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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Um eine perle.
Roman von Robert Waldmüller (Ed. Duboc). (Fortsetzung.)
Sechstes Kapitel.

t^-L^^ßeilige Schritte von dem Albergo Sanmichele harrte Beppo seines
Herrn. Es war in den Straßen schon ziemlich finster ge-
worden, aber der von dem Padnaner für seinen Herrn in Be¬
reitschaft gehaltene Mantel kam dem von seinem unverhofften
Erfolge aufgeregten Verliebten doch zupaß, denn die wenigen
seiner ansichtig gewordenen hatten schon Miene gemacht, als erkennten sie in
seiner Vermummung den tollen Giuseppe Gonzaga, obgleich sein roter Voll¬
bart tüchtig gestutzt worden war.

Jetzt nimm deine Goldfüchse in Gottes Namen mit nach Hanse und meinet¬
wegen mit ins Bett, sagte Giuseppe zu Ephraim, indem er den Koffer mit den
Schmucksachen auf das Pflaster stellte, um sich mit Beppo von dannen zu be¬
geben; wenn ich morgen das Leben habe, bezahle ich dir noch einen Ring, den
ich dem Fräulein verehrte. Wo nicht, so laß dir an deinem heutigen Fisch¬
zuge genügen. Einen ganzen Monat voll solcher Geschäftstage, und du kannst
der Republik Venedig den Löwen des heiligen Markus ablaufe".

Und wer trägt mir den Koffer heim, Eure Herrlichkeit? fragte Ephraim,
der mit seiner Perlenkassctte unterm Ann und mit der Dukatenlast in seinen
beiden Hosentaschen gerade schon hinreichend beladen war.

Das ist deine Sache, Jude! lachte Giuseppe.

Beppo erbot sich, den Alten heimzugeleiteu. aber Ephraim setzte sich pro-
testirend auf seinen Lederkoffer. Macht, daß ihr mir beide ans den Augen
kommt! eiferte er; einer ist noch schlimmer als der andre.

Mich jammert der alte Mann, sagte Beppo, dessen lallende Zunge übrigens
schon wieder die Ansicht seines Herrn, daß Beppo nur vormittags zu brauchen


Kvcnzbott',1 I. 1L85, 78


Um eine perle.
Roman von Robert Waldmüller (Ed. Duboc). (Fortsetzung.)
Sechstes Kapitel.

t^-L^^ßeilige Schritte von dem Albergo Sanmichele harrte Beppo seines
Herrn. Es war in den Straßen schon ziemlich finster ge-
worden, aber der von dem Padnaner für seinen Herrn in Be¬
reitschaft gehaltene Mantel kam dem von seinem unverhofften
Erfolge aufgeregten Verliebten doch zupaß, denn die wenigen
seiner ansichtig gewordenen hatten schon Miene gemacht, als erkennten sie in
seiner Vermummung den tollen Giuseppe Gonzaga, obgleich sein roter Voll¬
bart tüchtig gestutzt worden war.

Jetzt nimm deine Goldfüchse in Gottes Namen mit nach Hanse und meinet¬
wegen mit ins Bett, sagte Giuseppe zu Ephraim, indem er den Koffer mit den
Schmucksachen auf das Pflaster stellte, um sich mit Beppo von dannen zu be¬
geben; wenn ich morgen das Leben habe, bezahle ich dir noch einen Ring, den
ich dem Fräulein verehrte. Wo nicht, so laß dir an deinem heutigen Fisch¬
zuge genügen. Einen ganzen Monat voll solcher Geschäftstage, und du kannst
der Republik Venedig den Löwen des heiligen Markus ablaufe».

Und wer trägt mir den Koffer heim, Eure Herrlichkeit? fragte Ephraim,
der mit seiner Perlenkassctte unterm Ann und mit der Dukatenlast in seinen
beiden Hosentaschen gerade schon hinreichend beladen war.

Das ist deine Sache, Jude! lachte Giuseppe.

Beppo erbot sich, den Alten heimzugeleiteu. aber Ephraim setzte sich pro-
testirend auf seinen Lederkoffer. Macht, daß ihr mir beide ans den Augen
kommt! eiferte er; einer ist noch schlimmer als der andre.

Mich jammert der alte Mann, sagte Beppo, dessen lallende Zunge übrigens
schon wieder die Ansicht seines Herrn, daß Beppo nur vormittags zu brauchen


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[0589] [Abbildung] Um eine perle. Roman von Robert Waldmüller (Ed. Duboc). (Fortsetzung.) Sechstes Kapitel. t^-L^^ßeilige Schritte von dem Albergo Sanmichele harrte Beppo seines Herrn. Es war in den Straßen schon ziemlich finster ge- worden, aber der von dem Padnaner für seinen Herrn in Be¬ reitschaft gehaltene Mantel kam dem von seinem unverhofften Erfolge aufgeregten Verliebten doch zupaß, denn die wenigen seiner ansichtig gewordenen hatten schon Miene gemacht, als erkennten sie in seiner Vermummung den tollen Giuseppe Gonzaga, obgleich sein roter Voll¬ bart tüchtig gestutzt worden war. Jetzt nimm deine Goldfüchse in Gottes Namen mit nach Hanse und meinet¬ wegen mit ins Bett, sagte Giuseppe zu Ephraim, indem er den Koffer mit den Schmucksachen auf das Pflaster stellte, um sich mit Beppo von dannen zu be¬ geben; wenn ich morgen das Leben habe, bezahle ich dir noch einen Ring, den ich dem Fräulein verehrte. Wo nicht, so laß dir an deinem heutigen Fisch¬ zuge genügen. Einen ganzen Monat voll solcher Geschäftstage, und du kannst der Republik Venedig den Löwen des heiligen Markus ablaufe». Und wer trägt mir den Koffer heim, Eure Herrlichkeit? fragte Ephraim, der mit seiner Perlenkassctte unterm Ann und mit der Dukatenlast in seinen beiden Hosentaschen gerade schon hinreichend beladen war. Das ist deine Sache, Jude! lachte Giuseppe. Beppo erbot sich, den Alten heimzugeleiteu. aber Ephraim setzte sich pro- testirend auf seinen Lederkoffer. Macht, daß ihr mir beide ans den Augen kommt! eiferte er; einer ist noch schlimmer als der andre. Mich jammert der alte Mann, sagte Beppo, dessen lallende Zunge übrigens schon wieder die Ansicht seines Herrn, daß Beppo nur vormittags zu brauchen Kvcnzbott',1 I. 1L85, 78

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/589>, abgerufen am 12.11.2024.