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Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.

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Wahl- und Denksprüche.

Recht aufnehmen, während der Unbemittelte dem Winkeladvokaten in die Hände
fällt und schließlich auf den Rechtsweg verzichten muß. Die Menschen sind
nicht und werden nicht so klug, fleißig, gewandt und gut, wie sie fein müßten,
um alle die Aufgaben erfüllen zu können, welche ihnen nach dem Willen der
liberalen Politiker zufallen. Der Staat aber hat uicht feindurchdachte Dogmen
auszuarbeiten und seinen Augehörigen zu überlassen, wie gut oder schlecht sie
mit denselben fertig werden, sondern er hat die Pflicht, für seine Angehörigen,
so wie sie sind, zu sorgen und demgemäß die Gesetze so zu machen, daß die
große Masse der Bürger dieselben anwenden und zu ihrem Nutzen gebrauchen
kann.




Wahl- und Denksprüche.

nnerhalb der letzten Jahrzehnte hat sich das Interesse des Samm¬
lers und des Forschers auch der bis dahin ziemlich vernach¬
lässigten Spruchpoesie zugewandt. Inschriften an Haus und Gerät,
geflügelte Worte, Sprichwörter wurden gesammelt und sorgfältig
gesichtet, auch auf die Wappen- und Denksprüche einzelner Per¬
sonen, ganzer Familien, so besonders fürstlicher Häuser erstreckte sich der Sammel¬
eifer. Solchen Anregungen verdankt das uns vorliegende Werk von I. Dielitz*)
sein Entstehen. Es will die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie u. s. w., be¬
sonders des Mittelalters und der Neuzeit, in lexikalischer Form möglichst voll¬
ständig vorführen. Den umfangreichsten Beitrag haben die Wappensprüche ge¬
liefert, diejenigen Sprüche, welche, zum Familienwappen gehörig, mit diesem in
der Familie vererbt wurden. An sie schließen sich die persönlichen Devisen an,
Sprüche, in welchen einzelne Personen ihre Lebensanschauungen oder die für
ihre Lebensführung gewählten Grundsätze niederlegen, oder welche ganze Körper¬
schaften, Akademien, Universitäten, Städte, Innungen, Zünfte, Ritterorden an¬
genommen haben, um damit öffentlich durch Sätze ethischen, politischen u. s. w.
Inhalts die ihnen gestellte Aufgabe, das von ihnen erstrebte Ziel kurz und an¬
schaulich zum Ausdruck zu bringen. Mit diesen Hauptgruppen find einige andre
verbunden, wie Schlachtrufe, Losungen, Inschriften von griechischen und römischen
Schleuderbleieu, soweit diese letztern vollständige, zur Bestimmung der Wurf-



5) Die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie, Losungen, Schlacht- und Volksrufe
des Mittelalters und der Neuzeit gesammelt, alphabetisch geordnet und erläutert von I.
Dielitz. Frankfurt a. M., W. Rommel, 1884.
Wahl- und Denksprüche.

Recht aufnehmen, während der Unbemittelte dem Winkeladvokaten in die Hände
fällt und schließlich auf den Rechtsweg verzichten muß. Die Menschen sind
nicht und werden nicht so klug, fleißig, gewandt und gut, wie sie fein müßten,
um alle die Aufgaben erfüllen zu können, welche ihnen nach dem Willen der
liberalen Politiker zufallen. Der Staat aber hat uicht feindurchdachte Dogmen
auszuarbeiten und seinen Augehörigen zu überlassen, wie gut oder schlecht sie
mit denselben fertig werden, sondern er hat die Pflicht, für seine Angehörigen,
so wie sie sind, zu sorgen und demgemäß die Gesetze so zu machen, daß die
große Masse der Bürger dieselben anwenden und zu ihrem Nutzen gebrauchen
kann.




