Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Der Arboiteranfstand in Belgien. Befreiung unsrer Dichtung vom Druck der Prüderie und der falschen Vornehm¬ 9er Arbeiteraufstand in Belgien. elgien, das Musterland des Parlamentarismus, bisher viel gerühmt Der Arboiteranfstand in Belgien. Befreiung unsrer Dichtung vom Druck der Prüderie und der falschen Vornehm¬ 9er Arbeiteraufstand in Belgien. elgien, das Musterland des Parlamentarismus, bisher viel gerühmt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0084" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198150"/> <fw type="header" place="top"> Der Arboiteranfstand in Belgien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_227" prev="#ID_226"> Befreiung unsrer Dichtung vom Druck der Prüderie und der falschen Vornehm¬<lb/> heit lauern Erscheinungen, nach denen niemand Begehr tragen wird, der sich noch<lb/> Glauben an die Zukunft, und eine glückliche Zukunft, unsrer Literatur bewahrt hat.<lb/> Die nähere Betrachtung der seitherigen Leistungen der naturalistischen Schule<lb/> wird klar machen, daß die Freiheit der poetischen Darstellung, die sie erstrebt<lb/> und verheißt, eine verzweifelte Ähnlichkeit mit der Freiheit zeigt, welche unter<lb/> Konvent und Wohlfahrtsausschuß in Frankreich üblich wurde, und hinter der<lb/> die straffste und unbarmherzigste Ordnung als ein Segen empfunden wurde. Nur<lb/> ein Moment mag hier noch hervorgehoben werden. Unsre Naturalisten spielen<lb/> wundersam mit den Begriffen vom Recht der Masse und des Einzelnen. Jenen<lb/> Dichtern, welche Schicksale und Wesen hervorragender, ungewöhnlicher Menschen<lb/> darstellen, setzen sie die Behauptung entgegen, daß diese Helden der vergangnen<lb/> Periode der Literatur angehören, und daß die einzig würdige Ausgabe des modernen<lb/> Schriftstellers in der Darstellung des Massenlebens bestehe. Wo jedoch die<lb/> Massen der Leser, die Hunderttausende der Abnehmer illustrirter Familienblättcr<lb/> das Schwergewicht ihrer berechtigten und unberechtigten — Anschauungen<lb/> und Vorurteile in die Wagschale der Literatur werfe», begehren dieselben Re¬<lb/> former volle Freiheit für das genirte Individuum. Sehen wir zu, wie sich<lb/> all diese Forderungen und Widersprüche in den Leistungen der naturalistischen<lb/> Schule geltend machen und welchen Wert diese Leistungen als Ausgangspunkte<lb/> einer neuen Entwicklung unsrer Literatur haben können.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> 9er Arbeiteraufstand in Belgien.</head><lb/> <p xml:id="ID_228" next="#ID_229"> elgien, das Musterland des Parlamentarismus, bisher viel gerühmt<lb/> und als Beispiel des Segens angeführt, den dieses politische System<lb/> über alle, die nach ihm regiert werden, verbreitet, hat in den letzten<lb/> Wochen die Lobsprüche, welche die Liberalen ihm bei jeder Ge¬<lb/> legenheit zu spenden gewohnt waren, in arger Weise Lügen gestraft<lb/> und gezeigt, daß es nicht nur selbst recht faule Stellen an seinein staatlichen<lb/> und gesellschaftlichen Körper hat, sondern auch zu einer Gefahr für die Nachbar»<lb/> werdeu kann. Ein Bürgerkrieg, ein Aufstand der Arbeiter gegen die sie be¬<lb/> schäftigenden Kapitalisten brach aus und führte zu Auftritten, welche bei den<lb/> aufständische» Massen sehr bedenkliche Instinkte enthüllten. In der Umgebung<lb/> von Lüttich beginnend, griff die Bewegung rasch um sich und breitete sich<lb/> zunächst über die Bezirke um Mons und Charleroi aus, ohne daß die Behörden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0084]
Der Arboiteranfstand in Belgien.
Befreiung unsrer Dichtung vom Druck der Prüderie und der falschen Vornehm¬
heit lauern Erscheinungen, nach denen niemand Begehr tragen wird, der sich noch
Glauben an die Zukunft, und eine glückliche Zukunft, unsrer Literatur bewahrt hat.
Die nähere Betrachtung der seitherigen Leistungen der naturalistischen Schule
wird klar machen, daß die Freiheit der poetischen Darstellung, die sie erstrebt
und verheißt, eine verzweifelte Ähnlichkeit mit der Freiheit zeigt, welche unter
Konvent und Wohlfahrtsausschuß in Frankreich üblich wurde, und hinter der
die straffste und unbarmherzigste Ordnung als ein Segen empfunden wurde. Nur
ein Moment mag hier noch hervorgehoben werden. Unsre Naturalisten spielen
wundersam mit den Begriffen vom Recht der Masse und des Einzelnen. Jenen
Dichtern, welche Schicksale und Wesen hervorragender, ungewöhnlicher Menschen
darstellen, setzen sie die Behauptung entgegen, daß diese Helden der vergangnen
Periode der Literatur angehören, und daß die einzig würdige Ausgabe des modernen
Schriftstellers in der Darstellung des Massenlebens bestehe. Wo jedoch die
Massen der Leser, die Hunderttausende der Abnehmer illustrirter Familienblättcr
das Schwergewicht ihrer berechtigten und unberechtigten — Anschauungen
und Vorurteile in die Wagschale der Literatur werfe», begehren dieselben Re¬
former volle Freiheit für das genirte Individuum. Sehen wir zu, wie sich
all diese Forderungen und Widersprüche in den Leistungen der naturalistischen
Schule geltend machen und welchen Wert diese Leistungen als Ausgangspunkte
einer neuen Entwicklung unsrer Literatur haben können.
9er Arbeiteraufstand in Belgien.
elgien, das Musterland des Parlamentarismus, bisher viel gerühmt
und als Beispiel des Segens angeführt, den dieses politische System
über alle, die nach ihm regiert werden, verbreitet, hat in den letzten
Wochen die Lobsprüche, welche die Liberalen ihm bei jeder Ge¬
legenheit zu spenden gewohnt waren, in arger Weise Lügen gestraft
und gezeigt, daß es nicht nur selbst recht faule Stellen an seinein staatlichen
und gesellschaftlichen Körper hat, sondern auch zu einer Gefahr für die Nachbar»
werdeu kann. Ein Bürgerkrieg, ein Aufstand der Arbeiter gegen die sie be¬
schäftigenden Kapitalisten brach aus und führte zu Auftritten, welche bei den
aufständische» Massen sehr bedenkliche Instinkte enthüllten. In der Umgebung
von Lüttich beginnend, griff die Bewegung rasch um sich und breitete sich
zunächst über die Bezirke um Mons und Charleroi aus, ohne daß die Behörden
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