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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Notizen.

fand. Und dann hat er sich gegen Cota und gegen mich erkenntlich erweisen
wollen, aber, Ihr wißt ja, man hatte ihn seiner ganzen Baarschaft beraubt. So
hat er verlegen dagestanden -- er war noch halb betäubt --, und ich habe ihm
gesagt, er solle uns doch nicht für so habgierig halten, und habe ihm seine
Kleider abgestäubt -- sie waren vom feinsten Tuch, sage ich Euch --, und
habe ihm seinen Federhut wieder zurecht gebogen und habe ein Flaeon wohl¬
riechender Essenz ihm über die Hände gegossen >-- basta! Ich hätte ihn gern
nach Hause geleitet, wie ich ging und stand, üuvvoro! denn aus Liebe spränge
ich, Wenns sein müßte, in die Solfatarci! Aber er hat's nicht zugegeben, setzte
sie traurig hinzu, und so hat er dem Coka und nur die Hand gedrückt und ist
gegangen, und ich bin da neben der Ottomane niedergekniet und habe geweint,
nicht wie ein Mensch, Signor Antonio Maria, lacht mich aus, wie eine Löwin,
denke ich mir, wenn man ihr die Kleinen wegnahm, wie eine arme Löwin weinen
würde, wenn die Natur den Tieren nicht die Thränen versagt Hütte.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.
Die Alters- und Invalidenversicherung.

Eine kürzlich unter diesem
Titel erschienene Schrift^) giebt einen höchst beachtenswerten Beitrag zur Lösung
der sozialen Frage. Der Verfasser derselben geht davon aus, daß im deutschen
Reiche eine Reform der Armengesetzgebung notwendig sei; daher bedürfe es, wie
bereits in der an den Reichstag gerichteten kaiserlichen Botschaft vom 17. No¬
vember 1881 ausgesprochen sei, auch der Alters- und Invalidenversicherung. Diese
solle den jetzt zur Armenpflege verpflichteten Gemeinden des deutschen Reiches die
Sorge für alle Altersschwachen und Invaliden männlichen und weiblichen Geschlechts
abnehmen. Der Verfasser betrachtet nun die Grundsätze der Altersversicherung
der Arbeiter in England, Belgien und Frankreich. In England sorgt das allge¬
meine Armengesetz für Altersschwäche, die nichts erspart haben; Arbeiter aber, die
im Alter Von dreißig Jahren eine bestimmte Summe (ungefähr 423 Mark) an
die vom Staate garantirte Leibrentenkasse zahlen, erwerben im Alter von sechzig
Jahren den Anspruch auf eine jährliche lebenslängliche Rente von 210 Mark. Auch
in Belgien und Frankreich hat man im Jahre 1850 Gesetze über Allersversorgungs-
kasscn gegeben, welche den Zweck verfolgen, den Arbeitern durch Zahlung jähr¬
licher ziemlich geringer Beiträge den Erwerb einer Rente für das Alter möglich
zu machen.

In alle" drei genannten Staaten ist der Beitritt der Arbeiter zu den ge¬
dachten Kassen freiwillig. Die ganze Einrichtung kommt daher nnr den besonders
gut gestellten und sparsamen Arbeitern zu gute. Indem sich der Verfasser unsrer
Schrift in der Hauptsache an die Grundsätze anschließt, die der Regierungsrat
Kretschmann in der Broschüre: "Die Altersversorgung der Arbeiter in Deutschland"



Die Alters- und Invalidenversicherung. Vorschlüge zu ihrer Verwirklichung,
Von I)r. von Steiuverg-SkirbS, Generalarzt z. D.
Grenzboten II. 1885. 20
Notizen.

fand. Und dann hat er sich gegen Cota und gegen mich erkenntlich erweisen
wollen, aber, Ihr wißt ja, man hatte ihn seiner ganzen Baarschaft beraubt. So
hat er verlegen dagestanden — er war noch halb betäubt —, und ich habe ihm
gesagt, er solle uns doch nicht für so habgierig halten, und habe ihm seine
Kleider abgestäubt — sie waren vom feinsten Tuch, sage ich Euch —, und
habe ihm seinen Federhut wieder zurecht gebogen und habe ein Flaeon wohl¬
riechender Essenz ihm über die Hände gegossen >— basta! Ich hätte ihn gern
nach Hause geleitet, wie ich ging und stand, üuvvoro! denn aus Liebe spränge
ich, Wenns sein müßte, in die Solfatarci! Aber er hat's nicht zugegeben, setzte
sie traurig hinzu, und so hat er dem Coka und nur die Hand gedrückt und ist
gegangen, und ich bin da neben der Ottomane niedergekniet und habe geweint,
nicht wie ein Mensch, Signor Antonio Maria, lacht mich aus, wie eine Löwin,
denke ich mir, wenn man ihr die Kleinen wegnahm, wie eine arme Löwin weinen
würde, wenn die Natur den Tieren nicht die Thränen versagt Hütte.

(Fortsetzung folgt.)




Notizen.
Die Alters- und Invalidenversicherung.

Eine kürzlich unter diesem
Titel erschienene Schrift^) giebt einen höchst beachtenswerten Beitrag zur Lösung
der sozialen Frage. Der Verfasser derselben geht davon aus, daß im deutschen
Reiche eine Reform der Armengesetzgebung notwendig sei; daher bedürfe es, wie
bereits in der an den Reichstag gerichteten kaiserlichen Botschaft vom 17. No¬
vember 1881 ausgesprochen sei, auch der Alters- und Invalidenversicherung. Diese
solle den jetzt zur Armenpflege verpflichteten Gemeinden des deutschen Reiches die
Sorge für alle Altersschwachen und Invaliden männlichen und weiblichen Geschlechts
abnehmen. Der Verfasser betrachtet nun die Grundsätze der Altersversicherung
der Arbeiter in England, Belgien und Frankreich. In England sorgt das allge¬
meine Armengesetz für Altersschwäche, die nichts erspart haben; Arbeiter aber, die
im Alter Von dreißig Jahren eine bestimmte Summe (ungefähr 423 Mark) an
die vom Staate garantirte Leibrentenkasse zahlen, erwerben im Alter von sechzig
Jahren den Anspruch auf eine jährliche lebenslängliche Rente von 210 Mark. Auch
in Belgien und Frankreich hat man im Jahre 1850 Gesetze über Allersversorgungs-
kasscn gegeben, welche den Zweck verfolgen, den Arbeitern durch Zahlung jähr¬
licher ziemlich geringer Beiträge den Erwerb einer Rente für das Alter möglich
zu machen.

In alle» drei genannten Staaten ist der Beitritt der Arbeiter zu den ge¬
dachten Kassen freiwillig. Die ganze Einrichtung kommt daher nnr den besonders
gut gestellten und sparsamen Arbeitern zu gute. Indem sich der Verfasser unsrer
Schrift in der Hauptsache an die Grundsätze anschließt, die der Regierungsrat
Kretschmann in der Broschüre: „Die Altersversorgung der Arbeiter in Deutschland"



Die Alters- und Invalidenversicherung. Vorschlüge zu ihrer Verwirklichung,
Von I)r. von Steiuverg-SkirbS, Generalarzt z. D.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/158>, abgerufen am 22.07.2024.