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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Literatur.

liegenden Buche ist er dieser Gefahr nicht ausgesetzt gewesen. Seine Zeichnungen
sind in dem xylographischen Institut von Kaeseberg und Oertel augenscheinlich mit
größter Akkuratesse geschnitten und die Holzschnitte von der Druckerei von Marquart,
wie gesagt, mit Meisterschaft gedruckt worden, was umsomehr hervorgehoben zu
werden verdient, als Mohn, bei aller Abhängigkeit von seinein Vorbilde, sich
keineswegs auf die bescheidenen Darstellungsmittel des Richterschen Holzschnitts
beschränkt, sondern der heutigen malerischen Behandlung des Holzschnitts ein be¬
trächtliches Stück Weges entgegenkommt, namentlich mit Vorliebe Nachtstücke zeichnet,
in denen Mondlicht, Fackelbeleuchtung, erleuchtete Innenräume mit schwarzen Schatten
kontrastiren, oder Landschaften, in denen Figuren im Vordergrunde sich von dunkeln
Waldpartien abheben, und so ist denn das Werk des Künstlers hier in jeder Be¬
ziehung zur Geltung gekommen, ebenso gut und vielleicht besser, als es durch
"Zinkographie"*), "Autotypie Meisenbach" und ähnliche Herrlichkeiten geschehen
wäre.

Möchte das mit so großer Liebe und Sorgfalt hergestellte Werk, dem die
Verlagshnndlung auch einen ausnehmend schönen Einband gegeben -- nach einem
venezianischen (?) Original von 1544- --, in kunstsinnigen Kreisen die gebührende
Beachtung finden.




Literatur.

Der geistliche Tod. Erzählung aus dem katholischen Priesterstande von Emil Marriot.
Wien, Verlag von Hugo Engel.

Noch nie mag ein nachsichtsvolles Entgegenkommen von feiten der Kritik so
gute Folgen gehabt haben wie bei Fräulein Emil Marriot. Als 1380 ihr erstes
Buch erschien, der Roman "Egon Talmors" (Wien, Hartleben), da wurde es trotz
solcher Schwächen -- es war doch eigentlich ein wüstes Werk --, welche dessen
Lektüre wenig erfreulich machten, doch mit vielem Lobe begrüßt; es war mehr der
Gruß an die verheißungsvolle Zukunft, welche die gleichwohl hindurchleuchtende
Begabung des ungeläuterteu Autors versprach, als die Wahrheit selbst über das
Werk. Einen großen, ja kaum begreiflichen Fortschritt erwies schon das 1383
folgende zweite Buch der Dame: "Die Familie Hardenberg. Roman aus dem
Wiener Leben" (Berlin, Verlag von F. und P, Lehmann). Damals erwarb sie
sich einen sehr lebhaften Fürsprecher an Paul Heyse, und auch Paul Lindau schrieb
ein Langes und Breites über sie; beide erkannten das energische, auf rücksichtslose,
realistische Wahrhaftigkeit steuernde Talent der jungen Schriftstellerin warm an.
Und was kann auch mehr für einen einnehmen, als sein Streben nach Wahrheit?
Dieses Streben zeichnet auch obige neueste Erzählung aus, über die auch bereits
Adam Mttller-Guttenbruun einen trefflichen Aufsatz (in der "Deutschen Wochenschrift")
veröffentlicht hat, dem sich wenig neues hinzufügen läßt, nur daß man doch das
Lob etwas einschränken möchte, welches er dem "Geistlichen Tod" speziell zuteil
werden läßt. Das reifste Werk Emil Marriots? Mag sein, aber keineswegs ein
fehlerfreies, in gewisser Beziehung sogar hinter der früheren "Familie Hardenberg"



*) Wollen wir nicht in Zukunft auch Steinographie und Holzogrnphie sagen?
Literatur.

liegenden Buche ist er dieser Gefahr nicht ausgesetzt gewesen. Seine Zeichnungen
sind in dem xylographischen Institut von Kaeseberg und Oertel augenscheinlich mit
größter Akkuratesse geschnitten und die Holzschnitte von der Druckerei von Marquart,
wie gesagt, mit Meisterschaft gedruckt worden, was umsomehr hervorgehoben zu
werden verdient, als Mohn, bei aller Abhängigkeit von seinein Vorbilde, sich
keineswegs auf die bescheidenen Darstellungsmittel des Richterschen Holzschnitts
beschränkt, sondern der heutigen malerischen Behandlung des Holzschnitts ein be¬
trächtliches Stück Weges entgegenkommt, namentlich mit Vorliebe Nachtstücke zeichnet,
in denen Mondlicht, Fackelbeleuchtung, erleuchtete Innenräume mit schwarzen Schatten
kontrastiren, oder Landschaften, in denen Figuren im Vordergrunde sich von dunkeln
Waldpartien abheben, und so ist denn das Werk des Künstlers hier in jeder Be¬
ziehung zur Geltung gekommen, ebenso gut und vielleicht besser, als es durch
„Zinkographie"*), „Autotypie Meisenbach" und ähnliche Herrlichkeiten geschehen
wäre.

Möchte das mit so großer Liebe und Sorgfalt hergestellte Werk, dem die
Verlagshnndlung auch einen ausnehmend schönen Einband gegeben — nach einem
venezianischen (?) Original von 1544- —, in kunstsinnigen Kreisen die gebührende
Beachtung finden.




Literatur.

Der geistliche Tod. Erzählung aus dem katholischen Priesterstande von Emil Marriot.
Wien, Verlag von Hugo Engel.