Wahl- und Denksprüche.

nnerhalb der letzten Jahrzehnte hat sich das Interesse des Samm¬
lers und des Forschers auch der bis dahin ziemlich vernach¬
lässigten Spruchpoesie zugewandt. Inschriften an Haus und Gerät,
geflügelte Worte, Sprichwörter wurden gesammelt und sorgfältig
gesichtet, auch auf die Wappen- und Denksprüche einzelner Per¬
sonen, ganzer Familien, so besonders fürstlicher Häuser erstreckte sich der Sammel¬
eifer. Solchen Anregungen verdankt das uns vorliegende Werk von I. Dielitz*)
sein Entstehen. Es will die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie u. s. w., be¬
sonders des Mittelalters und der Neuzeit, in lexikalischer Form möglichst voll¬
ständig vorführen. Den umfangreichsten Beitrag haben die Wappensprüche ge¬
liefert, diejenigen Sprüche, welche, zum Familienwappen gehörig, mit diesem in
der Familie vererbt wurden. An sie schließen sich die persönlichen Devisen an,
Sprüche, in welchen einzelne Personen ihre Lebensanschauungen oder die für
ihre Lebensführung gewählten Grundsätze niederlegen, oder welche ganze Körper¬
schaften, Akademien, Universitäten, Städte, Innungen, Zünfte, Ritterorden an¬
genommen haben, um damit öffentlich durch Sätze ethischen, politischen u. s. w.
Inhalts die ihnen gestellte Aufgabe, das von ihnen erstrebte Ziel kurz und an¬
schaulich zum Ausdruck zu bringen. Mit diesen Hauptgruppen find einige andre
verbunden, wie Schlachtrufe, Losungen, Inschriften von griechischen und römischen
Schleuderbleieu, soweit diese letztern vollständige, zur Bestimmung der Wurf-



5) Die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie, Losungen, Schlacht- und Volksrufe
des Mittelalters und der Neuzeit gesammelt, alphabetisch geordnet und erläutert von I.
Dielitz. Frankfurt a. M., W. Rommel, 1884.
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[0127] Wahl- und Denksprüche. Recht aufnehmen, während der Unbemittelte dem Winkeladvokaten in die Hände fällt und schließlich auf den Rechtsweg verzichten muß. Die Menschen sind nicht und werden nicht so klug, fleißig, gewandt und gut, wie sie fein müßten, um alle die Aufgaben erfüllen zu können, welche ihnen nach dem Willen der liberalen Politiker zufallen. Der Staat aber hat uicht feindurchdachte Dogmen auszuarbeiten und seinen Augehörigen zu überlassen, wie gut oder schlecht sie mit denselben fertig werden, sondern er hat die Pflicht, für seine Angehörigen, so wie sie sind, zu sorgen und demgemäß die Gesetze so zu machen, daß die große Masse der Bürger dieselben anwenden und zu ihrem Nutzen gebrauchen kann. Wahl- und Denksprüche. nnerhalb der letzten Jahrzehnte hat sich das Interesse des Samm¬ lers und des Forschers auch der bis dahin ziemlich vernach¬ lässigten Spruchpoesie zugewandt. Inschriften an Haus und Gerät, geflügelte Worte, Sprichwörter wurden gesammelt und sorgfältig gesichtet, auch auf die Wappen- und Denksprüche einzelner Per¬ sonen, ganzer Familien, so besonders fürstlicher Häuser erstreckte sich der Sammel¬ eifer. Solchen Anregungen verdankt das uns vorliegende Werk von I. Dielitz*) sein Entstehen. Es will die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie u. s. w., be¬ sonders des Mittelalters und der Neuzeit, in lexikalischer Form möglichst voll¬ ständig vorführen. Den umfangreichsten Beitrag haben die Wappensprüche ge¬ liefert, diejenigen Sprüche, welche, zum Familienwappen gehörig, mit diesem in der Familie vererbt wurden. An sie schließen sich die persönlichen Devisen an, Sprüche, in welchen einzelne Personen ihre Lebensanschauungen oder die für ihre Lebensführung gewählten Grundsätze niederlegen, oder welche ganze Körper¬ schaften, Akademien, Universitäten, Städte, Innungen, Zünfte, Ritterorden an¬ genommen haben, um damit öffentlich durch Sätze ethischen, politischen u. s. w. Inhalts die ihnen gestellte Aufgabe, das von ihnen erstrebte Ziel kurz und an¬ schaulich zum Ausdruck zu bringen. Mit diesen Hauptgruppen find einige andre verbunden, wie Schlachtrufe, Losungen, Inschriften von griechischen und römischen Schleuderbleieu, soweit diese letztern vollständige, zur Bestimmung der Wurf- 5) Die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie, Losungen, Schlacht- und Volksrufe des Mittelalters und der Neuzeit gesammelt, alphabetisch geordnet und erläutert von I. Dielitz. Frankfurt a. M., W. Rommel, 1884.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341839_156924/127>, abgerufen am 27.12.2024.