Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Die Unpopularität der Jurisprudenz. Ein populärer juristischer vortrag, von Rudolf Leonhard. s erscheint sicherlich als eine Verwegenheit, daß ich offen vor In Wahrheit folge ich nur einer guten deutschen Sitte, wenn ich einen Man verlangte von mir einen populären Vortrag aus dem Rechtsgebiete, Die Unpopularität der Jurisprudenz. Ein populärer juristischer vortrag, von Rudolf Leonhard. s erscheint sicherlich als eine Verwegenheit, daß ich offen vor In Wahrheit folge ich nur einer guten deutschen Sitte, wenn ich einen Man verlangte von mir einen populären Vortrag aus dem Rechtsgebiete, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203095"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202776/figures/grenzboten_341847_202776_203095_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Unpopularität der Jurisprudenz.<lb/> Ein populärer juristischer vortrag, <note type="byline"> von Rudolf Leonhard.</note></head><lb/> <p xml:id="ID_1031"> s erscheint sicherlich als eine Verwegenheit, daß ich offen vor<lb/> aller Welt eine verbotene Waare herbeischaffe, einen Vortrag,<lb/> dessen Titel nicht weniger als zwei Fremdwörter enthält, und<lb/> das in einer Zeit, die gegen jeden ausländischen Ausdruck eine<lb/> strenge Schutzzollpolitik handhabt. Dazu kommt, daß, wie ich<lb/> zugebe, der Sinn der Worte: „Die UnPopularität der Jurisprudenz" nicht<lb/> völlig klar ist und mich daher in den Verdacht bringt, eigennützigerweise Zweifel<lb/> zu erwecken, um sie nachher aufzulösen, vergleichbar dem Taschenspieler, der<lb/> eine Sache dort verbirgt, wo er sie nachher zur allgemeinen Überraschung zu<lb/> finden beabsichtigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1032"> In Wahrheit folge ich nur einer guten deutschen Sitte, wenn ich einen<lb/> unerquicklichen Gegenstand nicht gern in das volle Tageslicht urkräftiger Deut¬<lb/> lichkeit rücke, sondern durch das angenehme Halbdunkel einer fremdländischen<lb/> Beleuchtung dem Auge des Beschauers erträglicher zu machen suche. Um jedoch<lb/> uicht durch diese Bemerkung die befürchteten Mißverstündnisse noch zu steigern,<lb/> will ich gleich erzählen, was mich zur Wahl der zweifelhaften Worte ver¬<lb/> anlaßt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1033" next="#ID_1034"> Man verlangte von mir einen populären Vortrag aus dem Rechtsgebiete,<lb/> und ich sagte zu, um nicht ungefällig zu sein. Nachher suchte ich in dem<lb/> gewohnten Gedankenkreise meines Berufes nach einem passenden Gegenstande<lb/> und kam zu der traurigen Erkenntnis, daß alles, was ich überdachte, bei<lb/> meinen nichtjuristischen Zuhörern schwerlich eine lebhafte Teilnahme erwarten<lb/> dürfe. Das Einzige, so sagte ich mir, worüber ein Jurist als solcher eine<lb/> populäre Ansprache halten kann, ist der Umstand, daß er keine solche zu halten<lb/> vermag. So wurden denn in mir die Gründe für eine Ablehnung des gewünschten<lb/> Vortrages zu diesem selber, und da dasjenige, was so entstand, einen innern<lb/> Widerspruch in sich trug und ich diesen gleich zugestehen wollte, so nannte ich<lb/> es: „Die UnPopularität der Jurisprudenz. Ein populärer juristischer Vortrag."</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
[Abbildung]
Die Unpopularität der Jurisprudenz.
Ein populärer juristischer vortrag, von Rudolf Leonhard.
s erscheint sicherlich als eine Verwegenheit, daß ich offen vor
aller Welt eine verbotene Waare herbeischaffe, einen Vortrag,
dessen Titel nicht weniger als zwei Fremdwörter enthält, und
das in einer Zeit, die gegen jeden ausländischen Ausdruck eine
strenge Schutzzollpolitik handhabt. Dazu kommt, daß, wie ich
zugebe, der Sinn der Worte: „Die UnPopularität der Jurisprudenz" nicht
völlig klar ist und mich daher in den Verdacht bringt, eigennützigerweise Zweifel
zu erwecken, um sie nachher aufzulösen, vergleichbar dem Taschenspieler, der
eine Sache dort verbirgt, wo er sie nachher zur allgemeinen Überraschung zu
finden beabsichtigt.
In Wahrheit folge ich nur einer guten deutschen Sitte, wenn ich einen
unerquicklichen Gegenstand nicht gern in das volle Tageslicht urkräftiger Deut¬
lichkeit rücke, sondern durch das angenehme Halbdunkel einer fremdländischen
Beleuchtung dem Auge des Beschauers erträglicher zu machen suche. Um jedoch
uicht durch diese Bemerkung die befürchteten Mißverstündnisse noch zu steigern,
will ich gleich erzählen, was mich zur Wahl der zweifelhaften Worte ver¬
anlaßt hat.
Man verlangte von mir einen populären Vortrag aus dem Rechtsgebiete,
und ich sagte zu, um nicht ungefällig zu sein. Nachher suchte ich in dem
gewohnten Gedankenkreise meines Berufes nach einem passenden Gegenstande
und kam zu der traurigen Erkenntnis, daß alles, was ich überdachte, bei
meinen nichtjuristischen Zuhörern schwerlich eine lebhafte Teilnahme erwarten
dürfe. Das Einzige, so sagte ich mir, worüber ein Jurist als solcher eine
populäre Ansprache halten kann, ist der Umstand, daß er keine solche zu halten
vermag. So wurden denn in mir die Gründe für eine Ablehnung des gewünschten
Vortrages zu diesem selber, und da dasjenige, was so entstand, einen innern
Widerspruch in sich trug und ich diesen gleich zugestehen wollte, so nannte ich
es: „Die UnPopularität der Jurisprudenz. Ein populärer juristischer Vortrag."
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |