Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Viertes Quartal.Der verfall des Theaters. Himmel erhoben ist und mich nicht der Schatten eines Tadels aufdämmert. Dem gegenüber war es notwendig, in einem über den engen Wirkungs¬ Es thut uns leid, in den wohlgemeinten Bemühungen des Verfassers Der Verfall des Theaters. err Dr. Paul Schlenther behauptet, das Berliner Hoftheater sei Der verfall des Theaters. Himmel erhoben ist und mich nicht der Schatten eines Tadels aufdämmert. Dem gegenüber war es notwendig, in einem über den engen Wirkungs¬ Es thut uns leid, in den wohlgemeinten Bemühungen des Verfassers Der Verfall des Theaters. err Dr. Paul Schlenther behauptet, das Berliner Hoftheater sei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0152" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/154317"/> <fw type="header" place="top"> Der verfall des Theaters.</fw><lb/> <p xml:id="ID_414" prev="#ID_413"> Himmel erhoben ist und mich nicht der Schatten eines Tadels aufdämmert.<lb/> Augenscheinlich habe» die Rezensenten sich an den selbstbewußten Versicherungen<lb/> des Verfassers genügen lassen — wenn sie überhaupt fähig gewesen sind, in<lb/> eine Prüfung dessen, was er geleistet hat, einzutreten. Das ist ja die gewöhn¬<lb/> liche Manier der „Kritik" unsrer Tagespresse.</p><lb/> <p xml:id="ID_415"> Dem gegenüber war es notwendig, in einem über den engen Wirkungs¬<lb/> bereich einer Fachzeitschrift hinausgreifenden Journal den durchweg dilettantischen<lb/> Charakter der Beherschcn Arbeit zu betonen und dies abweichende Urteil auch<lb/> eingehend zu motiviren, insbesondre aber nachzuweisen, daß die verheißene, noch<lb/> nicht dagewesene „national-deutsche" Poetik in ihr nicht vorliegt. Westphals<lb/> „Theorie," obwohl sie die antiken Termini beibehält und noch in weiterer Aus¬<lb/> dehnung als gewöhnlich zur Anwendung bringt, ist in der Sache unendlich viel<lb/> nationaler und von einer richtigern Einsicht in das Wesen der deutschen Vers¬<lb/> bildung durchdrungen. Mit Westphal mußte Herr Veyer sich vor allem aus¬<lb/> einandersetzen und ihn, soweit er ihm nicht zu folgen vermochte, gründlich<lb/> bekämpfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_416"> Es thut uns leid, in den wohlgemeinten Bemühungen des Verfassers<lb/> weiter nichts als den großen Fleiß anerkennen zu können, mit dem er die ge¬<lb/> samte deutsche poetische Literatur für seine Zwecke durchgeackert hat. Die deutsch¬<lb/> nationale Poetik soll aber noch geschrieben werden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Verfall des Theaters.</head><lb/> <p xml:id="ID_417" next="#ID_418"> err Dr. Paul Schlenther behauptet, das Berliner Hoftheater sei<lb/> unter dem Intendanten v. Hülsen tief gesunken; E. Sierke hält<lb/> ihm im 40. Hefte der Grenzboten einen Ausspruch Laubes<lb/> entgegen, welcher mit Beziehung auf das Wiener Burgtheater<lb/> den gleichen Vorwurf gegen Dingelstedt erhob, als dieser sich<lb/> nicht mehr verteidigen konnte. Allerdings hat Sierke hierbei im Grunde nur<lb/> die Absicht, seinen — ganz richtigen — Satz zu belegen, daß über den Verfall<lb/> des Theaters stets und überall Klage geführt worden sei. Indessen erkennt er<lb/> doch Landes Urteil als richtig an und macht insbesondre die grundehrliche Natur<lb/> des Richters geltend. Und wie er, so werden gewiß Unzählige in Gegenwart<lb/> und Zukunft sich auf das Wort eines so ausgezeichneten Bühnenpraktikers be¬<lb/> ziehen, seine Ansicht zu der ihrigen machen. Und damit wird sich eine unter<lb/> allen Umständen einseitige, vielfach schiefe Vorstellung von dem Zustande des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0152]
Der verfall des Theaters.
Himmel erhoben ist und mich nicht der Schatten eines Tadels aufdämmert.
Augenscheinlich habe» die Rezensenten sich an den selbstbewußten Versicherungen
des Verfassers genügen lassen — wenn sie überhaupt fähig gewesen sind, in
eine Prüfung dessen, was er geleistet hat, einzutreten. Das ist ja die gewöhn¬
liche Manier der „Kritik" unsrer Tagespresse.
Dem gegenüber war es notwendig, in einem über den engen Wirkungs¬
bereich einer Fachzeitschrift hinausgreifenden Journal den durchweg dilettantischen
Charakter der Beherschcn Arbeit zu betonen und dies abweichende Urteil auch
eingehend zu motiviren, insbesondre aber nachzuweisen, daß die verheißene, noch
nicht dagewesene „national-deutsche" Poetik in ihr nicht vorliegt. Westphals
„Theorie," obwohl sie die antiken Termini beibehält und noch in weiterer Aus¬
dehnung als gewöhnlich zur Anwendung bringt, ist in der Sache unendlich viel
nationaler und von einer richtigern Einsicht in das Wesen der deutschen Vers¬
bildung durchdrungen. Mit Westphal mußte Herr Veyer sich vor allem aus¬
einandersetzen und ihn, soweit er ihm nicht zu folgen vermochte, gründlich
bekämpfen.
Es thut uns leid, in den wohlgemeinten Bemühungen des Verfassers
weiter nichts als den großen Fleiß anerkennen zu können, mit dem er die ge¬
samte deutsche poetische Literatur für seine Zwecke durchgeackert hat. Die deutsch¬
nationale Poetik soll aber noch geschrieben werden.
Der Verfall des Theaters.
err Dr. Paul Schlenther behauptet, das Berliner Hoftheater sei
unter dem Intendanten v. Hülsen tief gesunken; E. Sierke hält
ihm im 40. Hefte der Grenzboten einen Ausspruch Laubes
entgegen, welcher mit Beziehung auf das Wiener Burgtheater
den gleichen Vorwurf gegen Dingelstedt erhob, als dieser sich
nicht mehr verteidigen konnte. Allerdings hat Sierke hierbei im Grunde nur
die Absicht, seinen — ganz richtigen — Satz zu belegen, daß über den Verfall
des Theaters stets und überall Klage geführt worden sei. Indessen erkennt er
doch Landes Urteil als richtig an und macht insbesondre die grundehrliche Natur
des Richters geltend. Und wie er, so werden gewiß Unzählige in Gegenwart
und Zukunft sich auf das Wort eines so ausgezeichneten Bühnenpraktikers be¬
ziehen, seine Ansicht zu der ihrigen machen. Und damit wird sich eine unter
allen Umständen einseitige, vielfach schiefe Vorstellung von dem Zustande des
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