Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.Notizen. Der geniale Leiter des deutschen Pvstwesens seit sich durch die Schöpfung des Noch eine Literaturzeitung. So mancher deutsche Schriftsteller bewahrt Notizen. Der geniale Leiter des deutschen Pvstwesens seit sich durch die Schöpfung des Noch eine Literaturzeitung. So mancher deutsche Schriftsteller bewahrt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0387" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195776"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1357"> Der geniale Leiter des deutschen Pvstwesens seit sich durch die Schöpfung des<lb/> Weltpostvereins — eines friedlichen Bundes aller zivilisirte» Völker der Erde zu<lb/> einem hohen Kulturzweck — ein unsterbliches Verdienst um die gesamte Menschheit<lb/> erworben. Im vorliegenden Falle handelt es sich um einen Fortschritt, welcher<lb/> uur eine weitere Ausgestaltung jenes wunderbaren Riesenbaues darstellen würde.<lb/> Im Verhältnis zu dem gewaltigen Maßstabe des Stcphanschen Völkerbundes mag<lb/> eine engere Vereinigung der hier angeregten Art allerdings nur als ein kleiner<lb/> Baustein zur weitern Entwicklung des ohne Beispiel dastehenden großartigen<lb/> Werkes erscheinen; immerhin würde aber die Gründung eines solchen PostVereines<lb/> der Staaten Zentraleuropas für die beteiligten kommerziellen Kreise als Mittel<lb/> zur Erleichterung und Förderung des Handelsverkehrs vou ganz eminenter Wich¬<lb/> tigkeit sein.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Noch eine Literaturzeitung.</head> <p xml:id="ID_1358" next="#ID_1359"> So mancher deutsche Schriftsteller bewahrt<lb/> eine wehmütige Erinnerung an österreichische journalistische Unternehmungen, welche<lb/> mit großem Aufwande von Versprechungen ins Leben traten, aber schnell und un¬<lb/> rühmlich wieder verschwanden, da sich durch die Versprechungen Wohl Mitarbeiter,<lb/> aber keine Abonnenten hatten ködern lassen. Wer sich bei einem „Österreichischen<lb/> Morgenblatt," einer „Internationalen Revue," und wie alle die „eine fühlbare<lb/> Lücke ausfüllenden" Zeitschriften von Scmcsterdauer hießen, die Finger verbrannt<lb/> hat, ist natürlich vorsichtiger geworden; allein erwachsen immer neue Generationen<lb/> heran, die wieder durch eigne Erfahrung klug werden müssen. So führt sich<lb/> abermals ein Wiener Blatt mit einem Stäbe von 250 Mitarbeitern und der An¬<lb/> merkung ein, daß „Raummangels halber" nicht gleich die vollständige Liste ver¬<lb/> öffentlicht werden könne. Dabei fällt ans, daß unter den aufgezählten Namen aus<lb/> Oesterreich größtenteils gänzlich unbekannte figuriren, während das Verzeichnis der<lb/> Mitarbeiter in Deutschland neben den unvermeidlichen Herren Eduard Engel,<lb/> F. von Hellwald, Karl Vogt u. s. w. eine Reihe sehr tüchtiger Männer ausweist.<lb/> Diesmal handelt es sich um eine „Allgemeine Österreichische Literaturzeitung.<lb/> Litcrarisches Zentralorgan für die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie," welche dem<lb/> „in der ganzen europäischen Gelehrten- und Litcratenwclt tief empfundenen Mangel<lb/> einer allgemeinen Literaturzeitung höheren Stiles" abhelfen will. Denn: „Durch<lb/> die täglich mehr zum Durchbruch gelangende einheitliche Auffassung vom mensch¬<lb/> lichen Wissen werden allgemach die Schranken aufgehoben, welche der scholastische<lb/> Geist der früher?: Jahrhunderte zwischen den einzelnen Zweigen der Wissenschaft<lb/> aufgerichtet hat. Diesem großem monistischen Gedanken Rechnung tragend, wird<lb/> die wissenschaftliche Tendenz der »Allgemeinen Oesterreichischen Literaturzeitung«<lb/> dahin gehen, von einem einheitlichen Standpunkte ans Grund der einzelnen Werke<lb/> den allgemeinen Fortschritt der Wissenschaft und der Kultur zur anschauliche»<lb/> Darstellung zu bringen." Diese ebenso lichtvollen als schön stilisirtcn Sätze lassen<lb/> wohl keinen Zweifel übrig, daß wir in dem „Herausgeber und Chefredakteur<lb/> I. Singer" denselben Herrn I. Singer begrüße» dürfen, welcher das Judentum<lb/> als die Religion der Zukunft Proklamirt und durch die eigentümliche Ausnützung<lb/> der Briefe verschiedner Gelehrten und Schriftsteller an ihn sich einen — eigentüm¬<lb/> lichen Namen gemacht hat; und wenn diese Vermutung richtig ist, so dürfen wir<lb/> uns auch uicht darüber wundern, daß z. B. Gottfried Keller und August Niemann<lb/> sich auf einem. einheitlichen Standpunkt mit Herren wie die obengenannten zu¬<lb/> sammenfinde» sollen. Im weiteren Verlaufe des Programms werden zwei Momente<lb/> hervorgehoben, durch welche das neue Organ von älteren unterschiede» wird. Die</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0387]
Notizen.
