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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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(Lamoens.
R Adolf Stern. oman von
(Fen'tschnng.)

!
l us dem schmerzlichen Halbtraum, in dem er bald zu dem Brunnen
hinaus und bald auf die Blätter herab sah, welche halbbeschrieben
vor ihm lagen, weckte ihn der Schall von Tritten und Stimmen
in dem sonst stillen Hause, er erriet alsbald, daß Vnrreto von
Cmtrci heimgekehrt sein müsse. Sonst war er freudig auf¬
gesprungen und dem Gastfreunde entgegen geeilt, wenn derselbe nur von einem
Ritt oder Gang zu den Gutsnachbarn zurückgekommen war, und heute ver¬
sagten ihm Seele und Glieder gleichmüßig den Dienst, er Hütte wünschen
können, daß Barrcto erst bei Nacht angelangt wäre. Noch diesen Morgen im
Trotz seiner Entschlüsse würde er das klare Ange Manuels nicht gescheut haben,
jetzt, wo er die schwerem Gedanken und Zweifel, die ihm das Kriegsspiel vorhin
erweckt hatte, umsonst zu besiegen versuchte, zögerte er, dem Freunde gegenüber
zu treten. Er lauschte den Tritten in dem entfernteren Gange, er hörte dann Joao
in dem naheliegenden Gemach Barretos sprechen und vernahm, wie der Hausherr
ungeduldig sagte: Doch wo hast du ihn zuletzt gesehen, Joao, er kann unmöglich
im Hause sein, er hätte mein Kommen gehört. So aufgemahnt, erhob sich
Camoens nun doch von seinem Sitze, that mühsam einige Schritte unter den
Arkaden hin und rief halblaut: Seid Ihr es wirklich, Manuel? War Varreto
schon der Schwelle nahe gewesen oder hatte er bei dem ersten Laute seines
Gastes sein Gemach durcheilt, er trat fast augenblicklich heraus und begrüßte
Camoens voll herzlicher Freude. Mit dem ersten Blick vergewisserte er sich,
daß der Dichter die Handschrift der Lusiaden neben seinem Sitz liegen hatte,
und fragte alsbald lächelnd: Weilt die Muse bei Euch, Luis. daß Ihr selbst
meinen rauhen Tritt überhören mögt? Ich bin glücklich, Euch hier in gutem
Frieden zu finden und selbst wieder nach meinem Brunnen zu schauen. Es




(Lamoens.
R Adolf Stern. oman von
(Fen'tschnng.)

!
l us dem schmerzlichen Halbtraum, in dem er bald zu dem Brunnen
hinaus und bald auf die Blätter herab sah, welche halbbeschrieben
vor ihm lagen, weckte ihn der Schall von Tritten und Stimmen
in dem sonst stillen Hause, er erriet alsbald, daß Vnrreto von
Cmtrci heimgekehrt sein müsse. Sonst war er freudig auf¬
gesprungen und dem Gastfreunde entgegen geeilt, wenn derselbe nur von einem
Ritt oder Gang zu den Gutsnachbarn zurückgekommen war, und heute ver¬
sagten ihm Seele und Glieder gleichmüßig den Dienst, er Hütte wünschen
können, daß Barrcto erst bei Nacht angelangt wäre. Noch diesen Morgen im
Trotz seiner Entschlüsse würde er das klare Ange Manuels nicht gescheut haben,
jetzt, wo er die schwerem Gedanken und Zweifel, die ihm das Kriegsspiel vorhin
erweckt hatte, umsonst zu besiegen versuchte, zögerte er, dem Freunde gegenüber
zu treten. Er lauschte den Tritten in dem entfernteren Gange, er hörte dann Joao
in dem naheliegenden Gemach Barretos sprechen und vernahm, wie der Hausherr
ungeduldig sagte: Doch wo hast du ihn zuletzt gesehen, Joao, er kann unmöglich
im Hause sein, er hätte mein Kommen gehört. So aufgemahnt, erhob sich
Camoens nun doch von seinem Sitze, that mühsam einige Schritte unter den
Arkaden hin und rief halblaut: Seid Ihr es wirklich, Manuel? War Varreto
schon der Schwelle nahe gewesen oder hatte er bei dem ersten Laute seines
Gastes sein Gemach durcheilt, er trat fast augenblicklich heraus und begrüßte
Camoens voll herzlicher Freude. Mit dem ersten Blick vergewisserte er sich,
daß der Dichter die Handschrift der Lusiaden neben seinem Sitz liegen hatte,
und fragte alsbald lächelnd: Weilt die Muse bei Euch, Luis. daß Ihr selbst
meinen rauhen Tritt überhören mögt? Ich bin glücklich, Euch hier in gutem
Frieden zu finden und selbst wieder nach meinem Brunnen zu schauen. Es


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[0547] [Abbildung] (Lamoens. R Adolf Stern. oman von (Fen'tschnng.) ! l us dem schmerzlichen Halbtraum, in dem er bald zu dem Brunnen hinaus und bald auf die Blätter herab sah, welche halbbeschrieben vor ihm lagen, weckte ihn der Schall von Tritten und Stimmen in dem sonst stillen Hause, er erriet alsbald, daß Vnrreto von Cmtrci heimgekehrt sein müsse. Sonst war er freudig auf¬ gesprungen und dem Gastfreunde entgegen geeilt, wenn derselbe nur von einem Ritt oder Gang zu den Gutsnachbarn zurückgekommen war, und heute ver¬ sagten ihm Seele und Glieder gleichmüßig den Dienst, er Hütte wünschen können, daß Barrcto erst bei Nacht angelangt wäre. Noch diesen Morgen im Trotz seiner Entschlüsse würde er das klare Ange Manuels nicht gescheut haben, jetzt, wo er die schwerem Gedanken und Zweifel, die ihm das Kriegsspiel vorhin erweckt hatte, umsonst zu besiegen versuchte, zögerte er, dem Freunde gegenüber zu treten. Er lauschte den Tritten in dem entfernteren Gange, er hörte dann Joao in dem naheliegenden Gemach Barretos sprechen und vernahm, wie der Hausherr ungeduldig sagte: Doch wo hast du ihn zuletzt gesehen, Joao, er kann unmöglich im Hause sein, er hätte mein Kommen gehört. So aufgemahnt, erhob sich Camoens nun doch von seinem Sitze, that mühsam einige Schritte unter den Arkaden hin und rief halblaut: Seid Ihr es wirklich, Manuel? War Varreto schon der Schwelle nahe gewesen oder hatte er bei dem ersten Laute seines Gastes sein Gemach durcheilt, er trat fast augenblicklich heraus und begrüßte Camoens voll herzlicher Freude. Mit dem ersten Blick vergewisserte er sich, daß der Dichter die Handschrift der Lusiaden neben seinem Sitz liegen hatte, und fragte alsbald lächelnd: Weilt die Muse bei Euch, Luis. daß Ihr selbst meinen rauhen Tritt überhören mögt? Ich bin glücklich, Euch hier in gutem Frieden zu finden und selbst wieder nach meinem Brunnen zu schauen. Es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/547>, abgerufen am 27.12.2024.