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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Gin zukünftiger Kriegsschauplatz.
i.

n den beiden letzten Nummern dieses Blattes wurde durch Blicke
ans den Charakter und die Geschichte des russischen Chauvinismus
der Beweis versucht und, wie wir meinen, erbracht, daß derselbe
eine Macht ist, welche die westlichen Nachbarn des Zarenreiches
bedroht und ihnen unter Umständen gefährlich werden kann. Er
hat der Regierung imponirt, Einfluß auf sie geübt, in den Ministerien Männern
seines Glaubens -- richtiger, seines politischen Aberglaubens -- Stellung ver¬
schafft und so zuweilen die Rolle einer Nebcuregiernng gespielt, welche die Politik
der eigentlichen Regierung bestimmte. Er hat den vorigen Zaren zu einem Kriege
bewogen, der seinem Gefühle und seiner verständigen Erwägung widerstrebte.
Er kann auch dessen Nachfolger, wie friedfertig er denken möge, einmal zwingen,
kriegerische Bahnen einzuschlagen, die zu einem Zusammenstoße mit uns und
unserm Verbündeten an der Donau sichren würden. Kurzum, ein Krieg zwischen
uns und Nußland ist dermalen allerdings noch nicht wahrscheinlich, immerhin
leder eine Möglichkeit, die in nicht sehr ferner Zukunft zur Wirklichkeit werden
k"um, obwohl das wahre Interesse Rußlands gegen sie spricht und unserseits
der beste Wille und die höchste diplomatische Kunst sich bestreben werden, den
Frieden zu erhalte". Nur im Hinblicke auf diese Möglichkeit prüfen wir im
folgenden vom militärischen Gesichtspunkte die.Gegenden, die der Schauplatz
eines solchen Krieges sein würden, wobei wir uns von den Ergebnissen leiten
küssen, zu denen eine soeben erschienene Schrift über den Gegenstand gelangt.
Dieselbe führt den Titel: "Von der Weichsel zum Dujepr. Geographische, kriegt
geschichtliche und operative Studie von Scirmaticus" (Hannover, Hclwingsche


Gmizboim III. 1886. 49


Gin zukünftiger Kriegsschauplatz.
i.

n den beiden letzten Nummern dieses Blattes wurde durch Blicke
ans den Charakter und die Geschichte des russischen Chauvinismus
der Beweis versucht und, wie wir meinen, erbracht, daß derselbe
eine Macht ist, welche die westlichen Nachbarn des Zarenreiches
bedroht und ihnen unter Umständen gefährlich werden kann. Er
hat der Regierung imponirt, Einfluß auf sie geübt, in den Ministerien Männern
seines Glaubens — richtiger, seines politischen Aberglaubens — Stellung ver¬
schafft und so zuweilen die Rolle einer Nebcuregiernng gespielt, welche die Politik
der eigentlichen Regierung bestimmte. Er hat den vorigen Zaren zu einem Kriege
bewogen, der seinem Gefühle und seiner verständigen Erwägung widerstrebte.
Er kann auch dessen Nachfolger, wie friedfertig er denken möge, einmal zwingen,
kriegerische Bahnen einzuschlagen, die zu einem Zusammenstoße mit uns und
unserm Verbündeten an der Donau sichren würden. Kurzum, ein Krieg zwischen
uns und Nußland ist dermalen allerdings noch nicht wahrscheinlich, immerhin
leder eine Möglichkeit, die in nicht sehr ferner Zukunft zur Wirklichkeit werden
k"um, obwohl das wahre Interesse Rußlands gegen sie spricht und unserseits
der beste Wille und die höchste diplomatische Kunst sich bestreben werden, den
Frieden zu erhalte». Nur im Hinblicke auf diese Möglichkeit prüfen wir im
folgenden vom militärischen Gesichtspunkte die.Gegenden, die der Schauplatz
eines solchen Krieges sein würden, wobei wir uns von den Ergebnissen leiten
küssen, zu denen eine soeben erschienene Schrift über den Gegenstand gelangt.
Dieselbe führt den Titel: „Von der Weichsel zum Dujepr. Geographische, kriegt
geschichtliche und operative Studie von Scirmaticus" (Hannover, Hclwingsche


Gmizboim III. 1886. 49
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[0393] [Abbildung] Gin zukünftiger Kriegsschauplatz. i. n den beiden letzten Nummern dieses Blattes wurde durch Blicke ans den Charakter und die Geschichte des russischen Chauvinismus der Beweis versucht und, wie wir meinen, erbracht, daß derselbe eine Macht ist, welche die westlichen Nachbarn des Zarenreiches bedroht und ihnen unter Umständen gefährlich werden kann. Er hat der Regierung imponirt, Einfluß auf sie geübt, in den Ministerien Männern seines Glaubens — richtiger, seines politischen Aberglaubens — Stellung ver¬ schafft und so zuweilen die Rolle einer Nebcuregiernng gespielt, welche die Politik der eigentlichen Regierung bestimmte. Er hat den vorigen Zaren zu einem Kriege bewogen, der seinem Gefühle und seiner verständigen Erwägung widerstrebte. Er kann auch dessen Nachfolger, wie friedfertig er denken möge, einmal zwingen, kriegerische Bahnen einzuschlagen, die zu einem Zusammenstoße mit uns und unserm Verbündeten an der Donau sichren würden. Kurzum, ein Krieg zwischen uns und Nußland ist dermalen allerdings noch nicht wahrscheinlich, immerhin leder eine Möglichkeit, die in nicht sehr ferner Zukunft zur Wirklichkeit werden k"um, obwohl das wahre Interesse Rußlands gegen sie spricht und unserseits der beste Wille und die höchste diplomatische Kunst sich bestreben werden, den Frieden zu erhalte». Nur im Hinblicke auf diese Möglichkeit prüfen wir im folgenden vom militärischen Gesichtspunkte die.Gegenden, die der Schauplatz eines solchen Krieges sein würden, wobei wir uns von den Ergebnissen leiten küssen, zu denen eine soeben erschienene Schrift über den Gegenstand gelangt. Dieselbe führt den Titel: „Von der Weichsel zum Dujepr. Geographische, kriegt geschichtliche und operative Studie von Scirmaticus" (Hannover, Hclwingsche Gmizboim III. 1886. 49

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/393>, abgerufen am 03.07.2024.