Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Das Feuilleton auf dem Theater. eigenartig," wie sie nach einem Ausspruche Julius Schmorrs von Carolsfeld Richter hat uns ein reiches Erbe hinterlassen, als Künstler wie als Mensch. Das Feuilleton auf dem Theater. er je das Unglück gehabt hat, der unfreiwillige Zeuge eines Was wollen also jene dunkeln Ästhetiker mit ihren: geheimnisvollen Das Feuilleton auf dem Theater. eigenartig," wie sie nach einem Ausspruche Julius Schmorrs von Carolsfeld Richter hat uns ein reiches Erbe hinterlassen, als Künstler wie als Mensch. Das Feuilleton auf dem Theater. er je das Unglück gehabt hat, der unfreiwillige Zeuge eines Was wollen also jene dunkeln Ästhetiker mit ihren: geheimnisvollen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197027"/> <fw type="header" place="top"> Das Feuilleton auf dem Theater.</fw><lb/> <p xml:id="ID_921" prev="#ID_920"> eigenartig," wie sie nach einem Ausspruche Julius Schmorrs von Carolsfeld<lb/> (S. 454) in der Kunst und in seinem Verhältnisse zum Volke war.</p><lb/> <p xml:id="ID_922"> Richter hat uns ein reiches Erbe hinterlassen, als Künstler wie als Mensch.<lb/> An uns wird es sein, dasselbe zu wahren und zu mehren; möge uns sein Bei¬<lb/> spiel immer unvergessen bleiben!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Feuilleton auf dem Theater.</head><lb/> <p xml:id="ID_923"> er je das Unglück gehabt hat, der unfreiwillige Zeuge eines<lb/> Theatergesprächs zu sein — und das kann auch dem Meider<lb/> ästhetischer Zirkel in jedem Cafe oder Restaurant begegnen —, dem<lb/> wird jedenfalls das mysteriöse Wort „Dialog" durch die Auf¬<lb/> dringlichkeit, mit der es fich die Schallwellen des Bereiches immer<lb/> wieder dienstbar macht, unangenehm ausgestoßen sein. Ich nenne das Wort<lb/> absichtlich mysteriös, denn so oft und in so verschiedenartigen Verbindungen es<lb/> wiederkehrt und in so reicher Abstufung der Empfindung von geheimnisvollem<lb/> Seelenverständnis bis zu begeisterter Exaltation es ertönen mag, niemals wohl<lb/> wird er zu der Erkenntnis gelangen, welche die Eingeweihten offenbar mit<lb/> diesem Schall verbinden. Dialog ist ein griechisches Wort lind bedeutet Unter¬<lb/> redung. Plato hat ihm zu hohen Ehren, Lucian zu einem pikanten Interesse<lb/> verholfen. Aber mit dem Theater hatte es nichts zu thun; die Unterredung,<lb/> welche die Helden des Kothurns und sogar die des Soccus auf der Bühne<lb/> führten, schien den Griechen in eine andre Sphäre gerückt als die prosaische<lb/> Belehrung und Unterhaltung. Erst in später Zeit nennt man die Spiele nicht<lb/> mehr bloß dramatisch (vom Handeln), sondern mich wohl dialogetisch lvvm Reden).<lb/> Aber das Wort Dialog braucht man auch dann noch nicht in diesem Sinne.<lb/> In des Aristoteles Poetik, diesem Kodex sophokleischer und aristophanischer<lb/> Kunst, wird man beides vergeblich suchen. Da ist nur vom „Drama" die Rede,<lb/> und unter den sechs Erfordernissen, die man dazu für nötig hielt, heißt das<lb/> auf die Sprache der Handelnden bezügliche nicht Dialog, sondern Stil.</p><lb/> <p xml:id="ID_924"> Was wollen also jene dunkeln Ästhetiker mit ihren: geheimnisvollen<lb/> griechischen Worte? Wie in aller Well sind sie dazu gekommen, es zu einem<lb/> Schiboleth der „Kenner des Theaters" zu machen? Es sei erlaubt, auf solche<lb/> an den Peripherien dieser Kreise sicherlich oft genng aufsteigende Fragen eine<lb/> kurze Auskunft zu erteilen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0293]
Das Feuilleton auf dem Theater.
eigenartig," wie sie nach einem Ausspruche Julius Schmorrs von Carolsfeld
(S. 454) in der Kunst und in seinem Verhältnisse zum Volke war.
Richter hat uns ein reiches Erbe hinterlassen, als Künstler wie als Mensch.
An uns wird es sein, dasselbe zu wahren und zu mehren; möge uns sein Bei¬
spiel immer unvergessen bleiben!
Das Feuilleton auf dem Theater.
er je das Unglück gehabt hat, der unfreiwillige Zeuge eines
Theatergesprächs zu sein — und das kann auch dem Meider
ästhetischer Zirkel in jedem Cafe oder Restaurant begegnen —, dem
wird jedenfalls das mysteriöse Wort „Dialog" durch die Auf¬
dringlichkeit, mit der es fich die Schallwellen des Bereiches immer
wieder dienstbar macht, unangenehm ausgestoßen sein. Ich nenne das Wort
absichtlich mysteriös, denn so oft und in so verschiedenartigen Verbindungen es
wiederkehrt und in so reicher Abstufung der Empfindung von geheimnisvollem
Seelenverständnis bis zu begeisterter Exaltation es ertönen mag, niemals wohl
wird er zu der Erkenntnis gelangen, welche die Eingeweihten offenbar mit
diesem Schall verbinden. Dialog ist ein griechisches Wort lind bedeutet Unter¬
redung. Plato hat ihm zu hohen Ehren, Lucian zu einem pikanten Interesse
verholfen. Aber mit dem Theater hatte es nichts zu thun; die Unterredung,
welche die Helden des Kothurns und sogar die des Soccus auf der Bühne
führten, schien den Griechen in eine andre Sphäre gerückt als die prosaische
Belehrung und Unterhaltung. Erst in später Zeit nennt man die Spiele nicht
mehr bloß dramatisch (vom Handeln), sondern mich wohl dialogetisch lvvm Reden).
Aber das Wort Dialog braucht man auch dann noch nicht in diesem Sinne.
In des Aristoteles Poetik, diesem Kodex sophokleischer und aristophanischer
Kunst, wird man beides vergeblich suchen. Da ist nur vom „Drama" die Rede,
und unter den sechs Erfordernissen, die man dazu für nötig hielt, heißt das
auf die Sprache der Handelnden bezügliche nicht Dialog, sondern Stil.
Was wollen also jene dunkeln Ästhetiker mit ihren: geheimnisvollen
griechischen Worte? Wie in aller Well sind sie dazu gekommen, es zu einem
Schiboleth der „Kenner des Theaters" zu machen? Es sei erlaubt, auf solche
an den Peripherien dieser Kreise sicherlich oft genng aufsteigende Fragen eine
kurze Auskunft zu erteilen.
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