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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.

wird schon eine nahe Zukunft es lehren. Jedenfalls ist das Stölzclsche Buch
sehr lehrreich für alle, welche den Beruf haben, an der deutschen Nechtsent-
wicklung mitzuarbeiten.




Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.
von Adolf Rosonberg.

6. Jan Brueghsls Na turstudi er. -- Seine Landschaften und Banernszenen.
-- Sein Linfluß auf die Malerei seiner Zeit. -- Rubens als Landschafts¬
und Genremaler.

ir haben an einigen Beispielen gesehen, daß Jan Brueghel seine
Allegorien der Elemente, der Fruchtbarkeit, des Überflusses ?e.
in einem durchaus realistischen Sinne auffaßte, indem er nämlich
die antiken Gottheiten, wie Ceres, Poseidon, Vulkan, und die
Personifikationen von Begriffen mit Natur- und Kuustprodulten
umgab, welche unter ihrer Obhut stehen. Wir haben auch von zwei Bildern
gesprochen, auf welchen der durch Luft, Wasser und Feuer erzeugte Segen der
Natur an lebenden Wesen, Blumen, Früchten und sonstigen Vegetabilien dar¬
gestellt ist. Brueghels Absicht war, in diesen Gemälden den Einfluß der vier
Elemente auf die schöpferische Kraft der Natur zu verkörpern. Aber das eine
Element, das Feuer, wollte nicht recht in den Rahmen einer einzigen Kompo¬
sition hineinpassen, und deshalb faßte er den Plan, die vier Elemente getrennt auf
vier verschiednen Bildern in ihrer Wirksamkeit zur Anschauung zu bringen. Aus
dem Umstände, daß er gerade das Feuer zuerst in Angriff nahm, darf man
vielleicht schließen, der Kardinal Federigo Borromeo in Mailand, der Besteller
des einen jener eben erwähnten Bilder, habe ihn an das Fehlen deutlicher Be¬
ziehungen auf das Feuer erinnert, und deshalb habe sich Brueghel zuerst an
eine Darstellung des Feuers gemacht, welche der Erzbischof von Mailand eben¬
falls für sich zu haben wünschte. In einem an ihn gerichteten Briefe vom
26. September 1608 schreibt Brueghel: "In wenigen Tagen werde ich das Bild
mit dem Element des Feuers schicken, in welchem alle Arten von Waffen, Me¬
talle, Gold, Silber und eine Feuerstätte, auch Alchemie und Destillirung zu
sehen sind, alles nach der Natur und mit größtem Fleiße gemalt." Im De¬
zember 1608 schickte er das vollendete Bild nach Mailand, wo es so gefiel,
daß er nicht nur den Auftrag auf die drei andern Elemente erhielt, sondern


Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.

wird schon eine nahe Zukunft es lehren. Jedenfalls ist das Stölzclsche Buch
sehr lehrreich für alle, welche den Beruf haben, an der deutschen Nechtsent-
wicklung mitzuarbeiten.




Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.
von Adolf Rosonberg.

6. Jan Brueghsls Na turstudi er. — Seine Landschaften und Banernszenen.
— Sein Linfluß auf die Malerei seiner Zeit. — Rubens als Landschafts¬
und Genremaler.