Noch nie mag ein nachsichtsvolles Entgegenkommen von feiten der Kritik so
gute Folgen gehabt haben wie bei Fräulein Emil Marriot. Als 1380 ihr erstes
Buch erschien, der Roman „Egon Talmors" (Wien, Hartleben), da wurde es trotz
solcher Schwächen — es war doch eigentlich ein wüstes Werk —, welche dessen
Lektüre wenig erfreulich machten, doch mit vielem Lobe begrüßt; es war mehr der
Gruß an die verheißungsvolle Zukunft, welche die gleichwohl hindurchleuchtende
Begabung des ungeläuterteu Autors versprach, als die Wahrheit selbst über das
Werk. Einen großen, ja kaum begreiflichen Fortschritt erwies schon das 1383
folgende zweite Buch der Dame: „Die Familie Hardenberg. Roman aus dem
Wiener Leben" (Berlin, Verlag von F. und P, Lehmann). Damals erwarb sie
sich einen sehr lebhaften Fürsprecher an Paul Heyse, und auch Paul Lindau schrieb
ein Langes und Breites über sie; beide erkannten das energische, auf rücksichtslose,
realistische Wahrhaftigkeit steuernde Talent der jungen Schriftstellerin warm an.
Und was kann auch mehr für einen einnehmen, als sein Streben nach Wahrheit?
Dieses Streben zeichnet auch obige neueste Erzählung aus, über die auch bereits
Adam Mttller-Guttenbruun einen trefflichen Aufsatz (in der „Deutschen Wochenschrift")
veröffentlicht hat, dem sich wenig neues hinzufügen läßt, nur daß man doch das
Lob etwas einschränken möchte, welches er dem „Geistlichen Tod" speziell zuteil
werden läßt. Das reifste Werk Emil Marriots? Mag sein, aber keineswegs ein
fehlerfreies, in gewisser Beziehung sogar hinter der früheren „Familie Hardenberg"



*) Wollen wir nicht in Zukunft auch Steinographie und Holzogrnphie sagen?
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[0399] Literatur. liegenden Buche ist er dieser Gefahr nicht ausgesetzt gewesen. Seine Zeichnungen sind in dem xylographischen Institut von Kaeseberg und Oertel augenscheinlich mit größter Akkuratesse geschnitten und die Holzschnitte von der Druckerei von Marquart, wie gesagt, mit Meisterschaft gedruckt worden, was umsomehr hervorgehoben zu werden verdient, als Mohn, bei aller Abhängigkeit von seinein Vorbilde, sich keineswegs auf die bescheidenen Darstellungsmittel des Richterschen Holzschnitts beschränkt, sondern der heutigen malerischen Behandlung des Holzschnitts ein be¬ trächtliches Stück Weges entgegenkommt, namentlich mit Vorliebe Nachtstücke zeichnet, in denen Mondlicht, Fackelbeleuchtung, erleuchtete Innenräume mit schwarzen Schatten kontrastiren, oder Landschaften, in denen Figuren im Vordergrunde sich von dunkeln Waldpartien abheben, und so ist denn das Werk des Künstlers hier in jeder Be¬ ziehung zur Geltung gekommen, ebenso gut und vielleicht besser, als es durch „Zinkographie"*), „Autotypie Meisenbach" und ähnliche Herrlichkeiten geschehen wäre. Möchte das mit so großer Liebe und Sorgfalt hergestellte Werk, dem die Verlagshnndlung auch einen ausnehmend schönen Einband gegeben — nach einem venezianischen (?) Original von 1544- —, in kunstsinnigen Kreisen die gebührende Beachtung finden. Literatur. Der geistliche Tod. Erzählung aus dem katholischen Priesterstande von Emil Marriot. Wien, Verlag von Hugo Engel. Noch nie mag ein nachsichtsvolles Entgegenkommen von feiten der Kritik so gute Folgen gehabt haben wie bei Fräulein Emil Marriot. Als 1380 ihr erstes Buch erschien, der Roman „Egon Talmors" (Wien, Hartleben), da wurde es trotz solcher Schwächen — es war doch eigentlich ein wüstes Werk —, welche dessen Lektüre wenig erfreulich machten, doch mit vielem Lobe begrüßt; es war mehr der Gruß an die verheißungsvolle Zukunft, welche die gleichwohl hindurchleuchtende Begabung des ungeläuterteu Autors versprach, als die Wahrheit selbst über das Werk. Einen großen, ja kaum begreiflichen Fortschritt erwies schon das 1383 folgende zweite Buch der Dame: „Die Familie Hardenberg. Roman aus dem Wiener Leben" (Berlin, Verlag von F. und P, Lehmann). Damals erwarb sie sich einen sehr lebhaften Fürsprecher an Paul Heyse, und auch Paul Lindau schrieb ein Langes und Breites über sie; beide erkannten das energische, auf rücksichtslose, realistische Wahrhaftigkeit steuernde Talent der jungen Schriftstellerin warm an. Und was kann auch mehr für einen einnehmen, als sein Streben nach Wahrheit? Dieses Streben zeichnet auch obige neueste Erzählung aus, über die auch bereits Adam Mttller-Guttenbruun einen trefflichen Aufsatz (in der „Deutschen Wochenschrift") veröffentlicht hat, dem sich wenig neues hinzufügen läßt, nur daß man doch das Lob etwas einschränken möchte, welches er dem „Geistlichen Tod" speziell zuteil werden läßt. Das reifste Werk Emil Marriots? Mag sein, aber keineswegs ein fehlerfreies, in gewisser Beziehung sogar hinter der früheren „Familie Hardenberg" *) Wollen wir nicht in Zukunft auch Steinographie und Holzogrnphie sagen?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/399>, abgerufen am 27.12.2024.