Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

essirt und sind auch zum erstenmale in größern Massen als geschlossene deutsche
Wählerschaften in die Kampagne eingetreten. Hätte Blaine gesiegt, so wäre
das für unser Volkstum, hier eine Niederlage gewesen; so wie es gekommen,
ist es jedenfalls besser. Ein großer Anteil hieran gebührt Karl Schurz, dem
bekanntesten Vertreter der hiesigen Deutschen in politischer Beziehung. Er war
bereits einmal Münster des Jnnern und hat sich als solcher große, wenn auch
nicht anerkannte Verdienste um das Land erworben durch Opposition gegen
das wahnsinnige Ausrauben der Wälder an den obern Flußläufen; übrigens
ist er nach amerikanischen Begriffen arm, was mehr sagt als ganze Bücher.

Schurz warf, obwohl selbst Republikaner, sein ganzes Gewicht gegen Blaine
in die Wagschale, weil ihm die Aufstellung dieses Mannes das Maß des Er¬
träglichen überschritt. Er bereiste kurz vor der Wahl den Westen und hielt in
den großen Zentren des Deutschtums, in Cleveland, Chicago, Cincinnati,
Se. Louis, zuletzt auch in Newyork fulminante Reden, durch die ganz gewiß
viele Hunderttausende beeinflußt worden sind. Die gegnerischen Stimmen klagen
denn auch darüber, daß die igncirg,ut olg-Sö cet iinniig'rg,ut,8 diesmal bei der Wahl
so verderblich eingewirkt habe. Die eingewanderten Deutschen besonders gelten
in den Angen des Vollblut-Amerikaners für sehr i^norant,. Ob der llonsst
^in-niiz.Q, wie er hier vielfach genannt wird, sich übrigens an und für sich so
sehr gegen Blaine erbittert hätte, ist noch die Frage. Er sorgt, wie früher
daheim, so auch hier an: liebsten für sich selbst und fragt nicht uach dem
Ganzen. So war es denn vielleicht ein Glück, daß Blaine zugleich auch stark
teinverenzlichc Gelüste zur Schau trug, worauf sich ein Schrei sittlicher Ent¬
rüstung den vereinten Kehlen unsrer Landsleute entrang. Denn Bier und Blut
sind doch eigne Säfte; besonders aber Bier.


R. H.


Zur Revision manchesterlicher Lehren.
3.

lief, was die menschliche Thätigkeit von Werten und Güter"
erzeugt, wird 1. entweder zur Konsumtion verwendet, zur Er¬
nährung, Kleidung, Wohnung und zu andern Bedürfnissen, wie sie
die mehr oder weniger entwickelte Kulturstufe des Einzelnen und
der Gesamtheit des Volkes erzeugt, wie die häusliche Einrichtung,
Besoldung von Dienerschaft, Pferde u. s. w. Was an erzeugten Werte" müßig


essirt und sind auch zum erstenmale in größern Massen als geschlossene deutsche
Wählerschaften in die Kampagne eingetreten. Hätte Blaine gesiegt, so wäre
das für unser Volkstum, hier eine Niederlage gewesen; so wie es gekommen,
ist es jedenfalls besser. Ein großer Anteil hieran gebührt Karl Schurz, dem
bekanntesten Vertreter der hiesigen Deutschen in politischer Beziehung. Er war
bereits einmal Münster des Jnnern und hat sich als solcher große, wenn auch
nicht anerkannte Verdienste um das Land erworben durch Opposition gegen
das wahnsinnige Ausrauben der Wälder an den obern Flußläufen; übrigens
ist er nach amerikanischen Begriffen arm, was mehr sagt als ganze Bücher.

