Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Maschinen und möglichst weniger belebter Maschinen, denn zu Maschinen strebt Die Frage, von der wir ausgingen, hat sich bei der Betrachtung etwas Daß unsre sozialen Zustände reformbedürftig sind, sehen allmählich die Zusatz der Redaktion. Wir stimmen dem Verfasser vollständig bei, sind Maschinen und möglichst weniger belebter Maschinen, denn zu Maschinen strebt Die Frage, von der wir ausgingen, hat sich bei der Betrachtung etwas Daß unsre sozialen Zustände reformbedürftig sind, sehen allmählich die Zusatz der Redaktion. Wir stimmen dem Verfasser vollständig bei, sind <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0138" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198204"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_365" prev="#ID_364"> Maschinen und möglichst weniger belebter Maschinen, denn zu Maschinen strebt<lb/> man auch die Handwerker von früher herabzudrücken. Thatsache ist, daß der<lb/> Rock immer billiger wird — je näher wir der sozialen Revolution kommen,<lb/> fügen einige hinzu.</p><lb/> <p xml:id="ID_366"> Die Frage, von der wir ausgingen, hat sich bei der Betrachtung etwas<lb/> erweitert: in jeden: einzelnen Falle, wo wir etwas kaufen, sollen wir da im<lb/> eignen Interesse den niedrigsten Preis herauszupressen suchen, oder im allge¬<lb/> meinen Interesse dem Verkäufer einen angemessenen Verdienst gönnen? Egoismus<lb/> oder Altruismus? Materialismus oder Idealismus? Sollen wir uns vor<lb/> dem Kampfe uns Dasein, dem Kriege aller gegen alle, als vor einen, Natur¬<lb/> gesetze gehorsam beugen, oder in christlichem Geiste die göttlichen Gesetze in<lb/> unsrer Seele gegen die Triebe und das grausame Walten der Natur ius Feld<lb/> führen?</p><lb/> <p xml:id="ID_367"> Daß unsre sozialen Zustände reformbedürftig sind, sehen allmählich die<lb/> Blindesten. Aber viele, und nicht die Schlechtesten, leben noch in dem Wahne,<lb/> ein großer Mann, ein Bismarck, könne allein die soziale Frage lösen. Wenn<lb/> sie seine Reden am Biertisch rühmen, meinen sie ihr Teil gethan zu haben.<lb/> Aber die soziale Not ist ein Inbegriff von hundert oder tausend Übelständen.<lb/> Die gewaltigen Schwierigkeiten brauchen gewaltige Menschen, Mannriesen wie<lb/> Bismarck; die meisten Hemmnisse des sozialen Friedens müssen durch gemein¬<lb/> same, unermüdliche Arbeit der Kleinen entfernt werde». Jeder, der eine Geld¬<lb/> börse hat, der Geld einnimmt und ausgiebt, ist berufen, an der Lösung der<lb/> großen Frage mitzuhelfen. Er muß nur lernen, in dem großen Schattenbilds<lb/> das man soziale Frage nennt, hundert kleinere greifbare, praktische Fragen zu<lb/> erkennen und diese 8ub sxsoiö aoterni zu betrachten. Eine dieser kleineren Fragen<lb/> heißt: Zehn Prozent oder zwanzig?<note type="byline"> v^xo (5ra,um!ltlcus.</note></p><lb/> <div n="2"> <head> Zusatz der Redaktion.</head> <p xml:id="ID_368" next="#ID_369"> Wir stimmen dem Verfasser vollständig bei, sind<lb/> aber der Meinung, und sein buchhändlerischer Freund wird uns darin Recht<lb/> geben, daß auch das Fordern und Geben von zehn Prozent Rabatt vom Übel sei.<lb/> Das billig denkende Publikum sollte überhaupt bei dem knappen Budget, welches<lb/> es der Literatur gönnt, jeden Schacher für unanständig halten. Handelt es<lb/> denn an der Theaterkasse oder im Wirtshause um zehn Prozent? Die Gefahr<lb/> für den Buchhandel und damit für die Literatur, die Scixo betont, liegt nicht<lb/> allein in dem übertriebenen Nabattgeben einzelner Schleuderfirmeu, sondern darin,<lb/> daß man zu der Meinung gekommen ist, einen mäßigen Rabatt von zehn Prozent<lb/> müsse der Provinzialbuchhändler wohl auch geben können. Dies würde aber mit<lb/> Notwendigkeit dazu führen, daß die Bücherpreise durchgängig für deu Sortimenter<lb/> um zehn Prozent herabgedrückt würden (denn nicht nur der Baarzahler wird<lb/> den Rabatt für in der Ordnung halten, sondern auch der, welcher sich ein hübsches<lb/> Konto anschreiben läßt, der Menge wegen), und das könnte der Svrtimentcr</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0138]
Maschinen und möglichst weniger belebter Maschinen, denn zu Maschinen strebt
man auch die Handwerker von früher herabzudrücken. Thatsache ist, daß der
Rock immer billiger wird — je näher wir der sozialen Revolution kommen,
fügen einige hinzu.
