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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Literatur.

Flunkerei, Die Herzlichkeit dieser Freundschaft ist ebenso groß, wie die Aufrichtigkeit
der Freude, die Herr C, Beyer -- einem andern bereiten wollte. Zum mindesten
ist jene Freundschaft, deß kann man sicher sein, sehr einseitiger Natur,

Wir haben es für Pflicht gehalten, an diesem Herrn und seiner Reklamekunst ein
Exempel zu statuiren, umsomehr als derselbe einen "Professor" und "Doktor" vor
seinen Namen und eine ganze Litanei von Ordeusdekorationen hinter denselben zu
scheu befugt ist.




Literatur.
Religiöse Weltanschauung. Gedanken eines hochbetaciten Laien über Glauben, Religiv"
und Kirche. Zweite unveränderte Auflage, Karlsruhe und Leipzig, H. Reuther, 1385,

Ein Laie, der so tiefe und auf alle Fragen des Dogmas wie der Ethik ein¬
gehende, Gedanken niederschreibe, um sich seine, das höchste und wichtigste Interesse
berührenden Empfindungen, Auffassungen und Triebfedern selbst recht klar zu
machen und zu einem einheitlichen, in sich selbst folgerichtigen Ganzen zu verbinden,
muß nicht bloß ein hochgebildeter, sondern auch ein edler Mann, er muß eine
reiche, tief angelegte Natur sein. Zugleich aber eine harmonische, zu inueriu Frieden
geläuterte Natur. Denn es weht aus diesen Gedanken eines Hochbetagten in der
That ein Geist starker, fester und doch zugleich ruhiger und milder Überzeugung,
wie wir sie bei einem Greise uns vorhanden zu denken vermögen, der auf ein
Leben voller Arbeit und treuer Pflichterfüllung zurückblickt und sich zu vergegen¬
wärtigen sucht, was ihm im Kampfe, des Lebens immer neue sittliche Kraft, im
Streite widerstrebender Anschauungen eigne feste Ueberzeugung und im Jagen nach
den Gütern des Lebeus das stille Glück innerer Befriedigung gegeben hat.

Solche Aufzeichnungen, so rein persönlich sie auch sind, verdienen doch eine Ver¬
öffentlichung, weil sie bei manchem Leser zu etwas anregen können, wozu nicht
jeder von selbst gelangt und in der Arbeit des Lebeus auch uicht gelangen kau"!
zu einer innern Sammlung, zu einem Anhalte, die eignen Empfindungen, An¬
schauungen und daraus sich ergebenden Folgerungen zu überdenken, zu prüfen und
zu befestigen, und dessen entschiedener sich bewußt zu werden, was ihn als Wahr¬
heit erfaßt und dem Frieden entgegcnzuftthren geeignet ist.

Möchten viele diese Anregung aus der kleinen Schrift schöpfen. Bei ernsteren
Naturen wird sie diese Anregung zu geben geeignet sein, nicht bloß deshalb, weil
es für viele einen Unterschied macht, ob ein Theologe von Fach -- wie manche
denken -- pro äomo spricht oder ob ein Laie redet, eben weil diese Fragen für
jeden denkenden Menschen von höchster Bedeutung sind und ihre Erwägung eine
Notwendigkeit ist, sondern auch um deswillen, weil man aus dem Zuhalte ersehen
kann, wie so manche Dogmen, welche in ihrer streng dogmatischen Formulirung den


erfährt man aus dem mitgeteilten Bruchstück der Novelle, in welchem der Held der Geschichte
seiner Angebeteten geaeniibcr -- für .Herrn C. Beyers Rückerlbwgravhie eine ganz unver¬
schämte Reklame macht. (Bergl. S, 398.)
Literatur.

Flunkerei, Die Herzlichkeit dieser Freundschaft ist ebenso groß, wie die Aufrichtigkeit
der Freude, die Herr C, Beyer — einem andern bereiten wollte. Zum mindesten
ist jene Freundschaft, deß kann man sicher sein, sehr einseitiger Natur,

Wir haben es für Pflicht gehalten, an diesem Herrn und seiner Reklamekunst ein
Exempel zu statuiren, umsomehr als derselbe einen „Professor" und „Doktor" vor
seinen Namen und eine ganze Litanei von Ordeusdekorationen hinter denselben zu
scheu befugt ist.




Literatur.
Religiöse Weltanschauung. Gedanken eines hochbetaciten Laien über Glauben, Religiv»
und Kirche. Zweite unveränderte Auflage, Karlsruhe und Leipzig, H. Reuther, 1385,

Ein Laie, der so tiefe und auf alle Fragen des Dogmas wie der Ethik ein¬
gehende, Gedanken niederschreibe, um sich seine, das höchste und wichtigste Interesse
berührenden Empfindungen, Auffassungen und Triebfedern selbst recht klar zu
machen und zu einem einheitlichen, in sich selbst folgerichtigen Ganzen zu verbinden,
muß nicht bloß ein hochgebildeter, sondern auch ein edler Mann, er muß eine
reiche, tief angelegte Natur sein. Zugleich aber eine harmonische, zu inueriu Frieden
geläuterte Natur. Denn es weht aus diesen Gedanken eines Hochbetagten in der
That ein Geist starker, fester und doch zugleich ruhiger und milder Überzeugung,
wie wir sie bei einem Greise uns vorhanden zu denken vermögen, der auf ein
Leben voller Arbeit und treuer Pflichterfüllung zurückblickt und sich zu vergegen¬
wärtigen sucht, was ihm im Kampfe, des Lebens immer neue sittliche Kraft, im
Streite widerstrebender Anschauungen eigne feste Ueberzeugung und im Jagen nach
den Gütern des Lebeus das stille Glück innerer Befriedigung gegeben hat.

