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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Literatur.

noch, als er sich einem Herrn gegenüber sah, der ihm den Eindruck eines
Mannes von guter Gesellschaft machte. Er hatte sich in dem Maler, der seinen
Aufenthalt in dem kleinen Fischerdorfe genommen, eine andre und weniger impo-
nirende Persönlichkeit vorgestellt, und war in der That gekommen, um demselben
aus Dankbarkeit für den seiner Tochter geleisteten Dienst einen kleinen Auftrag
zu geben. Er wandte sich nun an Eberhardt mit großer Höflichkeit, die jedoch
nicht frei war von einem Anstrich militärischer Geradheit und der Zurückhaltung
des selbstbewußten, vornehmen Mannes, und drückte ihm seinen Dank aus, ohne
des eigentlichen Zweckes seines Kommens Erwähnung zu thun. Seine Tochter,
erzählte er, habe an jenem Abend in unbedachter Weise, nur von ihrer Ge¬
sellschafterin begleitet, einen Scherz ausgeführt, indem sie einen mit ihm nahe
befreundeten Gutsnachbar und alten Kameraden in Fischertracht überrascht habe.

Sie machen maritime Studien? fragte er dann, nachdem er auf der Bank
neben Eberhardt Platz genommen hatte.

Nicht allein maritime, entgegnete dieser. Ich habe in der Umgegend dieses
Platzes auch sehr hübsche landschaftliche Motive gefunden.

Schöne alte Bäume haben wir hier noch, die der neuern Manier der Forst¬
kultur glücklich entgangen sind, sagte der Baron.

Ja, und prächtige alte Burgen, versetzte Eberhardt, die den Charakter
stolzer Geschlechter überliefern, welche leider in der neuesten Zeit gleich den alten
Bäumen einer nivellirenden Tendenz zum Opfer zu fallen scheinen.

(Fortsetzung folgt.)




Literatur.
Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt, insvesondre der Floren-
gclnetc seit der Tertiarperwde, von Dr. Adolf Engler, ordentl. Professor der Botanik an
der Universität Kiel. Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1881.

Wie auf allen Gebieten der biologischen Wissenschaften, so hat sich auch auf
dem der Pflanzengeographie durch die Forschungen Darwins ein großer Umschwung
vollzogen. Hiervon legen zwei in neuester Zeit erschienene Werke Zeugnis ab, das
vorliegende und "Die Pflanzenwelt vor dem Erscheinen des Menschen" von Graf
G. von Sapvrta, übersetzt von Carl Voigt (Braunschweig, Vieweg u. Sohn, 1831).
Das letztgenannte wird jedoch von dem vorliegenden bei weitem durch die Fülle des
darin niedergelegten Materials übertroffen, es wird das Hauptwerk bleiben, welches
für alle künftigen Forschungen auf dem Gebiete der Pflanzengeographie zur Richt¬
schnur dienen wird. Während die ältern Pflanzengeographen, namentlich Alexander
von Humboldt, der Begründer der Pflanzengeographie, ferner Schouw und der
erst vor kurzem verstorbene Botaniker Grisebach, der unter den deutschen Botanikern


Literatur.

noch, als er sich einem Herrn gegenüber sah, der ihm den Eindruck eines
Mannes von guter Gesellschaft machte. Er hatte sich in dem Maler, der seinen
Aufenthalt in dem kleinen Fischerdorfe genommen, eine andre und weniger impo-
nirende Persönlichkeit vorgestellt, und war in der That gekommen, um demselben
aus Dankbarkeit für den seiner Tochter geleisteten Dienst einen kleinen Auftrag
zu geben. Er wandte sich nun an Eberhardt mit großer Höflichkeit, die jedoch
nicht frei war von einem Anstrich militärischer Geradheit und der Zurückhaltung
des selbstbewußten, vornehmen Mannes, und drückte ihm seinen Dank aus, ohne
des eigentlichen Zweckes seines Kommens Erwähnung zu thun. Seine Tochter,
erzählte er, habe an jenem Abend in unbedachter Weise, nur von ihrer Ge¬
sellschafterin begleitet, einen Scherz ausgeführt, indem sie einen mit ihm nahe
befreundeten Gutsnachbar und alten Kameraden in Fischertracht überrascht habe.

Sie machen maritime Studien? fragte er dann, nachdem er auf der Bank
neben Eberhardt Platz genommen hatte.

Nicht allein maritime, entgegnete dieser. Ich habe in der Umgegend dieses
Platzes auch sehr hübsche landschaftliche Motive gefunden.

Schöne alte Bäume haben wir hier noch, die der neuern Manier der Forst¬
kultur glücklich entgangen sind, sagte der Baron.

Ja, und prächtige alte Burgen, versetzte Eberhardt, die den Charakter
stolzer Geschlechter überliefern, welche leider in der neuesten Zeit gleich den alten
Bäumen einer nivellirenden Tendenz zum Opfer zu fallen scheinen.

(Fortsetzung folgt.)




Literatur.
Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Pflanzenwelt, insvesondre der Floren-
gclnetc seit der Tertiarperwde, von Dr. Adolf Engler, ordentl. Professor der Botanik an
der Universität Kiel. Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1881.

Wie auf allen Gebieten der biologischen Wissenschaften, so hat sich auch auf
dem der Pflanzengeographie durch die Forschungen Darwins ein großer Umschwung
vollzogen. Hiervon legen zwei in neuester Zeit erschienene Werke Zeugnis ab, das
vorliegende und „Die Pflanzenwelt vor dem Erscheinen des Menschen" von Graf
G. von Sapvrta, übersetzt von Carl Voigt (Braunschweig, Vieweg u. Sohn, 1831).
Das letztgenannte wird jedoch von dem vorliegenden bei weitem durch die Fülle des
darin niedergelegten Materials übertroffen, es wird das Hauptwerk bleiben, welches
für alle künftigen Forschungen auf dem Gebiete der Pflanzengeographie zur Richt¬
schnur dienen wird. Während die ältern Pflanzengeographen, namentlich Alexander
von Humboldt, der Begründer der Pflanzengeographie, ferner Schouw und der
erst vor kurzem verstorbene Botaniker Grisebach, der unter den deutschen Botanikern


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/119>, abgerufen am 22.07.2024.