ir haben an einigen Beispielen gesehen, daß Jan Brueghel seine
Allegorien der Elemente, der Fruchtbarkeit, des Überflusses ?e.
in einem durchaus realistischen Sinne auffaßte, indem er nämlich
die antiken Gottheiten, wie Ceres, Poseidon, Vulkan, und die
Personifikationen von Begriffen mit Natur- und Kuustprodulten
umgab, welche unter ihrer Obhut stehen. Wir haben auch von zwei Bildern
gesprochen, auf welchen der durch Luft, Wasser und Feuer erzeugte Segen der
Natur an lebenden Wesen, Blumen, Früchten und sonstigen Vegetabilien dar¬
gestellt ist. Brueghels Absicht war, in diesen Gemälden den Einfluß der vier
Elemente auf die schöpferische Kraft der Natur zu verkörpern. Aber das eine
Element, das Feuer, wollte nicht recht in den Rahmen einer einzigen Kompo¬
sition hineinpassen, und deshalb faßte er den Plan, die vier Elemente getrennt auf
vier verschiednen Bildern in ihrer Wirksamkeit zur Anschauung zu bringen. Aus
dem Umstände, daß er gerade das Feuer zuerst in Angriff nahm, darf man
vielleicht schließen, der Kardinal Federigo Borromeo in Mailand, der Besteller
des einen jener eben erwähnten Bilder, habe ihn an das Fehlen deutlicher Be¬
ziehungen auf das Feuer erinnert, und deshalb habe sich Brueghel zuerst an
eine Darstellung des Feuers gemacht, welche der Erzbischof von Mailand eben¬
falls für sich zu haben wünschte. In einem an ihn gerichteten Briefe vom
26. September 1608 schreibt Brueghel: „In wenigen Tagen werde ich das Bild
mit dem Element des Feuers schicken, in welchem alle Arten von Waffen, Me¬
talle, Gold, Silber und eine Feuerstätte, auch Alchemie und Destillirung zu
sehen sind, alles nach der Natur und mit größtem Fleiße gemalt." Im De¬
zember 1608 schickte er das vollendete Bild nach Mailand, wo es so gefiel,
daß er nicht nur den Auftrag auf die drei andern Elemente erhielt, sondern


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[0682] Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei. wird schon eine nahe Zukunft es lehren. Jedenfalls ist das Stölzclsche Buch sehr lehrreich für alle, welche den Beruf haben, an der deutschen Nechtsent- wicklung mitzuarbeiten. Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei. von Adolf Rosonberg. 6. Jan Brueghsls Na turstudi er. — Seine Landschaften und Banernszenen. — Sein Linfluß auf die Malerei seiner Zeit. — Rubens als Landschafts¬ und Genremaler. ir haben an einigen Beispielen gesehen, daß Jan Brueghel seine Allegorien der Elemente, der Fruchtbarkeit, des Überflusses ?e. in einem durchaus realistischen Sinne auffaßte, indem er nämlich die antiken Gottheiten, wie Ceres, Poseidon, Vulkan, und die Personifikationen von Begriffen mit Natur- und Kuustprodulten umgab, welche unter ihrer Obhut stehen. Wir haben auch von zwei Bildern gesprochen, auf welchen der durch Luft, Wasser und Feuer erzeugte Segen der Natur an lebenden Wesen, Blumen, Früchten und sonstigen Vegetabilien dar¬ gestellt ist. Brueghels Absicht war, in diesen Gemälden den Einfluß der vier Elemente auf die schöpferische Kraft der Natur zu verkörpern. Aber das eine Element, das Feuer, wollte nicht recht in den Rahmen einer einzigen Kompo¬ sition hineinpassen, und deshalb faßte er den Plan, die vier Elemente getrennt auf vier verschiednen Bildern in ihrer Wirksamkeit zur Anschauung zu bringen. Aus dem Umstände, daß er gerade das Feuer zuerst in Angriff nahm, darf man vielleicht schließen, der Kardinal Federigo Borromeo in Mailand, der Besteller des einen jener eben erwähnten Bilder, habe ihn an das Fehlen deutlicher Be¬ ziehungen auf das Feuer erinnert, und deshalb habe sich Brueghel zuerst an eine Darstellung des Feuers gemacht, welche der Erzbischof von Mailand eben¬ falls für sich zu haben wünschte. In einem an ihn gerichteten Briefe vom 26. September 1608 schreibt Brueghel: „In wenigen Tagen werde ich das Bild mit dem Element des Feuers schicken, in welchem alle Arten von Waffen, Me¬ talle, Gold, Silber und eine Feuerstätte, auch Alchemie und Destillirung zu sehen sind, alles nach der Natur und mit größtem Fleiße gemalt." Im De¬ zember 1608 schickte er das vollendete Bild nach Mailand, wo es so gefiel, daß er nicht nur den Auftrag auf die drei andern Elemente erhielt, sondern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/682>, abgerufen am 12.11.2024.