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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die Uoimnilitouen.

lustige" zum Frühschoppen, welchem denn auch die größere Anzahl der Fcst-
brüder mit Beharrlichkeit bis gegen ein Uhr oblag, sehr zum Nachteil ihres
Festanzuges. Es sei nur angedeutet, daß man später einige mit schicfsitzcnder meißer
Binde, hervorguckendem Frackheukel und ungestriegcltem Hute durch die Straßen
eilen sah, verspätete Festgenvssen, denen man anmerkte, sie ärgerten sich über
sich selbst. Der Frühschoppen hatte aber wenigstens das Dcmlensmerte mit sich
gebracht, daß durch ihn den Kommilitonen Gelegenheit zu längerer zwangloser
Aussprache und dem "blassen Heinrich" zur Stoffsammlung für den Abend-
vvrtrag gegeben worden war.




3.

Das Mittagessen in dem Gasthause zur "Krone" ging in einer für die
Verhältnisse der Kreisstadt großartigen Weise vor sich. Die Vorbereitungen
erschienen gelungen und alle Ansprüche zufriedenstellend. Selbst die Schwierig¬
keiten in der Verteilung der Tischplütze wurden überwunden. Man war näm¬
lich zuletzt dahin übereingekommen, die Einreihung nach Jahrgängen zu voll¬
ziehen, was auch eine malerische Abwechslung erzeugte; die zugeknöpften geistlichen
Herren saßen unter Laienbrüdern, Offiziere unter Zivilisten, und das Doppel¬
tuch der Militärs sowie einiger in Uniform erschienenen Zivilbenmten schuf
ein buntes Gesamtbild.

Die Stimmung an der Tafel war eine festliche, der Regierungspräsident
brachte den Kaiscrtoast aus, indem er mit erhebenden Worten den Schirmherrn
der Lehranstalt feierte; in die begeisterten Hochrufe fielen Fanfaren ein, die
dann überklangen in das "Heil dir im Siegerkranz," dessen ersten Vers die
Festgesellschaft stehend absang.

Dein Programm gemäß kam daun, nachdem einige Gänge der Speisekarte
erledigt waren, ein Oberlehrer des Gymnasiums an die Reihe, der die Gäste
zu begrüßen hatte. Seine Rede mar inhaltsvoll, aber für den vorgesteckten
Zweck zu lang. Als Historiker von Fach flocht er eine Fülle fleißig zusammen¬
getragenen geschichtlichen Stoffes ein, den er bis aus den Zeiten der Völker¬
wanderung herholte. Er legte dar, was alles dafür spreche, daß hier am Orte
eine weitvorgeschvbene römische Niederlassung bestanden habe, ging das Mittel-
alter durch und schilderte die Zeiten des dreißigjährigen Krieges und ihren
Einfluß auf den Musensitz. Daun gaben ihm der siebenjährige Krieg und die
französischen Invasionen von 1806 bis 1813 reichliche Beute für seine Aus¬
führung, die dann endlich in die Grüudungszeit der Schule, das Jahr 1833,
auslief, etwa so, wie der große Rheinstrom in dünnem Wasserlaufe ins Meer
mündet.

Nach einigen weitern Tafelgüngen erhob sich der zur Begrüßungserwiederung
ausersehene Festredner, ein Greis in Silbergrnu, der einem der vordersten


Die Uoimnilitouen.

lustige» zum Frühschoppen, welchem denn auch die größere Anzahl der Fcst-
brüder mit Beharrlichkeit bis gegen ein Uhr oblag, sehr zum Nachteil ihres
Festanzuges. Es sei nur angedeutet, daß man später einige mit schicfsitzcnder meißer
Binde, hervorguckendem Frackheukel und ungestriegcltem Hute durch die Straßen
eilen sah, verspätete Festgenvssen, denen man anmerkte, sie ärgerten sich über
sich selbst. Der Frühschoppen hatte aber wenigstens das Dcmlensmerte mit sich
gebracht, daß durch ihn den Kommilitonen Gelegenheit zu längerer zwangloser
Aussprache und dem „blassen Heinrich" zur Stoffsammlung für den Abend-
vvrtrag gegeben worden war.




3.

Das Mittagessen in dem Gasthause zur „Krone" ging in einer für die
Verhältnisse der Kreisstadt großartigen Weise vor sich. Die Vorbereitungen
erschienen gelungen und alle Ansprüche zufriedenstellend. Selbst die Schwierig¬
keiten in der Verteilung der Tischplütze wurden überwunden. Man war näm¬
lich zuletzt dahin übereingekommen, die Einreihung nach Jahrgängen zu voll¬
ziehen, was auch eine malerische Abwechslung erzeugte; die zugeknöpften geistlichen
Herren saßen unter Laienbrüdern, Offiziere unter Zivilisten, und das Doppel¬
tuch der Militärs sowie einiger in Uniform erschienenen Zivilbenmten schuf
ein buntes Gesamtbild.

Die Stimmung an der Tafel war eine festliche, der Regierungspräsident
brachte den Kaiscrtoast aus, indem er mit erhebenden Worten den Schirmherrn
der Lehranstalt feierte; in die begeisterten Hochrufe fielen Fanfaren ein, die
dann überklangen in das „Heil dir im Siegerkranz," dessen ersten Vers die
Festgesellschaft stehend absang.

Dein Programm gemäß kam daun, nachdem einige Gänge der Speisekarte
erledigt waren, ein Oberlehrer des Gymnasiums an die Reihe, der die Gäste
zu begrüßen hatte. Seine Rede mar inhaltsvoll, aber für den vorgesteckten
Zweck zu lang. Als Historiker von Fach flocht er eine Fülle fleißig zusammen¬
getragenen geschichtlichen Stoffes ein, den er bis aus den Zeiten der Völker¬
wanderung herholte. Er legte dar, was alles dafür spreche, daß hier am Orte
eine weitvorgeschvbene römische Niederlassung bestanden habe, ging das Mittel-
alter durch und schilderte die Zeiten des dreißigjährigen Krieges und ihren
Einfluß auf den Musensitz. Daun gaben ihm der siebenjährige Krieg und die
französischen Invasionen von 1806 bis 1813 reichliche Beute für seine Aus¬
führung, die dann endlich in die Grüudungszeit der Schule, das Jahr 1833,
auslief, etwa so, wie der große Rheinstrom in dünnem Wasserlaufe ins Meer
mündet.

Nach einigen weitern Tafelgüngen erhob sich der zur Begrüßungserwiederung
ausersehene Festredner, ein Greis in Silbergrnu, der einem der vordersten


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[0163] Die Uoimnilitouen. lustige» zum Frühschoppen, welchem denn auch die größere Anzahl der Fcst- brüder mit Beharrlichkeit bis gegen ein Uhr oblag, sehr zum Nachteil ihres Festanzuges. Es sei nur angedeutet, daß man später einige mit schicfsitzcnder meißer Binde, hervorguckendem Frackheukel und ungestriegcltem Hute durch die Straßen eilen sah, verspätete Festgenvssen, denen man anmerkte, sie ärgerten sich über sich selbst. Der Frühschoppen hatte aber wenigstens das Dcmlensmerte mit sich gebracht, daß durch ihn den Kommilitonen Gelegenheit zu längerer zwangloser Aussprache und dem „blassen Heinrich" zur Stoffsammlung für den Abend- vvrtrag gegeben worden war. 3. Das Mittagessen in dem Gasthause zur „Krone" ging in einer für die Verhältnisse der Kreisstadt großartigen Weise vor sich. Die Vorbereitungen erschienen gelungen und alle Ansprüche zufriedenstellend. Selbst die Schwierig¬ keiten in der Verteilung der Tischplütze wurden überwunden. Man war näm¬ lich zuletzt dahin übereingekommen, die Einreihung nach Jahrgängen zu voll¬ ziehen, was auch eine malerische Abwechslung erzeugte; die zugeknöpften geistlichen Herren saßen unter Laienbrüdern, Offiziere unter Zivilisten, und das Doppel¬ tuch der Militärs sowie einiger in Uniform erschienenen Zivilbenmten schuf ein buntes Gesamtbild. Die Stimmung an der Tafel war eine festliche, der Regierungspräsident brachte den Kaiscrtoast aus, indem er mit erhebenden Worten den Schirmherrn der Lehranstalt feierte; in die begeisterten Hochrufe fielen Fanfaren ein, die dann überklangen in das „Heil dir im Siegerkranz," dessen ersten Vers die Festgesellschaft stehend absang. Dein Programm gemäß kam daun, nachdem einige Gänge der Speisekarte erledigt waren, ein Oberlehrer des Gymnasiums an die Reihe, der die Gäste zu begrüßen hatte. Seine Rede mar inhaltsvoll, aber für den vorgesteckten Zweck zu lang. Als Historiker von Fach flocht er eine Fülle fleißig zusammen¬ getragenen geschichtlichen Stoffes ein, den er bis aus den Zeiten der Völker¬ wanderung herholte. Er legte dar, was alles dafür spreche, daß hier am Orte eine weitvorgeschvbene römische Niederlassung bestanden habe, ging das Mittel- alter durch und schilderte die Zeiten des dreißigjährigen Krieges und ihren Einfluß auf den Musensitz. Daun gaben ihm der siebenjährige Krieg und die französischen Invasionen von 1806 bis 1813 reichliche Beute für seine Aus¬ führung, die dann endlich in die Grüudungszeit der Schule, das Jahr 1833, auslief, etwa so, wie der große Rheinstrom in dünnem Wasserlaufe ins Meer mündet. Nach einigen weitern Tafelgüngen erhob sich der zur Begrüßungserwiederung ausersehene Festredner, ein Greis in Silbergrnu, der einem der vordersten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/163>, abgerufen am 12.11.2024.