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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Literatur.

bedeutend gestiegenen Interesse für Ethnologie in der gegenwärtigen, umfassenderen
Ausdehnung des Begriffs der "Völkerkunde" dienen. Dem entsprechend beschränkt
sich der Verfasser nicht ans Themata der eigentlichen Ethnographie oder "Völker-
beschrcibung," sondern er hat mich ans den Gebieten der Sprachgeschichte, der Volks¬
dichtung, überhaupt der Kulturgeschichte und Völkerpsychologie, eine, Reihe von
prägnanten Darstellungen aufgenommen, welche das ethnographische Bild der be¬
handelten Völker auch von diesen, früher meist gänzlich übersehenen Seiten
charakteristisch beleuchten.

Den Stoff hat er den besten und neuesten Quellen entlehnt, anch mit Ver¬
ständnis und formellem Geschick bearbeitet. Etwa vierzig Aufsähe oder Ueber-
setzungen stammen aus seiner eignen Feder, andre Partien sind wörtlich aus
bewährten Werken herübergenommen, welche teils mehr zusammenfassende Dar¬
stellungen der Ethnologie sind, wie Peschcls "Völkerkunde." Friedrich Müllers "All¬
gemeine Ethnographie" und Bastians "Allgemeine Grundzüge der Ethnologie," teils
die Schilderungen berühmter Reisender enthalten, wie denn z. B. für die Völker
Afrikas von deutschen Reisenden G. Rohlfs, Freiherr von Maltznn, Oskar Lenz u. a.,
von ausländischen Kapitän Villot, Ansone de Chaneel, General Daumas, ferner
Samuel White Baker, Livingstone, Burton, Bayard Taylor u. a. zum Worte
kommen. Von periodisch erscheinenden Schriften haben u. a. die "Tägliche Rund¬
schau" und die "Zeitschrift für Erdkunde" verschiednen Stoff geboten. Zur
Charakteristik der heutigen Türken ist eine Partie aus dein Werke des durch seine
treffenden Neiseschildcrungen bekannten Jtalieners Edmondo de Amicis aufgenommen.

In den der Behandlung der einzelnen Völker Afrikas, Australiens, Amerikas und
Asiens vorausgeschickten allgemeineren Kapiteln handelt der Verfasser über die
Sprache als Klassifikativnsinittel der Völkerkunde, über Kultur und Kulturvölker,
sowie über die Kulturmittclpuukte der Menschheit; von noch größerm Interesse
aber sind die den Schluß dieser einleitenden Kapitel bildenden Aufsähe über die
Missionäre als Pioniere der Wissenschaft und höheren Gesittung, in denen er die
Thatsache betont, daß keine Kolonie unter barbarischen Völkern ohne Missiousnn-
stalten bestehen kann, nud den Verdiensten der Missionäre um die Wissenschaft,
besonders um die Kenntnis der Sprachen der barbarischen Völker, die höchste An¬
erkennung zollt. Freilich haben nicht alle Missionäre in gleich uneigennütziger
Weise gewirkt, wie anerkanntermaßen unsre deutschen Missionäre protestantischer mild
katholischer Konfession, die es immer als ihre Aufgabe angesehen haben, die Natur¬
völker, uuter denen sie wirken, vor unbilliger Uebervorteilnng, vor einem Aus¬
beutungssystem, auch vor der Einführung von Spirituosen zu schützen.

Am Schlüsse des Vorwortes spricht der Verfasser der Buchdruckerei, die den
Druck ausgeführt hat, seine Anerkennung aus für die außerordentliche Gewissen¬
haftigkeit und Intelligenz, mit welcher sie den nicht leichten Druck besorgt habe.
Wir schließen uus dieser Anerkennung an, indem wir die Verantwortung für einige
böse Druckfehler (z. B. mutAtio mutanciio, ferner: "für die erst im Entstehen be¬
griffene naturwissenschaftliche Ethnologie, jener großartigen Wissenschaft") dem
Verfasser zueignen.


Ulmer und Jttgerleut'. Neue Hochlandgeschichtm von Ludwig Ganghofer. Stutt¬
gart, A. Bonz u. Comp,, 1885.

