für koloniale Unternehmungen, aber auch noch für viele andre Unternehmungen des heutigen wirtschaftlichen Lebens, weder die Form der Aktiengesellschaft, noch der Kommanditgesellschaft oder der offenen Gesellschaft passe. Es bedürfe andrer Formen, um den Zwecken derselben zu genügen. Dabei wies der Redner vorzugsweise auf die bergrechtlichen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/349>, abgerufen am 22.07.2024.