Der geniale Leiter des deutschen Pvstwesens seit sich durch die Schöpfung des
Weltpostvereins — eines friedlichen Bundes aller zivilisirte» Völker der Erde zu
einem hohen Kulturzweck — ein unsterbliches Verdienst um die gesamte Menschheit
erworben. Im vorliegenden Falle handelt es sich um einen Fortschritt, welcher
uur eine weitere Ausgestaltung jenes wunderbaren Riesenbaues darstellen würde.
Im Verhältnis zu dem gewaltigen Maßstabe des Stcphanschen Völkerbundes mag
eine engere Vereinigung der hier angeregten Art allerdings nur als ein kleiner
Baustein zur weitern Entwicklung des ohne Beispiel dastehenden großartigen
Werkes erscheinen; immerhin würde aber die Gründung eines solchen PostVereines
der Staaten Zentraleuropas für die beteiligten kommerziellen Kreise als Mittel
zur Erleichterung und Förderung des Handelsverkehrs vou ganz eminenter Wich¬
tigkeit sein.
Noch eine Literaturzeitung. So mancher deutsche Schriftsteller bewahrt
eine wehmütige Erinnerung an österreichische journalistische Unternehmungen, welche
mit großem Aufwande von Versprechungen ins Leben traten, aber schnell und un¬
rühmlich wieder verschwanden, da sich durch die Versprechungen Wohl Mitarbeiter,
aber keine Abonnenten hatten ködern lassen. Wer sich bei einem „Österreichischen
Morgenblatt," einer „Internationalen Revue," und wie alle die „eine fühlbare
Lücke ausfüllenden" Zeitschriften von Scmcsterdauer hießen, die Finger verbrannt
hat, ist natürlich vorsichtiger geworden; allein erwachsen immer neue Generationen
heran, die wieder durch eigne Erfahrung klug werden müssen. So führt sich
abermals ein Wiener Blatt mit einem Stäbe von 250 Mitarbeitern und der An¬
merkung ein, daß „Raummangels halber" nicht gleich die vollständige Liste ver¬
öffentlicht werden könne. Dabei fällt ans, daß unter den aufgezählten Namen aus
Oesterreich größtenteils gänzlich unbekannte figuriren, während das Verzeichnis der
Mitarbeiter in Deutschland neben den unvermeidlichen Herren Eduard Engel,
F. von Hellwald, Karl Vogt u. s. w. eine Reihe sehr tüchtiger Männer ausweist.
Diesmal handelt es sich um eine „Allgemeine Österreichische Literaturzeitung.
Litcrarisches Zentralorgan für die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie," welche dem
„in der ganzen europäischen Gelehrten- und Litcratenwclt tief empfundenen Mangel
einer allgemeinen Literaturzeitung höheren Stiles" abhelfen will. Denn: „Durch
die täglich mehr zum Durchbruch gelangende einheitliche Auffassung vom mensch¬
lichen Wissen werden allgemach die Schranken aufgehoben, welche der scholastische
Geist der früher?: Jahrhunderte zwischen den einzelnen Zweigen der Wissenschaft
aufgerichtet hat. Diesem großem monistischen Gedanken Rechnung tragend, wird
die wissenschaftliche Tendenz der »Allgemeinen Oesterreichischen Literaturzeitung«
dahin gehen, von einem einheitlichen Standpunkte ans Grund der einzelnen Werke
den allgemeinen Fortschritt der Wissenschaft und der Kultur zur anschauliche»
Darstellung zu bringen." Diese ebenso lichtvollen als schön stilisirtcn Sätze lassen
wohl keinen Zweifel übrig, daß wir in dem „Herausgeber und Chefredakteur
I. Singer" denselben Herrn I. Singer begrüße» dürfen, welcher das Judentum
als die Religion der Zukunft Proklamirt und durch die eigentümliche Ausnützung
der Briefe verschiedner Gelehrten und Schriftsteller an ihn sich einen — eigentüm¬
lichen Namen gemacht hat; und wenn diese Vermutung richtig ist, so dürfen wir
uns auch uicht darüber wundern, daß z. B. Gottfried Keller und August Niemann
sich auf einem. einheitlichen Standpunkt mit Herren wie die obengenannten zu¬
sammenfinde» sollen. Im weiteren Verlaufe des Programms werden zwei Momente
hervorgehoben, durch welche das neue Organ von älteren unterschiede» wird. Die
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