Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Zur Misere unsrer Literatur. lismus führen, so mag daran erinnert werden, daß die Blüte der italienischen Adolf Rosenberg. Zur Misere unsrer Literatur. s ist ein großes Übel, daß namentlich seit dem Jahre 1848 so Zur Misere unsrer Literatur. lismus führen, so mag daran erinnert werden, daß die Blüte der italienischen Adolf Rosenberg. Zur Misere unsrer Literatur. s ist ein großes Übel, daß namentlich seit dem Jahre 1848 so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0084" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197508"/> <fw type="header" place="top"> Zur Misere unsrer Literatur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_240" prev="#ID_239"> lismus führen, so mag daran erinnert werden, daß die Blüte der italienischen<lb/> Kunst aus gleich rohen Ansängen erwachsen ist. Eine Höhe der Kunstentwicklung,<lb/> wie sie das'sechzehnte Jahrhundert in Italien gesehen hat, wagen wir freilich<lb/> nicht zu hoffen. Aber der lebendige und unbefangne Naturalismus unsrer<lb/> Plastik, die wir augenblicklich am höchsten unter den bildenden Künsten stellen,<lb/> läßt uns doch mit tröstlichen Gefühl in die Zukunft blicken, zumal da sie sich<lb/> bereits hie und da zu Schöpfungen idealen Charakters aufgerafft hat, welche<lb/> spätern Geschlechtern eine günstigere Vorstellung von unserm Kunstvermögen<lb/> bieten werden, als es unsre Architektur und unser Kunstgewerbe imstande sind.<lb/> Man wird dann vielleicht von einem „Stil" in der Plastik während der zweiten<lb/> Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts reden und achselzuckend erzählen, was<lb/> in der Baukunst und in der Industrie „Mode" gewesen sei.</p><lb/> <note type="byline"> Adolf Rosenberg.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zur Misere unsrer Literatur.</head><lb/> <p xml:id="ID_241" next="#ID_242"> s ist ein großes Übel, daß namentlich seit dem Jahre 1848 so<lb/> viel schöne Zeit mit der zerstreuenden und aufregenden Zeitungs-<lb/> leserci vergeudet wird. Wie viele lesen noch etwas andres als<lb/> diese flüchtig vorüberrauschenden Blätter? Freilich ist das Übel<lb/> erklärlich. Nur zu oft ist seit genanntem Jahre jeder in seiner<lb/> ganzen Existenz durch die Entwicklung der Begebenheiten bedroht gewesen, und<lb/> es mußte ihm alles daran liegen, von deren Gange stetig unterrichtet zu sein.<lb/> Dann kam die Periode der rapiden Gesetzmacherei, wodurch mir zu viele be¬<lb/> stehende Verhältnisse aus den Angeln gehoben wurden, und mau mußte sich<lb/> durch das Lesen aller möglichen Kammerverhandlungen darüber „ans dem Lau¬<lb/> fenden" erhalten. Auch wollte man doch wissen, wie die vielfach zu uns herüber¬<lb/> wirkenden Krisen in den außerdeutschen Nachbarländern sich gestalteten. Kaum<lb/> aber glaubte man über den fernern Verlauf der Dinge im Vaterlande beruhigt<lb/> sein zu dürfen, als der Krimkrieg ausbrach, an den sich dann in den folgenden<lb/> dreißig Jahren die drei Kriege anschlössen, die Preußen und Deutschland führen<lb/> mußten — eine kriegerische Periode, in die auch das vierjährige Ringen zwischen<lb/> den Nord- und Südstnaten der amerikanischen Union fällt und die — da wir<lb/> dem Pygmäcnkampf zwischen zwei Duodez Balkanstaaten keine Wichtigkeit bei-<lb/> messen — durch den letzten russisch-türkischen Kampf einen vorläufigen Abschluß<lb/> erhalten hat. Bei dem allen war es ganz erklärlich, daß man jede andre Lek-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0084]
Zur Misere unsrer Literatur.
lismus führen, so mag daran erinnert werden, daß die Blüte der italienischen
Kunst aus gleich rohen Ansängen erwachsen ist. Eine Höhe der Kunstentwicklung,
wie sie das'sechzehnte Jahrhundert in Italien gesehen hat, wagen wir freilich
nicht zu hoffen. Aber der lebendige und unbefangne Naturalismus unsrer
Plastik, die wir augenblicklich am höchsten unter den bildenden Künsten stellen,
läßt uns doch mit tröstlichen Gefühl in die Zukunft blicken, zumal da sie sich
bereits hie und da zu Schöpfungen idealen Charakters aufgerafft hat, welche
spätern Geschlechtern eine günstigere Vorstellung von unserm Kunstvermögen
bieten werden, als es unsre Architektur und unser Kunstgewerbe imstande sind.
Man wird dann vielleicht von einem „Stil" in der Plastik während der zweiten
Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts reden und achselzuckend erzählen, was
in der Baukunst und in der Industrie „Mode" gewesen sei.
Adolf Rosenberg.
Zur Misere unsrer Literatur.
s ist ein großes Übel, daß namentlich seit dem Jahre 1848 so
viel schöne Zeit mit der zerstreuenden und aufregenden Zeitungs-
leserci vergeudet wird. Wie viele lesen noch etwas andres als
diese flüchtig vorüberrauschenden Blätter? Freilich ist das Übel
erklärlich. Nur zu oft ist seit genanntem Jahre jeder in seiner
ganzen Existenz durch die Entwicklung der Begebenheiten bedroht gewesen, und
es mußte ihm alles daran liegen, von deren Gange stetig unterrichtet zu sein.
Dann kam die Periode der rapiden Gesetzmacherei, wodurch mir zu viele be¬
stehende Verhältnisse aus den Angeln gehoben wurden, und mau mußte sich
durch das Lesen aller möglichen Kammerverhandlungen darüber „ans dem Lau¬
fenden" erhalten. Auch wollte man doch wissen, wie die vielfach zu uns herüber¬
wirkenden Krisen in den außerdeutschen Nachbarländern sich gestalteten. Kaum
aber glaubte man über den fernern Verlauf der Dinge im Vaterlande beruhigt
sein zu dürfen, als der Krimkrieg ausbrach, an den sich dann in den folgenden
dreißig Jahren die drei Kriege anschlössen, die Preußen und Deutschland führen
mußten — eine kriegerische Periode, in die auch das vierjährige Ringen zwischen
den Nord- und Südstnaten der amerikanischen Union fällt und die — da wir
dem Pygmäcnkampf zwischen zwei Duodez Balkanstaaten keine Wichtigkeit bei-
messen — durch den letzten russisch-türkischen Kampf einen vorläufigen Abschluß
erhalten hat. Bei dem allen war es ganz erklärlich, daß man jede andre Lek-
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