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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Irische Parlamente,

nicht aushalten. Es würde im Gefolge haben, daß der "idealistisch angehauchte
Buchhändler" dem Winkelgassenbibliopolen und dem Händler in, Gcirderobe-
gcschäft das Feld räumte.




Irische Parlamente.

l
adstone hat, wie angekündigt, seinen Gesetzentwurf in Betreff der
zukünftigen politischen Stellung Irlands dem Parlamente am
8, d, M, vorgelegt. Er macht darin den Vorschlag, zur Ver¬
söhnung der Jrlcinder in Dublin el" besondres Parlament zur
Erledigung gesetzgeberischer und administrativer Fragen, welche
Irland allein angehen, zu errichten. Wenn das geschehen, soll Irland weder im
Ober- noch im Unterhause Englands mehr vertreten sein, außer in dem Falle,
daß materielle Änderungen des jetzigen Vorschlages eingebracht würden. Die
fiskalische Neichseinheit soll erhalten bleiben. Das neue Parlament würde aus
zwei Klassen von Abgeordneten zusammengesetzt sein, deren erste aus dem 28
jetzigen Peers und 75 nach einem neuen Wahlmodus gewählten Vertretern be¬
stehen soll, während die zweite 103 uach dem jetzigen Wahlgesetze gewählte
Mitglieder zählen würde. Beide Klassen sollen gemeinsam beraten, aber getrennt
abstimmen können. Das irische Parlament darf nach Gladstones Plan sich nicht
in Fragen mischen, welche die Prärogativen der Krone, das Heer, die Flotte,
die kolonialen und die auswärtigen Angelegenheiten betreffen. Es darf ferner
keine besondre Kirche zur Staatskirche erklären. Handel und Schifffahrt, Münze
und Notenumlauf sind seiner Entscheidung entzogen. Eine Kontrole in Sachen
der Zölle und der Verbrauchssteuern soll das Parlament nicht üben dürfen.
Der Vizekönig darf Katholik sein, aber keiner Partei angehören. Die Richter
werden von der irischen Negierung ernannt, die Polizei verbleibt bis auf weiteres
unter englischer Oberaufsicht. Der Beitrag Irlands zu den ordentlichen Rcichs-
ausgabeu fall fortan nur ^ betragen, und zu den Kosten etwaiger britischer
Kriege soll es künftig nichts beisteuern.

Hierzu ist zu sagen: Das wäre also ein ziemlich beschränktes Home Unke;
aber ein besondres irisches Parlament wird, sei es wie immer gestaltet, befugt
und beschränkt, stets wo nicht sofortige Zerreißung der Union mit Großbritannien,
doch die Vorbereitung und den Anfang eines solchen Ereignisses bedeuten und
so eine schwere Gefährdung der Machtstellung und der Sicherheit sein, deren
sich das Vereinigte Königreich bisher erfreute. Das geht aber nicht bloß die
Engländer, sondern ganz Europa, ja die ganze Welt an, der es selbstverständlich
nicht gleichgiltig sein kann, ob das britische Reich künftig stark wie jetzt oder
schwächer als jetzt sein soll, und so erklärt es sich, wenn wir der Frage, deren


Irische Parlamente,

nicht aushalten. Es würde im Gefolge haben, daß der „idealistisch angehauchte
Buchhändler" dem Winkelgassenbibliopolen und dem Händler in, Gcirderobe-
gcschäft das Feld räumte.




Irische Parlamente.

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adstone hat, wie angekündigt, seinen Gesetzentwurf in Betreff der
zukünftigen politischen Stellung Irlands dem Parlamente am
8, d, M, vorgelegt. Er macht darin den Vorschlag, zur Ver¬
söhnung der Jrlcinder in Dublin el» besondres Parlament zur
Erledigung gesetzgeberischer und administrativer Fragen, welche
Irland allein angehen, zu errichten. Wenn das geschehen, soll Irland weder im
Ober- noch im Unterhause Englands mehr vertreten sein, außer in dem Falle,
daß materielle Änderungen des jetzigen Vorschlages eingebracht würden. Die
fiskalische Neichseinheit soll erhalten bleiben. Das neue Parlament würde aus
zwei Klassen von Abgeordneten zusammengesetzt sein, deren erste aus dem 28
jetzigen Peers und 75 nach einem neuen Wahlmodus gewählten Vertretern be¬
stehen soll, während die zweite 103 uach dem jetzigen Wahlgesetze gewählte
Mitglieder zählen würde. Beide Klassen sollen gemeinsam beraten, aber getrennt
abstimmen können. Das irische Parlament darf nach Gladstones Plan sich nicht
in Fragen mischen, welche die Prärogativen der Krone, das Heer, die Flotte,
die kolonialen und die auswärtigen Angelegenheiten betreffen. Es darf ferner
keine besondre Kirche zur Staatskirche erklären. Handel und Schifffahrt, Münze
und Notenumlauf sind seiner Entscheidung entzogen. Eine Kontrole in Sachen
der Zölle und der Verbrauchssteuern soll das Parlament nicht üben dürfen.
Der Vizekönig darf Katholik sein, aber keiner Partei angehören. Die Richter
werden von der irischen Negierung ernannt, die Polizei verbleibt bis auf weiteres
unter englischer Oberaufsicht. Der Beitrag Irlands zu den ordentlichen Rcichs-
ausgabeu fall fortan nur ^ betragen, und zu den Kosten etwaiger britischer
Kriege soll es künftig nichts beisteuern.

