Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland. n einem Märzhcfte d. Bl. wird die Frage der Kolonisation im Aber sehen wir einmal ab von der angeregten wesentlich politischen Kolo¬ Der Raum, den nach unsrer Ansicht Deutschland für innere Kolonisation Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland. n einem Märzhcfte d. Bl. wird die Frage der Kolonisation im Aber sehen wir einmal ab von der angeregten wesentlich politischen Kolo¬ Der Raum, den nach unsrer Ansicht Deutschland für innere Kolonisation <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0350" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196450"/> </div> <div n="1"> <head> Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland.</head><lb/> <p xml:id="ID_1428"> n einem Märzhcfte d. Bl. wird die Frage der Kolonisation im<lb/> Innern Deutschlands angeregt, und zwar zunächst mit dem Ge¬<lb/> danken an die Germanisirung der zu einem großen Teile von pol¬<lb/> nischer Bevölkerung bewohnten Gebiete in den Provinzen Posen<lb/> und Westpreußen. Der Gedanke, daß diese Gebiete unbedingt zu<lb/> germanisiren seien, ist ein durchaus richtiger, weil kein Staat innerhalb seiner<lb/> Grenzen feindliche Elemente, wie es in Preußen die polnischen sind, dulden<lb/> kann und darf, in unsern Tagen also die Germanisirung der preußischen Polen<lb/> mit demselben Rechte angestrebt wird, wie ehedem das gleiche in Deutschland<lb/> durch die kaiserlichen Markgrafen gegenüber den slawischen Völkern östlich von<lb/> der Elbe. Wir hoffen daher, daß die Staatsregierung auch heute die geeigneten<lb/> Mittel und Wege wider die Polen in den genannten beiden Provinzen finden werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1429"> Aber sehen wir einmal ab von der angeregten wesentlich politischen Kolo¬<lb/> nisation, welche lediglich eine auf bereits angebauten Boden seßhafte fremde Be¬<lb/> völkerung durch nationale Elemente ersetzen will. Wir finden innerhalb des<lb/> Reiches und besonders Preußens auch auf reindeutschem Gebiete noch gewal¬<lb/> tigen Raum für innere Kolonisation auf uncmgebautem oder höchstens künstlich<lb/> bewaldeten Boden. Und die Geschichte lehrt, daß der Gedanke einer Koloni¬<lb/> sation der Einöden in Deutschland nicht neu ist, daß damit bereits im vorigen<lb/> Jahrhundert praktische Versuche, und zwar nicht erfolgloser Art, gemacht worden<lb/> sind, und an der Stelle, wo diese Anfänge gemacht wurden, betreibt heute die<lb/> Staatsregierung die Kolonisation energisch und mit großen Mitteln.</p><lb/> <p xml:id="ID_1430" next="#ID_1431"> Der Raum, den nach unsrer Ansicht Deutschland für innere Kolonisation<lb/> bietet, ist in der großen norddeutschen Tiefebene mit ihren ausgedehnten, un¬<lb/> bewohnten Heidestiecken, ihren Mooren und Kieferwaldungen zu finden. Es ist<lb/> Sache der Spezialuntersuchung, diejenigen Flächen ausfindig zu machen, welche<lb/> sofort rationellen Ackerbau mit Futterbau und darauf beruhender Viehzucht ge¬<lb/> statten würden; solche Flächen finden sich jedenfalls in der Lüneburger Heide<lb/> und sicherlich anch in der ganzen Tiefebene bis zur Ostgrenze. Der größte<lb/> Teil derselben mag einstweilen immer noch als sogenannter Wcildbodcn ange¬<lb/> sehen werden; dennoch ist, wenn auch für ferne Zeit, die Niederlegung des<lb/> künstlich erzogenen Waldes und seine Überführung in Ackerland in Aussicht zu<lb/> nehmen. Übersehen darf hierbei freilich nicht werden, daß der Wald, wie in<lb/> ältester Zeit, so auch heute eine Stütze bilden kann, woran Ansiedlungen sich<lb/> anlehnen können, nur jetzt nicht mehr des Feuerungsmaterials und der Weide,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0350]
Zur Frage der innern Kolonisation in Deutschland.
n einem Märzhcfte d. Bl. wird die Frage der Kolonisation im
Innern Deutschlands angeregt, und zwar zunächst mit dem Ge¬
danken an die Germanisirung der zu einem großen Teile von pol¬
nischer Bevölkerung bewohnten Gebiete in den Provinzen Posen
und Westpreußen. Der Gedanke, daß diese Gebiete unbedingt zu
germanisiren seien, ist ein durchaus richtiger, weil kein Staat innerhalb seiner
Grenzen feindliche Elemente, wie es in Preußen die polnischen sind, dulden
kann und darf, in unsern Tagen also die Germanisirung der preußischen Polen
mit demselben Rechte angestrebt wird, wie ehedem das gleiche in Deutschland
durch die kaiserlichen Markgrafen gegenüber den slawischen Völkern östlich von
der Elbe. Wir hoffen daher, daß die Staatsregierung auch heute die geeigneten
Mittel und Wege wider die Polen in den genannten beiden Provinzen finden werde.
Aber sehen wir einmal ab von der angeregten wesentlich politischen Kolo¬
nisation, welche lediglich eine auf bereits angebauten Boden seßhafte fremde Be¬
völkerung durch nationale Elemente ersetzen will. Wir finden innerhalb des
Reiches und besonders Preußens auch auf reindeutschem Gebiete noch gewal¬
tigen Raum für innere Kolonisation auf uncmgebautem oder höchstens künstlich
bewaldeten Boden. Und die Geschichte lehrt, daß der Gedanke einer Koloni¬
sation der Einöden in Deutschland nicht neu ist, daß damit bereits im vorigen
Jahrhundert praktische Versuche, und zwar nicht erfolgloser Art, gemacht worden
sind, und an der Stelle, wo diese Anfänge gemacht wurden, betreibt heute die
Staatsregierung die Kolonisation energisch und mit großen Mitteln.
Der Raum, den nach unsrer Ansicht Deutschland für innere Kolonisation
bietet, ist in der großen norddeutschen Tiefebene mit ihren ausgedehnten, un¬
bewohnten Heidestiecken, ihren Mooren und Kieferwaldungen zu finden. Es ist
Sache der Spezialuntersuchung, diejenigen Flächen ausfindig zu machen, welche
sofort rationellen Ackerbau mit Futterbau und darauf beruhender Viehzucht ge¬
statten würden; solche Flächen finden sich jedenfalls in der Lüneburger Heide
und sicherlich anch in der ganzen Tiefebene bis zur Ostgrenze. Der größte
Teil derselben mag einstweilen immer noch als sogenannter Wcildbodcn ange¬
sehen werden; dennoch ist, wenn auch für ferne Zeit, die Niederlegung des
künstlich erzogenen Waldes und seine Überführung in Ackerland in Aussicht zu
nehmen. Übersehen darf hierbei freilich nicht werden, daß der Wald, wie in
ältester Zeit, so auch heute eine Stütze bilden kann, woran Ansiedlungen sich
anlehnen können, nur jetzt nicht mehr des Feuerungsmaterials und der Weide,
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