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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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Nordschleswigs Protestpartei.

der Krone wird überstrahlt von der Bewunderung und Liebe für den Kron¬
prinzen Friedrich Wilhelm, den Helden und Herzengcwinner. den strahlenden
deutschen Necken, der in den Schlachten wie auf den Gebieten der Künste und
des Friedens gleich bewährt war, und die zukünftigen Geschlechter, denen die
Liebe des Mitleides für den Kaiser Friedrich versagt war, werden "unsern Fritz"
und seinen Thaten in liebevollem Gedächtnis bewahren.




Nordschleswigs Protestpartei.

cdermann, der mit der Politik ein wenig vertraut ist, weiß von
den Oppositionsparteien der Polen und der Elsüsser zu reden
und kennt das Ziel dieser Parteien. Beide verfügen über eine
verhältnismäßig bedeutende Zahl von Stimmen im Reichstage,
die es nie versäumen, im Interesse ihrer Partei das Wort zu
ergreifen. Eine verhältnismäßig bedeutende Presse unterstützt die Wortführer
nach besten Kräften. Daß wir aber auch in Nordschleswig eine solche Protest¬
partei besitzen, wird gar zu leicht vergessen. Sie verfügt freilich nur über
einen Sitz im Reichstage, nur etwa 150 000 Seelen stehen hinter dem einsamen
Neichsbotcn, und die nordschleswigschen Preßprodukte dringen nicht in das
deutsche Publikum.

Was unsre Protestpartei erstrebt, ist natürlich die Zurückgabe Nord¬
schleswigs an Dänemark. Sie geht auf den Wiener Frieden des Jahres 1864
zurück. In den ersten Jahren war sie kühner, da forderte sie die Zurückgabe
von ganz Schleswig bis an die Eider, indem sie vorgab, dieses sei ursprünglich
und von Alters her nnr ein Anhang des Königreichs Dänemark gewesen. Ein
treues geschichtliches Gedächtnis pflegt nie Sache einer Protestpartei zu sein,
auch die unsrige kann sich dessen nicht rühmen. Sie würde sonst wissen, daß
seit dem Vordingborger Vertrage vom Jahre 1435 Schleswig zu Holstein gehört,
und daß der Dänenkönig Christian I., als er 1460 zum Herzog von Schleswig-
Holstein gewählt wurde, feierlich für sich und seine Nachfolger beschwor, Schleswig
und Holstein sollten für ewige Zeiten ungeteilt zusammenbleiben. Von einer
Zugehörigkeit Schleswigs zu Dänemark kann also keine Rede mehr sein. Aber
die dänischen Protestler sind gemäßigter geworden. Sie wissen sehr gut. daß
in der größern südlichen Hälfte Schleswigs, südlich von der Linie Flensburg-
Tondern, eigentlich kein Mensch Neigung verspürt, dänisch zu werden. Sie
müssen sogar einräumen, daß im Norden der genannten Linie das Deutsch-


Nordschleswigs Protestpartei.

der Krone wird überstrahlt von der Bewunderung und Liebe für den Kron¬
prinzen Friedrich Wilhelm, den Helden und Herzengcwinner. den strahlenden
deutschen Necken, der in den Schlachten wie auf den Gebieten der Künste und
des Friedens gleich bewährt war, und die zukünftigen Geschlechter, denen die
Liebe des Mitleides für den Kaiser Friedrich versagt war, werden „unsern Fritz"
und seinen Thaten in liebevollem Gedächtnis bewahren.




Nordschleswigs Protestpartei.

cdermann, der mit der Politik ein wenig vertraut ist, weiß von
den Oppositionsparteien der Polen und der Elsüsser zu reden
und kennt das Ziel dieser Parteien. Beide verfügen über eine
verhältnismäßig bedeutende Zahl von Stimmen im Reichstage,
die es nie versäumen, im Interesse ihrer Partei das Wort zu
ergreifen. Eine verhältnismäßig bedeutende Presse unterstützt die Wortführer
nach besten Kräften. Daß wir aber auch in Nordschleswig eine solche Protest¬
partei besitzen, wird gar zu leicht vergessen. Sie verfügt freilich nur über
einen Sitz im Reichstage, nur etwa 150 000 Seelen stehen hinter dem einsamen
Neichsbotcn, und die nordschleswigschen Preßprodukte dringen nicht in das
deutsche Publikum.