Es erinnert etwas an Turgenjew, wenn sich der Autor dieses Buches in den
drei von den fünf Geschichten, welche in der Ich-Form vorgetragen werden, als
passionirtcn Jäger einführt; auch die Haltung, welche dieser Jäger gegenüber der Natur,


Grenzboten I. 1382. 88
Literatur.

bedeutend gestiegenen Interesse für Ethnologie in der gegenwärtigen, umfassenderen
Ausdehnung des Begriffs der „Völkerkunde" dienen. Dem entsprechend beschränkt
sich der Verfasser nicht ans Themata der eigentlichen Ethnographie oder „Völker-
beschrcibung," sondern er hat mich ans den Gebieten der Sprachgeschichte, der Volks¬
dichtung, überhaupt der Kulturgeschichte und Völkerpsychologie, eine, Reihe von
prägnanten Darstellungen aufgenommen, welche das ethnographische Bild der be¬
handelten Völker auch von diesen, früher meist gänzlich übersehenen Seiten
charakteristisch beleuchten.

Den Stoff hat er den besten und neuesten Quellen entlehnt, anch mit Ver¬
ständnis und formellem Geschick bearbeitet. Etwa vierzig Aufsähe oder Ueber-
setzungen stammen aus seiner eignen Feder, andre Partien sind wörtlich aus
bewährten Werken herübergenommen, welche teils mehr zusammenfassende Dar¬
stellungen der Ethnologie sind, wie Peschcls „Völkerkunde." Friedrich Müllers „All¬
gemeine Ethnographie" und Bastians „Allgemeine Grundzüge der Ethnologie," teils
die Schilderungen berühmter Reisender enthalten, wie denn z. B. für die Völker
Afrikas von deutschen Reisenden G. Rohlfs, Freiherr von Maltznn, Oskar Lenz u. a.,
von ausländischen Kapitän Villot, Ansone de Chaneel, General Daumas, ferner
Samuel White Baker, Livingstone, Burton, Bayard Taylor u. a. zum Worte
kommen. Von periodisch erscheinenden Schriften haben u. a. die „Tägliche Rund¬
schau" und die „Zeitschrift für Erdkunde" verschiednen Stoff geboten. Zur
Charakteristik der heutigen Türken ist eine Partie aus dein Werke des durch seine
treffenden Neiseschildcrungen bekannten Jtalieners Edmondo de Amicis aufgenommen.

In den der Behandlung der einzelnen Völker Afrikas, Australiens, Amerikas und
Asiens vorausgeschickten allgemeineren Kapiteln handelt der Verfasser über die
Sprache als Klassifikativnsinittel der Völkerkunde, über Kultur und Kulturvölker,
sowie über die Kulturmittclpuukte der Menschheit; von noch größerm Interesse
aber sind die den Schluß dieser einleitenden Kapitel bildenden Aufsähe über die
Missionäre als Pioniere der Wissenschaft und höheren Gesittung, in denen er die
Thatsache betont, daß keine Kolonie unter barbarischen Völkern ohne Missiousnn-
stalten bestehen kann, nud den Verdiensten der Missionäre um die Wissenschaft,
besonders um die Kenntnis der Sprachen der barbarischen Völker, die höchste An¬
erkennung zollt. Freilich haben nicht alle Missionäre in gleich uneigennütziger
Weise gewirkt, wie anerkanntermaßen unsre deutschen Missionäre protestantischer mild
katholischer Konfession, die es immer als ihre Aufgabe angesehen haben, die Natur¬
völker, uuter denen sie wirken, vor unbilliger Uebervorteilnng, vor einem Aus¬
beutungssystem, auch vor der Einführung von Spirituosen zu schützen.

Am Schlüsse des Vorwortes spricht der Verfasser der Buchdruckerei, die den
Druck ausgeführt hat, seine Anerkennung aus für die außerordentliche Gewissen¬
haftigkeit und Intelligenz, mit welcher sie den nicht leichten Druck besorgt habe.
Wir schließen uus dieser Anerkennung an, indem wir die Verantwortung für einige
böse Druckfehler (z. B. mutAtio mutanciio, ferner: „für die erst im Entstehen be¬
griffene naturwissenschaftliche Ethnologie, jener großartigen Wissenschaft") dem
Verfasser zueignen.


Ulmer und Jttgerleut'. Neue Hochlandgeschichtm von Ludwig Ganghofer. Stutt¬
gart, A. Bonz u. Comp,, 1885.

Es erinnert etwas an Turgenjew, wenn sich der Autor dieses Buches in den
drei von den fünf Geschichten, welche in der Ich-Form vorgetragen werden, als
passionirtcn Jäger einführt; auch die Haltung, welche dieser Jäger gegenüber der Natur,


Grenzboten I. 1382. 88
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/709>, abgerufen am 12.11.2024.