Solche Aufzeichnungen, so rein persönlich sie auch sind, verdienen doch eine Ver¬
öffentlichung, weil sie bei manchem Leser zu etwas anregen können, wozu nicht
jeder von selbst gelangt und in der Arbeit des Lebeus auch uicht gelangen kau«!
zu einer innern Sammlung, zu einem Anhalte, die eignen Empfindungen, An¬
schauungen und daraus sich ergebenden Folgerungen zu überdenken, zu prüfen und
zu befestigen, und dessen entschiedener sich bewußt zu werden, was ihn als Wahr¬
heit erfaßt und dem Frieden entgegcnzuftthren geeignet ist.

Möchten viele diese Anregung aus der kleinen Schrift schöpfen. Bei ernsteren
Naturen wird sie diese Anregung zu geben geeignet sein, nicht bloß deshalb, weil
es für viele einen Unterschied macht, ob ein Theologe von Fach — wie manche
denken — pro äomo spricht oder ob ein Laie redet, eben weil diese Fragen für
jeden denkenden Menschen von höchster Bedeutung sind und ihre Erwägung eine
Notwendigkeit ist, sondern auch um deswillen, weil man aus dem Zuhalte ersehen
kann, wie so manche Dogmen, welche in ihrer streng dogmatischen Formulirung den


erfährt man aus dem mitgeteilten Bruchstück der Novelle, in welchem der Held der Geschichte
seiner Angebeteten geaeniibcr — für .Herrn C. Beyers Rückerlbwgravhie eine ganz unver¬
schämte Reklame macht. (Bergl. S, 398.)
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[0603] Literatur. Flunkerei, Die Herzlichkeit dieser Freundschaft ist ebenso groß, wie die Aufrichtigkeit der Freude, die Herr C, Beyer — einem andern bereiten wollte. Zum mindesten ist jene Freundschaft, deß kann man sicher sein, sehr einseitiger Natur, Wir haben es für Pflicht gehalten, an diesem Herrn und seiner Reklamekunst ein Exempel zu statuiren, umsomehr als derselbe einen „Professor" und „Doktor" vor seinen Namen und eine ganze Litanei von Ordeusdekorationen hinter denselben zu scheu befugt ist. Literatur. Religiöse Weltanschauung. Gedanken eines hochbetaciten Laien über Glauben, Religiv» und Kirche. Zweite unveränderte Auflage, Karlsruhe und Leipzig, H. Reuther, 1385, Ein Laie, der so tiefe und auf alle Fragen des Dogmas wie der Ethik ein¬ gehende, Gedanken niederschreibe, um sich seine, das höchste und wichtigste Interesse berührenden Empfindungen, Auffassungen und Triebfedern selbst recht klar zu machen und zu einem einheitlichen, in sich selbst folgerichtigen Ganzen zu verbinden, muß nicht bloß ein hochgebildeter, sondern auch ein edler Mann, er muß eine reiche, tief angelegte Natur sein. Zugleich aber eine harmonische, zu inueriu Frieden geläuterte Natur. Denn es weht aus diesen Gedanken eines Hochbetagten in der That ein Geist starker, fester und doch zugleich ruhiger und milder Überzeugung, wie wir sie bei einem Greise uns vorhanden zu denken vermögen, der auf ein Leben voller Arbeit und treuer Pflichterfüllung zurückblickt und sich zu vergegen¬ wärtigen sucht, was ihm im Kampfe, des Lebens immer neue sittliche Kraft, im Streite widerstrebender Anschauungen eigne feste Ueberzeugung und im Jagen nach den Gütern des Lebeus das stille Glück innerer Befriedigung gegeben hat. Solche Aufzeichnungen, so rein persönlich sie auch sind, verdienen doch eine Ver¬ öffentlichung, weil sie bei manchem Leser zu etwas anregen können, wozu nicht jeder von selbst gelangt und in der Arbeit des Lebeus auch uicht gelangen kau«! zu einer innern Sammlung, zu einem Anhalte, die eignen Empfindungen, An¬ schauungen und daraus sich ergebenden Folgerungen zu überdenken, zu prüfen und zu befestigen, und dessen entschiedener sich bewußt zu werden, was ihn als Wahr¬ heit erfaßt und dem Frieden entgegcnzuftthren geeignet ist. Möchten viele diese Anregung aus der kleinen Schrift schöpfen. Bei ernsteren Naturen wird sie diese Anregung zu geben geeignet sein, nicht bloß deshalb, weil es für viele einen Unterschied macht, ob ein Theologe von Fach — wie manche denken — pro äomo spricht oder ob ein Laie redet, eben weil diese Fragen für jeden denkenden Menschen von höchster Bedeutung sind und ihre Erwägung eine Notwendigkeit ist, sondern auch um deswillen, weil man aus dem Zuhalte ersehen kann, wie so manche Dogmen, welche in ihrer streng dogmatischen Formulirung den erfährt man aus dem mitgeteilten Bruchstück der Novelle, in welchem der Held der Geschichte seiner Angebeteten geaeniibcr — für .Herrn C. Beyers Rückerlbwgravhie eine ganz unver¬ schämte Reklame macht. (Bergl. S, 398.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/603>, abgerufen am 12.11.2024.