Schurz warf, obwohl selbst Republikaner, sein ganzes Gewicht gegen Blaine
in die Wagschale, weil ihm die Aufstellung dieses Mannes das Maß des Er¬
träglichen überschritt. Er bereiste kurz vor der Wahl den Westen und hielt in
den großen Zentren des Deutschtums, in Cleveland, Chicago, Cincinnati,
Se. Louis, zuletzt auch in Newyork fulminante Reden, durch die ganz gewiß
viele Hunderttausende beeinflußt worden sind. Die gegnerischen Stimmen klagen
denn auch darüber, daß die igncirg,ut olg-Sö cet iinniig'rg,ut,8 diesmal bei der Wahl
so verderblich eingewirkt habe. Die eingewanderten Deutschen besonders gelten
in den Angen des Vollblut-Amerikaners für sehr i^norant,. Ob der llonsst
^in-niiz.Q, wie er hier vielfach genannt wird, sich übrigens an und für sich so
sehr gegen Blaine erbittert hätte, ist noch die Frage. Er sorgt, wie früher
daheim, so auch hier an: liebsten für sich selbst und fragt nicht uach dem
Ganzen. So war es denn vielleicht ein Glück, daß Blaine zugleich auch stark
teinverenzlichc Gelüste zur Schau trug, worauf sich ein Schrei sittlicher Ent¬
rüstung den vereinten Kehlen unsrer Landsleute entrang. Denn Bier und Blut
sind doch eigne Säfte; besonders aber Bier.


R. H.


Zur Revision manchesterlicher Lehren.
3.

lief, was die menschliche Thätigkeit von Werten und Güter»
erzeugt, wird 1. entweder zur Konsumtion verwendet, zur Er¬
nährung, Kleidung, Wohnung und zu andern Bedürfnissen, wie sie
die mehr oder weniger entwickelte Kulturstufe des Einzelnen und
der Gesamtheit des Volkes erzeugt, wie die häusliche Einrichtung,
Besoldung von Dienerschaft, Pferde u. s. w. Was an erzeugten Werte» müßig


