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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Überlnirdnngssrage,

daß der letzter" die Absicht einer ökonomischen Verbesserung ihres Betriebes zu
Grunde liegt?

Einen nachhaltigen Ertrag kann und soll die Bcsserungssteuer nicht auf¬
bringen; derselbe würde vielmehr in demselben Maße schwinden, wie der
bessernde Zweck der Steuer erreicht werden wurde. Daher erscheint sie auch
nicht geeignet, zur Deckung der taufenden Bedürfnisse des Reiches beizutragen.
Könnte sie aber nicht nutzbar gemacht werden zum Wohle der arbeitenden
Klassen? Sollte nicht die für niemand nutzbringende Verschwendung derer,
welche von der Arbeit ihrer Mitmenschen Gewinn und Vermögen ziehen, end¬
lich wenigstens dazu dienen, den letztern ein sorgenfreies Alter zu bereiten?
Durch die Begründung von Altersvcrsorgnngsanstalten aus den Erträgnissen
der Besscrungssteuer würde vorübergehender Mißbrauch in dauernde Wohlthat
umgesetzt werden, ein Ziel, welches wohl des Versuches wert ist.




Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung
und die überbürdungsfrage.

lie Freunde des Gymnasiums erfüllte es mit lebhafter Freude,
als letztes Frühjahr der sächsische Kultusminister Herr von Gerber
ein Rundschreiben an die Direktoren der sächsischen Ghmnasien
erließ, in welchem er die von vielen Seiten erhobenen Klagen
wegen Überbürdung unsrer Gymnasiasten bis zu einem gewissen
Grade anerkannte, auf einige der wichtigsten Gründe jener Erscheinung hinwies
und zugleich eine Zusammenkunft der sächsischen Gymnasialdirektoren in Aus¬
sicht stellte, deren Aufgabe es sein sollte, die notwendigen Änderungen im Re¬
gulativ zu beraten. Unter den Gymnasiallehrern Sachsens freilich rief jenes
Rundschreiben eine gewisse Aufregung hervor. Man war in diesen Kreisen über¬
zeugt, daß man redlich bemüht gewesen sei, den gesteigerten Ansprüche" des Re¬
gulativs vom Jahre 1876 allenthalben gerecht zu werden, und fühlte sich von
den in dem ministeriellen Schreiben enthaltenen Ausführungen umso peinlicher
berührt, als in den letzten Jahren auch nicht ein einzigesmal Stimmen laut
geworden waren, daß im sächsischen Gymnasialwesen erhebliche Mißstände um
sich gegriffen Hütten. Sodann aber war man hier gewöhnt, die sächsischen
Anstalten um ihrer Leistungen im Lateinischen und Griechischen willen über die
preußischen zu stellen. Da nun zugleich das Gerücht sich verbreitete, das säch¬
sische Ministerium trage sich mit dem Plane, dem neuen preußischen EntWurfe


Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Überlnirdnngssrage,

daß der letzter» die Absicht einer ökonomischen Verbesserung ihres Betriebes zu
Grunde liegt?

Einen nachhaltigen Ertrag kann und soll die Bcsserungssteuer nicht auf¬
bringen; derselbe würde vielmehr in demselben Maße schwinden, wie der
bessernde Zweck der Steuer erreicht werden wurde. Daher erscheint sie auch
nicht geeignet, zur Deckung der taufenden Bedürfnisse des Reiches beizutragen.
Könnte sie aber nicht nutzbar gemacht werden zum Wohle der arbeitenden
Klassen? Sollte nicht die für niemand nutzbringende Verschwendung derer,
welche von der Arbeit ihrer Mitmenschen Gewinn und Vermögen ziehen, end¬
lich wenigstens dazu dienen, den letztern ein sorgenfreies Alter zu bereiten?
Durch die Begründung von Altersvcrsorgnngsanstalten aus den Erträgnissen
der Besscrungssteuer würde vorübergehender Mißbrauch in dauernde Wohlthat
umgesetzt werden, ein Ziel, welches wohl des Versuches wert ist.




Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung
und die überbürdungsfrage.

lie Freunde des Gymnasiums erfüllte es mit lebhafter Freude,
als letztes Frühjahr der sächsische Kultusminister Herr von Gerber
ein Rundschreiben an die Direktoren der sächsischen Ghmnasien
erließ, in welchem er die von vielen Seiten erhobenen Klagen
wegen Überbürdung unsrer Gymnasiasten bis zu einem gewissen
Grade anerkannte, auf einige der wichtigsten Gründe jener Erscheinung hinwies
und zugleich eine Zusammenkunft der sächsischen Gymnasialdirektoren in Aus¬
sicht stellte, deren Aufgabe es sein sollte, die notwendigen Änderungen im Re¬
gulativ zu beraten. Unter den Gymnasiallehrern Sachsens freilich rief jenes
Rundschreiben eine gewisse Aufregung hervor. Man war in diesen Kreisen über¬
zeugt, daß man redlich bemüht gewesen sei, den gesteigerten Ansprüche» des Re¬
gulativs vom Jahre 1876 allenthalben gerecht zu werden, und fühlte sich von
den in dem ministeriellen Schreiben enthaltenen Ausführungen umso peinlicher
berührt, als in den letzten Jahren auch nicht ein einzigesmal Stimmen laut
geworden waren, daß im sächsischen Gymnasialwesen erhebliche Mißstände um
sich gegriffen Hütten. Sodann aber war man hier gewöhnt, die sächsischen
Anstalten um ihrer Leistungen im Lateinischen und Griechischen willen über die
preußischen zu stellen. Da nun zugleich das Gerücht sich verbreitete, das säch¬
sische Ministerium trage sich mit dem Plane, dem neuen preußischen EntWurfe


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[0082] Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die Überlnirdnngssrage, daß der letzter» die Absicht einer ökonomischen Verbesserung ihres Betriebes zu Grunde liegt? Einen nachhaltigen Ertrag kann und soll die Bcsserungssteuer nicht auf¬ bringen; derselbe würde vielmehr in demselben Maße schwinden, wie der bessernde Zweck der Steuer erreicht werden wurde. Daher erscheint sie auch nicht geeignet, zur Deckung der taufenden Bedürfnisse des Reiches beizutragen. Könnte sie aber nicht nutzbar gemacht werden zum Wohle der arbeitenden Klassen? Sollte nicht die für niemand nutzbringende Verschwendung derer, welche von der Arbeit ihrer Mitmenschen Gewinn und Vermögen ziehen, end¬ lich wenigstens dazu dienen, den letztern ein sorgenfreies Alter zu bereiten? Durch die Begründung von Altersvcrsorgnngsanstalten aus den Erträgnissen der Besscrungssteuer würde vorübergehender Mißbrauch in dauernde Wohlthat umgesetzt werden, ein Ziel, welches wohl des Versuches wert ist. Die neue sächsische Gymnasial-Verordnung und die überbürdungsfrage. lie Freunde des Gymnasiums erfüllte es mit lebhafter Freude, als letztes Frühjahr der sächsische Kultusminister Herr von Gerber ein Rundschreiben an die Direktoren der sächsischen Ghmnasien erließ, in welchem er die von vielen Seiten erhobenen Klagen wegen Überbürdung unsrer Gymnasiasten bis zu einem gewissen Grade anerkannte, auf einige der wichtigsten Gründe jener Erscheinung hinwies und zugleich eine Zusammenkunft der sächsischen Gymnasialdirektoren in Aus¬ sicht stellte, deren Aufgabe es sein sollte, die notwendigen Änderungen im Re¬ gulativ zu beraten. Unter den Gymnasiallehrern Sachsens freilich rief jenes Rundschreiben eine gewisse Aufregung hervor. Man war in diesen Kreisen über¬ zeugt, daß man redlich bemüht gewesen sei, den gesteigerten Ansprüche» des Re¬ gulativs vom Jahre 1876 allenthalben gerecht zu werden, und fühlte sich von den in dem ministeriellen Schreiben enthaltenen Ausführungen umso peinlicher berührt, als in den letzten Jahren auch nicht ein einzigesmal Stimmen laut geworden waren, daß im sächsischen Gymnasialwesen erhebliche Mißstände um sich gegriffen Hütten. Sodann aber war man hier gewöhnt, die sächsischen Anstalten um ihrer Leistungen im Lateinischen und Griechischen willen über die preußischen zu stellen. Da nun zugleich das Gerücht sich verbreitete, das säch¬ sische Ministerium trage sich mit dem Plane, dem neuen preußischen EntWurfe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/82>, abgerufen am 22.07.2024.