Die Frage, von der wir ausgingen, hat sich bei der Betrachtung etwas
erweitert: in jeden: einzelnen Falle, wo wir etwas kaufen, sollen wir da im
eignen Interesse den niedrigsten Preis herauszupressen suchen, oder im allge¬
meinen Interesse dem Verkäufer einen angemessenen Verdienst gönnen? Egoismus
oder Altruismus? Materialismus oder Idealismus? Sollen wir uns vor
dem Kampfe uns Dasein, dem Kriege aller gegen alle, als vor einen, Natur¬
gesetze gehorsam beugen, oder in christlichem Geiste die göttlichen Gesetze in
unsrer Seele gegen die Triebe und das grausame Walten der Natur ius Feld
führen?
Daß unsre sozialen Zustände reformbedürftig sind, sehen allmählich die
Blindesten. Aber viele, und nicht die Schlechtesten, leben noch in dem Wahne,
ein großer Mann, ein Bismarck, könne allein die soziale Frage lösen. Wenn
sie seine Reden am Biertisch rühmen, meinen sie ihr Teil gethan zu haben.
Aber die soziale Not ist ein Inbegriff von hundert oder tausend Übelständen.
Die gewaltigen Schwierigkeiten brauchen gewaltige Menschen, Mannriesen wie
Bismarck; die meisten Hemmnisse des sozialen Friedens müssen durch gemein¬
same, unermüdliche Arbeit der Kleinen entfernt werde». Jeder, der eine Geld¬
börse hat, der Geld einnimmt und ausgiebt, ist berufen, an der Lösung der
großen Frage mitzuhelfen. Er muß nur lernen, in dem großen Schattenbilds
das man soziale Frage nennt, hundert kleinere greifbare, praktische Fragen zu
erkennen und diese 8ub sxsoiö aoterni zu betrachten. Eine dieser kleineren Fragen
heißt: Zehn Prozent oder zwanzig? v^xo (5ra,um!ltlcus.
Zusatz der Redaktion. Wir stimmen dem Verfasser vollständig bei, sind
aber der Meinung, und sein buchhändlerischer Freund wird uns darin Recht
geben, daß auch das Fordern und Geben von zehn Prozent Rabatt vom Übel sei.
Das billig denkende Publikum sollte überhaupt bei dem knappen Budget, welches
es der Literatur gönnt, jeden Schacher für unanständig halten. Handelt es
denn an der Theaterkasse oder im Wirtshause um zehn Prozent? Die Gefahr
für den Buchhandel und damit für die Literatur, die Scixo betont, liegt nicht
allein in dem übertriebenen Nabattgeben einzelner Schleuderfirmeu, sondern darin,
daß man zu der Meinung gekommen ist, einen mäßigen Rabatt von zehn Prozent
müsse der Provinzialbuchhändler wohl auch geben können. Dies würde aber mit
Notwendigkeit dazu führen, daß die Bücherpreise durchgängig für deu Sortimenter
um zehn Prozent herabgedrückt würden (denn nicht nur der Baarzahler wird
den Rabatt für in der Ordnung halten, sondern auch der, welcher sich ein hübsches
Konto anschreiben läßt, der Menge wegen), und das könnte der Svrtimentcr
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