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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Zwei Briefe Tassalles.

fugung, welche nach Erhebung des Widerspruches nur noch die Natur einer An¬
klageschrift hat, vertreten oder von der Verfolgung der Übertretung absehen,
ob er in der Hauptverhandlung, auch ohne daß neues vorgebracht wird, Ver¬
urteilung oder Freisprechung beantragen, ob er die Berufung gegen ein frei¬
sprechendes Urteil ausführen will oder nicht, Nun ist ja doch nicht gesagt,
daß die Polizeibehörde in allen Fällen einer Meinungsverschiedenheit sich im
Unrecht befinden muß, sie hat vielleicht auch einmal Recht, mindestens aber
kann die Sache doch zweifelhaft sein. Die Polizei hat ebensowenig wie die
Staatsanwaltschaft die Absicht, widerrechtliche Bestrafungen herbeizuführen, sie
Prüft die von ihr zu erlassenden Verfügungen und zu stellenden Anträge wie
jede andre Behörde nach bestem Gewissen auf deren Gesetzlichkeit, und da sollte
doch die Staatsanwaltschaft die Verpflichtung haben, dem Ersuchen der Polizei¬
behörden auf Erhebung oder Vertretung einer Anklage, auf Anzeige einer Be¬
rufung u, s, w. Folge zu geben, wie ja auch sonst alle ersuchten Behörden das
Ersuchen andrer Behörden unweigerlich auszuführen haben. Bei eintretenden
Meinungsverschiedenheiten kann sie ja, natürlich unter Wandrung aller Fristen
(Verjährung, Nechtsmittelfristen ?e.), ihre Bedenken äußern, eine Korrespondenz
zwischen beiden Behörden wird sicherlich ein gedeihliches Ergebnis herbeiführen,
und sei es nur dahin, daß man eine zweifelhafte Frage beiderseits ohne Vor¬
urteil dem, richterlichen Ermessen unterbreiten wolle. (Schluß folgt.)




Zwei Briefe Lassalles.

wei Briefe Lassalles, die er nicht lange vor seinein Tode an
V. A Huber geschrieben hat, sind seither nur mit Auslassungen
veröffentlicht worden.*) Dennoch haben sie als Denkmale der
reichen, wenn auch arg mißbrauchten Geisteskraft ihres Schreibers
und einer bei ihm nicht erwarteten Schmiegsamkeit und -- wenn
man will -- Liebenswürdigkeit Aufsehen erregt, wie denn noch jüngst ein diesen
Briefen entnommener Ausspruch Lassalles das Motiv zu einer vielverbreiteten
Broschüre von Ludwig Hahn "Das soziale Königtum" hat bilden können. Einem
mehrfach ausgesprochenen Wunsche gemäß, der auch in der Öffentlichkeit seinen
Ausdruck gefunden hat, lassen wir die beiden Briefe hier vollständig folgen.

Zur Erläuterung wollen wir nur kurz an die Umstände erinnern, welche
sie hervorgerufen haben. V. A. Huber hatte feit der Mitte der vierziger Jahre



*) Viktor Ain v Hub er. Sem Werden und Wirten von Rudolf ElVers. Bremen
1"73 und 1874. sit, S. 854.)
Zwei Briefe Tassalles.

fugung, welche nach Erhebung des Widerspruches nur noch die Natur einer An¬
klageschrift hat, vertreten oder von der Verfolgung der Übertretung absehen,
ob er in der Hauptverhandlung, auch ohne daß neues vorgebracht wird, Ver¬
urteilung oder Freisprechung beantragen, ob er die Berufung gegen ein frei¬
sprechendes Urteil ausführen will oder nicht, Nun ist ja doch nicht gesagt,
daß die Polizeibehörde in allen Fällen einer Meinungsverschiedenheit sich im
Unrecht befinden muß, sie hat vielleicht auch einmal Recht, mindestens aber
kann die Sache doch zweifelhaft sein. Die Polizei hat ebensowenig wie die
Staatsanwaltschaft die Absicht, widerrechtliche Bestrafungen herbeizuführen, sie
Prüft die von ihr zu erlassenden Verfügungen und zu stellenden Anträge wie
jede andre Behörde nach bestem Gewissen auf deren Gesetzlichkeit, und da sollte
doch die Staatsanwaltschaft die Verpflichtung haben, dem Ersuchen der Polizei¬
behörden auf Erhebung oder Vertretung einer Anklage, auf Anzeige einer Be¬
rufung u, s, w. Folge zu geben, wie ja auch sonst alle ersuchten Behörden das
Ersuchen andrer Behörden unweigerlich auszuführen haben. Bei eintretenden
Meinungsverschiedenheiten kann sie ja, natürlich unter Wandrung aller Fristen
(Verjährung, Nechtsmittelfristen ?e.), ihre Bedenken äußern, eine Korrespondenz
zwischen beiden Behörden wird sicherlich ein gedeihliches Ergebnis herbeiführen,
und sei es nur dahin, daß man eine zweifelhafte Frage beiderseits ohne Vor¬
urteil dem, richterlichen Ermessen unterbreiten wolle. (Schluß folgt.)