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0451" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195127"/>
          <p xml:id="ID_1646" prev="#ID_1645"> essirt und sind auch zum erstenmale in größern Massen als geschlossene deutsche<lb/>
Wählerschaften in die Kampagne eingetreten. Hätte Blaine gesiegt, so wäre<lb/>
das für unser Volkstum, hier eine Niederlage gewesen; so wie es gekommen,<lb/>
ist es jedenfalls besser. Ein großer Anteil hieran gebührt Karl Schurz, dem<lb/>
bekanntesten Vertreter der hiesigen Deutschen in politischer Beziehung. Er war<lb/>
bereits einmal Münster des Jnnern und hat sich als solcher große, wenn auch<lb/>
nicht anerkannte Verdienste um das Land erworben durch Opposition gegen<lb/>
das wahnsinnige Ausrauben der Wälder an den obern Flußläufen; übrigens<lb/>
ist er nach amerikanischen Begriffen arm, was mehr sagt als ganze Bücher.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1647"> Schurz warf, obwohl selbst Republikaner, sein ganzes Gewicht gegen Blaine<lb/>
in die Wagschale, weil ihm die Aufstellung dieses Mannes das Maß des Er¬<lb/>
träglichen überschritt. Er bereiste kurz vor der Wahl den Westen und hielt in<lb/>
den großen Zentren des Deutschtums, in Cleveland, Chicago, Cincinnati,<lb/>
Se. Louis, zuletzt auch in Newyork fulminante Reden, durch die ganz gewiß<lb/>
viele Hunderttausende beeinflußt worden sind. Die gegnerischen Stimmen klagen<lb/>
denn auch darüber, daß die igncirg,ut olg-Sö cet iinniig'rg,ut,8 diesmal bei der Wahl<lb/>
so verderblich eingewirkt habe. Die eingewanderten Deutschen besonders gelten<lb/>
in den Angen des Vollblut-Amerikaners für sehr i^norant,. Ob der llonsst<lb/>
^in-niiz.Q, wie er hier vielfach genannt wird, sich übrigens an und für sich so<lb/>
sehr gegen Blaine erbittert hätte, ist noch die Frage. Er sorgt, wie früher<lb/>
daheim, so auch hier an: liebsten für sich selbst und fragt nicht uach dem<lb/>
Ganzen. So war es denn vielleicht ein Glück, daß Blaine zugleich auch stark<lb/>
teinverenzlichc Gelüste zur Schau trug, worauf sich ein Schrei sittlicher Ent¬<lb/>
rüstung den vereinten Kehlen unsrer Landsleute entrang. Denn Bier und Blut<lb/>
sind doch eigne Säfte; besonders aber Bier.</p><lb/>
          <note type="byline"> R. H.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zur Revision manchesterlicher Lehren.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> 3.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1648" next="#ID_1649"> lief, was die menschliche Thätigkeit von Werten und Güter»<lb/>
erzeugt, wird 1. entweder zur Konsumtion verwendet, zur Er¬<lb/>
nährung, Kleidung, Wohnung und zu andern Bedürfnissen, wie sie<lb/>
die mehr oder weniger entwickelte Kulturstufe des Einzelnen und<lb/>
der Gesamtheit des Volkes erzeugt, wie die häusliche Einrichtung,<lb/>
Besoldung von Dienerschaft, Pferde u. s. w. Was an erzeugten Werte» müßig</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0451] essirt und sind auch zum erstenmale in größern Massen als geschlossene deutsche Wählerschaften in die Kampagne eingetreten. Hätte Blaine gesiegt, so wäre das für unser Volkstum, hier eine Niederlage gewesen; so wie es gekommen, ist es jedenfalls besser. Ein großer Anteil hieran gebührt Karl Schurz, dem bekanntesten Vertreter der hiesigen Deutschen in politischer Beziehung. Er war bereits einmal Münster des Jnnern und hat sich als solcher große, wenn auch nicht anerkannte Verdienste um das Land erworben durch Opposition gegen das wahnsinnige Ausrauben der Wälder an den obern Flußläufen; übrigens ist er nach amerikanischen Begriffen arm, was mehr sagt als ganze Bücher. Schurz warf, obwohl selbst Republikaner, sein ganzes Gewicht gegen Blaine in die Wagschale, weil ihm die Aufstellung dieses Mannes das Maß des Er¬ träglichen überschritt. Er bereiste kurz vor der Wahl den Westen und hielt in den großen Zentren des Deutschtums, in Cleveland, Chicago, Cincinnati, Se. Louis, zuletzt auch in Newyork fulminante Reden, durch die ganz gewiß viele Hunderttausende beeinflußt worden sind. Die gegnerischen Stimmen klagen denn auch darüber, daß die igncirg,ut olg-Sö cet iinniig'rg,ut,8 diesmal bei der Wahl so verderblich eingewirkt habe. Die eingewanderten Deutschen besonders gelten in den Angen des Vollblut-Amerikaners für sehr i^norant,. Ob der llonsst ^in-niiz.Q, wie er hier vielfach genannt wird, sich übrigens an und für sich so sehr gegen Blaine erbittert hätte, ist noch die Frage. Er sorgt, wie früher daheim, so auch hier an: liebsten für sich selbst und fragt nicht uach dem Ganzen. So war es denn vielleicht ein Glück, daß Blaine zugleich auch stark teinverenzlichc Gelüste zur Schau trug, worauf sich ein Schrei sittlicher Ent¬ rüstung den vereinten Kehlen unsrer Landsleute entrang. Denn Bier und Blut sind doch eigne Säfte; besonders aber Bier. R. H. Zur Revision manchesterlicher Lehren. 3. lief, was die menschliche Thätigkeit von Werten und Güter» erzeugt, wird 1. entweder zur Konsumtion verwendet, zur Er¬ nährung, Kleidung, Wohnung und zu andern Bedürfnissen, wie sie die mehr oder weniger entwickelte Kulturstufe des Einzelnen und der Gesamtheit des Volkes erzeugt, wie die häusliche Einrichtung, Besoldung von Dienerschaft, Pferde u. s. w. Was an erzeugten Werte» müßig

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/451
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/451>, abgerufen am 12.11.2024.