Hierzu ist zu sagen: Das wäre also ein ziemlich beschränktes Home Unke;
aber ein besondres irisches Parlament wird, sei es wie immer gestaltet, befugt
und beschränkt, stets wo nicht sofortige Zerreißung der Union mit Großbritannien,
doch die Vorbereitung und den Anfang eines solchen Ereignisses bedeuten und
so eine schwere Gefährdung der Machtstellung und der Sicherheit sein, deren
sich das Vereinigte Königreich bisher erfreute. Das geht aber nicht bloß die
Engländer, sondern ganz Europa, ja die ganze Welt an, der es selbstverständlich
nicht gleichgiltig sein kann, ob das britische Reich künftig stark wie jetzt oder
schwächer als jetzt sein soll, und so erklärt es sich, wenn wir der Frage, deren


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[0139] Irische Parlamente, nicht aushalten. Es würde im Gefolge haben, daß der „idealistisch angehauchte Buchhändler" dem Winkelgassenbibliopolen und dem Händler in, Gcirderobe- gcschäft das Feld räumte. Irische Parlamente. l adstone hat, wie angekündigt, seinen Gesetzentwurf in Betreff der zukünftigen politischen Stellung Irlands dem Parlamente am 8, d, M, vorgelegt. Er macht darin den Vorschlag, zur Ver¬ söhnung der Jrlcinder in Dublin el» besondres Parlament zur Erledigung gesetzgeberischer und administrativer Fragen, welche Irland allein angehen, zu errichten. Wenn das geschehen, soll Irland weder im Ober- noch im Unterhause Englands mehr vertreten sein, außer in dem Falle, daß materielle Änderungen des jetzigen Vorschlages eingebracht würden. Die fiskalische Neichseinheit soll erhalten bleiben. Das neue Parlament würde aus zwei Klassen von Abgeordneten zusammengesetzt sein, deren erste aus dem 28 jetzigen Peers und 75 nach einem neuen Wahlmodus gewählten Vertretern be¬ stehen soll, während die zweite 103 uach dem jetzigen Wahlgesetze gewählte Mitglieder zählen würde. Beide Klassen sollen gemeinsam beraten, aber getrennt abstimmen können. Das irische Parlament darf nach Gladstones Plan sich nicht in Fragen mischen, welche die Prärogativen der Krone, das Heer, die Flotte, die kolonialen und die auswärtigen Angelegenheiten betreffen. Es darf ferner keine besondre Kirche zur Staatskirche erklären. Handel und Schifffahrt, Münze und Notenumlauf sind seiner Entscheidung entzogen. Eine Kontrole in Sachen der Zölle und der Verbrauchssteuern soll das Parlament nicht üben dürfen. Der Vizekönig darf Katholik sein, aber keiner Partei angehören. Die Richter werden von der irischen Negierung ernannt, die Polizei verbleibt bis auf weiteres unter englischer Oberaufsicht. Der Beitrag Irlands zu den ordentlichen Rcichs- ausgabeu fall fortan nur ^ betragen, und zu den Kosten etwaiger britischer Kriege soll es künftig nichts beisteuern. Hierzu ist zu sagen: Das wäre also ein ziemlich beschränktes Home Unke; aber ein besondres irisches Parlament wird, sei es wie immer gestaltet, befugt und beschränkt, stets wo nicht sofortige Zerreißung der Union mit Großbritannien, doch die Vorbereitung und den Anfang eines solchen Ereignisses bedeuten und so eine schwere Gefährdung der Machtstellung und der Sicherheit sein, deren sich das Vereinigte Königreich bisher erfreute. Das geht aber nicht bloß die Engländer, sondern ganz Europa, ja die ganze Welt an, der es selbstverständlich nicht gleichgiltig sein kann, ob das britische Reich künftig stark wie jetzt oder schwächer als jetzt sein soll, und so erklärt es sich, wenn wir der Frage, deren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/139>, abgerufen am 27.12.2024.