Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Skizzen aus unserm heutigen Volksleben. Neugestaltungen des öffentlichen Lebens. Die Geschichte lehrt uns, daß in Skizzen aus unserm heutigen Volksleben. 8. Arthur. rgendwo, weit draußen auf dem Lande, sitzt ein Ehepaar mit zwei Nun tritt die Frage an sie heran, welchen Beruf die Söhne ergreifen sollen. Skizzen aus unserm heutigen Volksleben. Neugestaltungen des öffentlichen Lebens. Die Geschichte lehrt uns, daß in Skizzen aus unserm heutigen Volksleben. 8. Arthur. rgendwo, weit draußen auf dem Lande, sitzt ein Ehepaar mit zwei Nun tritt die Frage an sie heran, welchen Beruf die Söhne ergreifen sollen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0190" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/157115"/> <fw type="header" place="top"> Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.</fw><lb/> <p xml:id="ID_657" prev="#ID_656"> Neugestaltungen des öffentlichen Lebens. Die Geschichte lehrt uns, daß in<lb/> langen Pausen Änderungen im Gesamtinhalt menschlicher Empfindung und<lb/> in der Stellung der einzelnen Äußerungen des Gemütslebens zum menschlichen<lb/> Charakteridcal stattfinden. Erst wo eine tiefgreifende Umgestaltung der gesamten<lb/> Weltanschauung dem Menschen seine Stellung, seinen WM und seine Aufgaben<lb/> in einem neuen Lichte zeigt, treten einzelne Seiten des Empfindungslebens vor,<lb/> andre zurück. Dann wird der Spiegel geändert, aus dem unserm Bewußtsein<lb/> die Welt zurückstrahlt, sie strahlt anders zurück und der unmittelbare Reflex<lb/> dieser durch den Dunstkreis der Empfindung gehenden und in ihm sich brechen¬<lb/> den Strahlung ist das Lied. Von jener Zeit, die uns einen starken ethischen<lb/> Wellenschlag, einen einheitlichen festen Grund für unser Handeln bringen wird,<lb/> können wir auch eine neue Gemütsperspeltivc für unsre Empfindung erwarten:<lb/> es ist dieselbe, in der uns wieder der erste große Dichter erstehen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.</head><lb/> <div n="2"> <head> 8. Arthur.</head><lb/> <p xml:id="ID_658"> rgendwo, weit draußen auf dem Lande, sitzt ein Ehepaar mit zwei<lb/> halberwachsenen Söhnen. Die Eltern bewirtschaften ein kleines<lb/> Gasthaus, droben an der Landstraße, ganz am Ende des Städtchens.<lb/> Es dient nicht gerade dem Weltverkehr; stellte man die Gasthäuser<lb/> ihrer Bedeutung nach zusammen, so würde dieses ziemlich weit vom<lb/> -.„Kaiserhofe" zu stehen kommen — beinahe am andern Ende der<lb/> Reihe. Es kann nicht einmal eine Ausspannung genannt werden; wer dort einkehrt,<lb/> ist gewöhnlich zu Fuße. Im Städtchen nennen sie es die Penne. Aber sein Bier<lb/> hat einen guten Ruf, und dann und wann nehmen sogar angesehene Bürger an<lb/> dem wachstnchbeschlagenen Tische Platz, unter den bunten Steindrucken, die spärlich<lb/> an den Wänden verteilt find. Reichtümer sind dabei freilich Wohl nicht zu sammeln,<lb/> aber da der Wirt fortwährend klagt und angeblich nach einem andern Geschäfte<lb/> sucht, so ist Wohl anzunehmen, daß die Leute vorwärts kommen und schou etwas<lb/> hinter sich haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_659" next="#ID_660"> Nun tritt die Frage an sie heran, welchen Beruf die Söhne ergreifen sollen.<lb/> Der eine muß selbstverständlich in die Wirtschaft eintreten. Aber der andre! In<lb/> der Volksschule ist er immer der erste gewesen, und schon als halbwüchsiger Bengel<lb/> hat er auf dem Jahrmarkte sei» Taschengeld damit vertrödelt, sich Kneifer ans<lb/> Fensterglas und ähnliche begehrenswerte Dinge zu kaufen. Zum Handwerker ist er<lb/> natürlich zu gut. Und dann wünscht man doch auch, daß die Kinder es weiter<lb/> bringen möchten als der Vater. Arthur soll also Kaufmann werden. Die Kaufleute<lb/> müssen ja samt und sonders reich werden bei den furchtbaren Preisen, die sie für</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0190]
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.
Neugestaltungen des öffentlichen Lebens. Die Geschichte lehrt uns, daß in
langen Pausen Änderungen im Gesamtinhalt menschlicher Empfindung und
in der Stellung der einzelnen Äußerungen des Gemütslebens zum menschlichen
Charakteridcal stattfinden. Erst wo eine tiefgreifende Umgestaltung der gesamten
Weltanschauung dem Menschen seine Stellung, seinen WM und seine Aufgaben
in einem neuen Lichte zeigt, treten einzelne Seiten des Empfindungslebens vor,
andre zurück. Dann wird der Spiegel geändert, aus dem unserm Bewußtsein
die Welt zurückstrahlt, sie strahlt anders zurück und der unmittelbare Reflex
dieser durch den Dunstkreis der Empfindung gehenden und in ihm sich brechen¬
den Strahlung ist das Lied. Von jener Zeit, die uns einen starken ethischen
Wellenschlag, einen einheitlichen festen Grund für unser Handeln bringen wird,
können wir auch eine neue Gemütsperspeltivc für unsre Empfindung erwarten:
es ist dieselbe, in der uns wieder der erste große Dichter erstehen wird.
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben.
8. Arthur.
rgendwo, weit draußen auf dem Lande, sitzt ein Ehepaar mit zwei
halberwachsenen Söhnen. Die Eltern bewirtschaften ein kleines
Gasthaus, droben an der Landstraße, ganz am Ende des Städtchens.
Es dient nicht gerade dem Weltverkehr; stellte man die Gasthäuser
ihrer Bedeutung nach zusammen, so würde dieses ziemlich weit vom
-.„Kaiserhofe" zu stehen kommen — beinahe am andern Ende der
Reihe. Es kann nicht einmal eine Ausspannung genannt werden; wer dort einkehrt,
ist gewöhnlich zu Fuße. Im Städtchen nennen sie es die Penne. Aber sein Bier
hat einen guten Ruf, und dann und wann nehmen sogar angesehene Bürger an
dem wachstnchbeschlagenen Tische Platz, unter den bunten Steindrucken, die spärlich
an den Wänden verteilt find. Reichtümer sind dabei freilich Wohl nicht zu sammeln,
aber da der Wirt fortwährend klagt und angeblich nach einem andern Geschäfte
sucht, so ist Wohl anzunehmen, daß die Leute vorwärts kommen und schou etwas
hinter sich haben.
Nun tritt die Frage an sie heran, welchen Beruf die Söhne ergreifen sollen.
Der eine muß selbstverständlich in die Wirtschaft eintreten. Aber der andre! In
der Volksschule ist er immer der erste gewesen, und schon als halbwüchsiger Bengel
hat er auf dem Jahrmarkte sei» Taschengeld damit vertrödelt, sich Kneifer ans
Fensterglas und ähnliche begehrenswerte Dinge zu kaufen. Zum Handwerker ist er
natürlich zu gut. Und dann wünscht man doch auch, daß die Kinder es weiter
bringen möchten als der Vater. Arthur soll also Kaufmann werden. Die Kaufleute
müssen ja samt und sonders reich werden bei den furchtbaren Preisen, die sie für
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