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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.

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Der Aeg des Rabbi im 5utan.

c älter die Nachricht von der Schlacht bei Obeid wird, desto
wichtiger erscheint das Ereignis, Zwar ist inzwischen bekannt
geworden, daß die Niederlage, die das Heer der Ägypter dort er-
litten hat, keiner völligen Vernichtung desselben gleichkommt, wie nach
dem ersten Bericht anzunehmen war. Aber der Trost, der darin
liegt, daß sich einige hundert Versprengte nach Chartum gerettet haben mögen,
will gegenüber den voraussichtlichen nächsten Folgen des Sieges, den die Truppen
des Mahdi über Hicks Pascha erfochten, sehr wenig bedeuten. Nicht nur das
innerafrikanische Reich des Khedive ist durch diesen Schlag bis auf einen ge¬
ringen Rest verloren, und zwar vielleicht für immer, sondern es sind auch die
Besitzungen desselben am Roten Meer und am untern Laufe des Nil bis nach
Kairo hinab bedroht. Ein Wölkchen am Gesichtskreis ist zur beängstigenden
Gewitterwand, ein Schneeball zur Lawine geworden. Die Türkenherrschaft in
Ägypten schwindet sichtlich zusammen, allenthalben haben sich schon seit Jahren
die muslimischen Araber und Neger des Südens gegen sie und ihre fränkischen
Fnuudc und Berater geregt, und es ist nicht undenkbar, daß ein großer
Teil der ganzen Welt des Islam der Aufregung, in die sie durch den Erfolg
des Propheten im Sudan versetzt worden ist, durch Thaten Ausdruck giebt,
denen zu begegnen Tewfiks Regierung allein nicht entfernt die hinreichenden
Mittel besitzt.

Der Niedergang der ägyptischen Macht datirt nicht von gestern. Er be¬
gann bereits mit dem nutzlosen Unternehmen Ismail Paschas gegen Habesch,
Dieser gab dem Drängen der katholischen Missionäre nach und begann lediglich
w deren Interesse und ohne Aussicht auf Gewinn für Ägypten einen Krieg,
den er bald zu bereuen hatte, und der selbst bei einem für ihn erfolgreichen


^ Grenzboten IV. 1835, 67


Der Aeg des Rabbi im 5utan.

c älter die Nachricht von der Schlacht bei Obeid wird, desto
wichtiger erscheint das Ereignis, Zwar ist inzwischen bekannt
geworden, daß die Niederlage, die das Heer der Ägypter dort er-
litten hat, keiner völligen Vernichtung desselben gleichkommt, wie nach
dem ersten Bericht anzunehmen war. Aber der Trost, der darin
liegt, daß sich einige hundert Versprengte nach Chartum gerettet haben mögen,
will gegenüber den voraussichtlichen nächsten Folgen des Sieges, den die Truppen
des Mahdi über Hicks Pascha erfochten, sehr wenig bedeuten. Nicht nur das
innerafrikanische Reich des Khedive ist durch diesen Schlag bis auf einen ge¬
ringen Rest verloren, und zwar vielleicht für immer, sondern es sind auch die
Besitzungen desselben am Roten Meer und am untern Laufe des Nil bis nach
Kairo hinab bedroht. Ein Wölkchen am Gesichtskreis ist zur beängstigenden
Gewitterwand, ein Schneeball zur Lawine geworden. Die Türkenherrschaft in
Ägypten schwindet sichtlich zusammen, allenthalben haben sich schon seit Jahren
die muslimischen Araber und Neger des Südens gegen sie und ihre fränkischen
Fnuudc und Berater geregt, und es ist nicht undenkbar, daß ein großer
Teil der ganzen Welt des Islam der Aufregung, in die sie durch den Erfolg
des Propheten im Sudan versetzt worden ist, durch Thaten Ausdruck giebt,
denen zu begegnen Tewfiks Regierung allein nicht entfernt die hinreichenden
Mittel besitzt.

Der Niedergang der ägyptischen Macht datirt nicht von gestern. Er be¬
gann bereits mit dem nutzlosen Unternehmen Ismail Paschas gegen Habesch,
Dieser gab dem Drängen der katholischen Missionäre nach und begann lediglich
w deren Interesse und ohne Aussicht auf Gewinn für Ägypten einen Krieg,
den er bald zu bereuen hatte, und der selbst bei einem für ihn erfolgreichen


^ Grenzboten IV. 1835, 67
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[0539] [Abbildung] Der Aeg des Rabbi im 5utan. c älter die Nachricht von der Schlacht bei Obeid wird, desto wichtiger erscheint das Ereignis, Zwar ist inzwischen bekannt geworden, daß die Niederlage, die das Heer der Ägypter dort er- litten hat, keiner völligen Vernichtung desselben gleichkommt, wie nach dem ersten Bericht anzunehmen war. Aber der Trost, der darin liegt, daß sich einige hundert Versprengte nach Chartum gerettet haben mögen, will gegenüber den voraussichtlichen nächsten Folgen des Sieges, den die Truppen des Mahdi über Hicks Pascha erfochten, sehr wenig bedeuten. Nicht nur das innerafrikanische Reich des Khedive ist durch diesen Schlag bis auf einen ge¬ ringen Rest verloren, und zwar vielleicht für immer, sondern es sind auch die Besitzungen desselben am Roten Meer und am untern Laufe des Nil bis nach Kairo hinab bedroht. Ein Wölkchen am Gesichtskreis ist zur beängstigenden Gewitterwand, ein Schneeball zur Lawine geworden. Die Türkenherrschaft in Ägypten schwindet sichtlich zusammen, allenthalben haben sich schon seit Jahren die muslimischen Araber und Neger des Südens gegen sie und ihre fränkischen Fnuudc und Berater geregt, und es ist nicht undenkbar, daß ein großer Teil der ganzen Welt des Islam der Aufregung, in die sie durch den Erfolg des Propheten im Sudan versetzt worden ist, durch Thaten Ausdruck giebt, denen zu begegnen Tewfiks Regierung allein nicht entfernt die hinreichenden Mittel besitzt. Der Niedergang der ägyptischen Macht datirt nicht von gestern. Er be¬ gann bereits mit dem nutzlosen Unternehmen Ismail Paschas gegen Habesch, Dieser gab dem Drängen der katholischen Missionäre nach und begann lediglich w deren Interesse und ohne Aussicht auf Gewinn für Ägypten einen Krieg, den er bald zu bereuen hatte, und der selbst bei einem für ihn erfolgreichen ^ Grenzboten IV. 1835, 67

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_154164/539>, abgerufen am 13.11.2024.