Zwei Briefe Lassalles.

wei Briefe Lassalles, die er nicht lange vor seinein Tode an
V. A Huber geschrieben hat, sind seither nur mit Auslassungen
veröffentlicht worden.*) Dennoch haben sie als Denkmale der
reichen, wenn auch arg mißbrauchten Geisteskraft ihres Schreibers
und einer bei ihm nicht erwarteten Schmiegsamkeit und — wenn
man will — Liebenswürdigkeit Aufsehen erregt, wie denn noch jüngst ein diesen
Briefen entnommener Ausspruch Lassalles das Motiv zu einer vielverbreiteten
Broschüre von Ludwig Hahn „Das soziale Königtum" hat bilden können. Einem
mehrfach ausgesprochenen Wunsche gemäß, der auch in der Öffentlichkeit seinen
Ausdruck gefunden hat, lassen wir die beiden Briefe hier vollständig folgen.

Zur Erläuterung wollen wir nur kurz an die Umstände erinnern, welche
sie hervorgerufen haben. V. A. Huber hatte feit der Mitte der vierziger Jahre



*) Viktor Ain v Hub er. Sem Werden und Wirten von Rudolf ElVers. Bremen
1«73 und 1874. sit, S. 854.)
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[0347] Zwei Briefe Tassalles. fugung, welche nach Erhebung des Widerspruches nur noch die Natur einer An¬ klageschrift hat, vertreten oder von der Verfolgung der Übertretung absehen, ob er in der Hauptverhandlung, auch ohne daß neues vorgebracht wird, Ver¬ urteilung oder Freisprechung beantragen, ob er die Berufung gegen ein frei¬ sprechendes Urteil ausführen will oder nicht, Nun ist ja doch nicht gesagt, daß die Polizeibehörde in allen Fällen einer Meinungsverschiedenheit sich im Unrecht befinden muß, sie hat vielleicht auch einmal Recht, mindestens aber kann die Sache doch zweifelhaft sein. Die Polizei hat ebensowenig wie die Staatsanwaltschaft die Absicht, widerrechtliche Bestrafungen herbeizuführen, sie Prüft die von ihr zu erlassenden Verfügungen und zu stellenden Anträge wie jede andre Behörde nach bestem Gewissen auf deren Gesetzlichkeit, und da sollte doch die Staatsanwaltschaft die Verpflichtung haben, dem Ersuchen der Polizei¬ behörden auf Erhebung oder Vertretung einer Anklage, auf Anzeige einer Be¬ rufung u, s, w. Folge zu geben, wie ja auch sonst alle ersuchten Behörden das Ersuchen andrer Behörden unweigerlich auszuführen haben. Bei eintretenden Meinungsverschiedenheiten kann sie ja, natürlich unter Wandrung aller Fristen (Verjährung, Nechtsmittelfristen ?e.), ihre Bedenken äußern, eine Korrespondenz zwischen beiden Behörden wird sicherlich ein gedeihliches Ergebnis herbeiführen, und sei es nur dahin, daß man eine zweifelhafte Frage beiderseits ohne Vor¬ urteil dem, richterlichen Ermessen unterbreiten wolle. (Schluß folgt.) Zwei Briefe Lassalles. wei Briefe Lassalles, die er nicht lange vor seinein Tode an V. A Huber geschrieben hat, sind seither nur mit Auslassungen veröffentlicht worden.*) Dennoch haben sie als Denkmale der reichen, wenn auch arg mißbrauchten Geisteskraft ihres Schreibers und einer bei ihm nicht erwarteten Schmiegsamkeit und — wenn man will — Liebenswürdigkeit Aufsehen erregt, wie denn noch jüngst ein diesen Briefen entnommener Ausspruch Lassalles das Motiv zu einer vielverbreiteten Broschüre von Ludwig Hahn „Das soziale Königtum" hat bilden können. Einem mehrfach ausgesprochenen Wunsche gemäß, der auch in der Öffentlichkeit seinen Ausdruck gefunden hat, lassen wir die beiden Briefe hier vollständig folgen. Zur Erläuterung wollen wir nur kurz an die Umstände erinnern, welche sie hervorgerufen haben. V. A. Huber hatte feit der Mitte der vierziger Jahre *) Viktor Ain v Hub er. Sem Werden und Wirten von Rudolf ElVers. Bremen 1«73 und 1874. sit, S. 854.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/347>, abgerufen am 12.11.2024.