Was unsre Protestpartei erstrebt, ist natürlich die Zurückgabe Nord¬
schleswigs an Dänemark. Sie geht auf den Wiener Frieden des Jahres 1864
zurück. In den ersten Jahren war sie kühner, da forderte sie die Zurückgabe
von ganz Schleswig bis an die Eider, indem sie vorgab, dieses sei ursprünglich
und von Alters her nnr ein Anhang des Königreichs Dänemark gewesen. Ein
treues geschichtliches Gedächtnis pflegt nie Sache einer Protestpartei zu sein,
auch die unsrige kann sich dessen nicht rühmen. Sie würde sonst wissen, daß
seit dem Vordingborger Vertrage vom Jahre 1435 Schleswig zu Holstein gehört,
und daß der Dänenkönig Christian I., als er 1460 zum Herzog von Schleswig-
Holstein gewählt wurde, feierlich für sich und seine Nachfolger beschwor, Schleswig
und Holstein sollten für ewige Zeiten ungeteilt zusammenbleiben. Von einer
Zugehörigkeit Schleswigs zu Dänemark kann also keine Rede mehr sein. Aber
die dänischen Protestler sind gemäßigter geworden. Sie wissen sehr gut. daß
in der größern südlichen Hälfte Schleswigs, südlich von der Linie Flensburg-
Tondern, eigentlich kein Mensch Neigung verspürt, dänisch zu werden. Sie
müssen sogar einräumen, daß im Norden der genannten Linie das Deutsch-


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[0611] Nordschleswigs Protestpartei. der Krone wird überstrahlt von der Bewunderung und Liebe für den Kron¬ prinzen Friedrich Wilhelm, den Helden und Herzengcwinner. den strahlenden deutschen Necken, der in den Schlachten wie auf den Gebieten der Künste und des Friedens gleich bewährt war, und die zukünftigen Geschlechter, denen die Liebe des Mitleides für den Kaiser Friedrich versagt war, werden „unsern Fritz" und seinen Thaten in liebevollem Gedächtnis bewahren. Nordschleswigs Protestpartei. cdermann, der mit der Politik ein wenig vertraut ist, weiß von den Oppositionsparteien der Polen und der Elsüsser zu reden und kennt das Ziel dieser Parteien. Beide verfügen über eine verhältnismäßig bedeutende Zahl von Stimmen im Reichstage, die es nie versäumen, im Interesse ihrer Partei das Wort zu ergreifen. Eine verhältnismäßig bedeutende Presse unterstützt die Wortführer nach besten Kräften. Daß wir aber auch in Nordschleswig eine solche Protest¬ partei besitzen, wird gar zu leicht vergessen. Sie verfügt freilich nur über einen Sitz im Reichstage, nur etwa 150 000 Seelen stehen hinter dem einsamen Neichsbotcn, und die nordschleswigschen Preßprodukte dringen nicht in das deutsche Publikum. Was unsre Protestpartei erstrebt, ist natürlich die Zurückgabe Nord¬ schleswigs an Dänemark. Sie geht auf den Wiener Frieden des Jahres 1864 zurück. In den ersten Jahren war sie kühner, da forderte sie die Zurückgabe von ganz Schleswig bis an die Eider, indem sie vorgab, dieses sei ursprünglich und von Alters her nnr ein Anhang des Königreichs Dänemark gewesen. Ein treues geschichtliches Gedächtnis pflegt nie Sache einer Protestpartei zu sein, auch die unsrige kann sich dessen nicht rühmen. Sie würde sonst wissen, daß seit dem Vordingborger Vertrage vom Jahre 1435 Schleswig zu Holstein gehört, und daß der Dänenkönig Christian I., als er 1460 zum Herzog von Schleswig- Holstein gewählt wurde, feierlich für sich und seine Nachfolger beschwor, Schleswig und Holstein sollten für ewige Zeiten ungeteilt zusammenbleiben. Von einer Zugehörigkeit Schleswigs zu Dänemark kann also keine Rede mehr sein. Aber die dänischen Protestler sind gemäßigter geworden. Sie wissen sehr gut. daß in der größern südlichen Hälfte Schleswigs, südlich von der Linie Flensburg- Tondern, eigentlich kein Mensch Neigung verspürt, dänisch zu werden. Sie müssen sogar einräumen, daß im Norden der genannten Linie das Deutsch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/611>, abgerufen am 13.11.2024.