Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.England und Rußland in Asien. Wegen der nicht gegen die kaiserliche Familie gerichteten Vergehen dehnbar sei Man sollte meinen, die täglich sich mehrenden Unthaten der Anarchisten, England und Rußland in Asien. eilten wir auch gegenwärtig, wenn wir an England und sein über¬ England und Rußland in Asien. Wegen der nicht gegen die kaiserliche Familie gerichteten Vergehen dehnbar sei Man sollte meinen, die täglich sich mehrenden Unthaten der Anarchisten, England und Rußland in Asien. eilten wir auch gegenwärtig, wenn wir an England und sein über¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0279" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194955"/> <fw type="header" place="top"> England und Rußland in Asien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1007" prev="#ID_1006"> Wegen der nicht gegen die kaiserliche Familie gerichteten Vergehen dehnbar sei<lb/> und es vollständig dem Ermessen der Regierung überlasse, wegen irgend eines<lb/> Vergehens dem Auslieferungsbegehren stattzugeben; auch sei die Möglichkeit<lb/> gegeben, daß jemand z. B. wegen Beleidigung eines Mitgliedes der kaiserlichen<lb/> Familie angeschuldigt und deshalb ausgeliefert werde, während in Wirklichkeit<lb/> man seiner aus ganz andern Gründen habhaft werden wolle.</p><lb/> <p xml:id="ID_1008"> Man sollte meinen, die täglich sich mehrenden Unthaten der Anarchisten,<lb/> ihr die ganze bürgerliche Gesellschaft mit Tod und Vernichtung bedrohendes<lb/> System des Meuchelmordes, die uns selbst so nahe berührenden Schandthaten<lb/> auf dem Niederwalde und neuestens in Frankfurt, die von Tag zu Tag wach¬<lb/> sende Frechheit dieser Mörderhände konnten auch einem „liberalen" Politiker<lb/> genügen, um seine Bedenken hinsichtlich eines etwaigen Mißbrauches des ange¬<lb/> führten Auslieferungsvertrages gegenüber der Notwendigkeit von Schutzmaßregeln<lb/> zu gunsten des Staates und der Gesellschaft fallen zu lasten. Zur Ausdehnung<lb/> des preußisch-russischen Vertrages auf das deutsche Reich ist die Zustimmung<lb/> des Reichstages erforderlich. Hoffen wir, daß der Majorität die notwendige<lb/> Erleuchtung nicht fehlen werde.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> England und Rußland in Asien.</head><lb/> <p xml:id="ID_1009" next="#ID_1010"> eilten wir auch gegenwärtig, wenn wir an England und sein über¬<lb/> seeisches Weltreich denken, unsre Aufmerksamkeit vorzüglich nach<lb/> dem südlichen Afrika und nach den Inselgruppen des Stillen<lb/> Ozeans, so dürfen wir doch niemals die Hauptfrage ganz aus den<lb/> Augen verlieren, deren Gegenstände in Asien liegen und deren<lb/> brennender oder, wie wir richtiger sagen werden, glimmender Punkt jetzt im<lb/> Zentrum dieses Weltteils zu suchen ist. Vorläufig bedeckt ihn der Schnee der<lb/> Steppen und Wüsten am Murgab und Ann Darga, aber mit dein Frühjahr,<lb/> wo der Schnee thaut, wird auch die Frage wieder aufthauen und sofort wieder<lb/> Fluß kommen: zunächst, wo die Grenze zwischen der englischen und der russi¬<lb/> schen Machtsphäre in Mittelasien zu ziehen sei, dann, wie bald der oft ge¬<lb/> leugnete, immer fortgesetzte Marsch der Russen nach Astghanistcm, dem Vorlande<lb/> Britisch-Indiens, weiter gehen und ein deutlicher erkennbarer Schritt nach<lb/> dem Gebiete hin gethan werden wird, in welchem die moskowitische Weltmacht<lb/> endlich nicht mehr schleichend, sondern in direktem Sprunge mit der britischen<lb/> zusammentreffen muß. Die Sache liegt uns nur scheinbar fern; seit Deutsch-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0279]
England und Rußland in Asien.
Wegen der nicht gegen die kaiserliche Familie gerichteten Vergehen dehnbar sei
und es vollständig dem Ermessen der Regierung überlasse, wegen irgend eines
Vergehens dem Auslieferungsbegehren stattzugeben; auch sei die Möglichkeit
gegeben, daß jemand z. B. wegen Beleidigung eines Mitgliedes der kaiserlichen
Familie angeschuldigt und deshalb ausgeliefert werde, während in Wirklichkeit
man seiner aus ganz andern Gründen habhaft werden wolle.
Man sollte meinen, die täglich sich mehrenden Unthaten der Anarchisten,
ihr die ganze bürgerliche Gesellschaft mit Tod und Vernichtung bedrohendes
System des Meuchelmordes, die uns selbst so nahe berührenden Schandthaten
auf dem Niederwalde und neuestens in Frankfurt, die von Tag zu Tag wach¬
sende Frechheit dieser Mörderhände konnten auch einem „liberalen" Politiker
genügen, um seine Bedenken hinsichtlich eines etwaigen Mißbrauches des ange¬
führten Auslieferungsvertrages gegenüber der Notwendigkeit von Schutzmaßregeln
zu gunsten des Staates und der Gesellschaft fallen zu lasten. Zur Ausdehnung
des preußisch-russischen Vertrages auf das deutsche Reich ist die Zustimmung
des Reichstages erforderlich. Hoffen wir, daß der Majorität die notwendige
Erleuchtung nicht fehlen werde.
England und Rußland in Asien.
eilten wir auch gegenwärtig, wenn wir an England und sein über¬
seeisches Weltreich denken, unsre Aufmerksamkeit vorzüglich nach
dem südlichen Afrika und nach den Inselgruppen des Stillen
Ozeans, so dürfen wir doch niemals die Hauptfrage ganz aus den
Augen verlieren, deren Gegenstände in Asien liegen und deren
brennender oder, wie wir richtiger sagen werden, glimmender Punkt jetzt im
Zentrum dieses Weltteils zu suchen ist. Vorläufig bedeckt ihn der Schnee der
Steppen und Wüsten am Murgab und Ann Darga, aber mit dein Frühjahr,
wo der Schnee thaut, wird auch die Frage wieder aufthauen und sofort wieder
Fluß kommen: zunächst, wo die Grenze zwischen der englischen und der russi¬
schen Machtsphäre in Mittelasien zu ziehen sei, dann, wie bald der oft ge¬
leugnete, immer fortgesetzte Marsch der Russen nach Astghanistcm, dem Vorlande
Britisch-Indiens, weiter gehen und ein deutlicher erkennbarer Schritt nach
dem Gebiete hin gethan werden wird, in welchem die moskowitische Weltmacht
endlich nicht mehr schleichend, sondern in direktem Sprunge mit der britischen
zusammentreffen muß. Die Sache liegt uns nur scheinbar fern; seit Deutsch-
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