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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Jacob Grimm und das Goethedcnkmal in Berlin.

reichendes Gebiet erobert und sie für immer vergeistiget haben, weicht aller
landschaftliche Unterschied zurück. Durch sie sind wir ein vorangehendes Volk
geworden.

Sobald die Kosten sich decken, die ein würdiges Denkmal erheischt, können
die Künstler auserlesen werden und zu schaffen beginnen. Des Prinzregenten
Gnade hat bereits einen ansehnlichen Beitrag verheißen, der als Grundlage
alles weiteren muß angesehen werden. Zu diesem darf selbst in unsrer Zeit,
die mehr als ein Standbild im Auge hat und damit alte Schulden abträgt,
vertrauensvoll aufgefordert werdeu, weil wir an die Hauptschuld mahnen. Möge
die erwünschte Unterstützung, wie nach langer Dürre erquickender Regen trieft,
mild zufließen.

April 1860.


2.
An Jacob Grimm bei seinem Ausscheiden aus dem Goethekomitee
am 2 4. Juni l861 von F. A. Mark er.

Kein größres Standbild wird Berlin errichten,
So lang' es Hauptstadt sich der Preußen nennt
Und für den Ruhm des deutschen Volks entbrennt --
Mag ein Jahrhundert um das andre dichten --
Als Goethes Bild! -- Auf. laßt den Streit uns schlichten,
Der sein und Schillers Freunde feindlich trennt.
Ihr alle, die des Geistes Hauch ihr kennt,
Erhebt zum Licht euch aus des Nebels Schichte".
Laßt sich den Freund in Freundes Auge spiegeln,
Vergeßt des wiuzgeu Tags und seiner Sorgen,
Laßt uns der Einheit schönes Denkmal gründen!
So wolltest du der Dichter Bund besiegeln,
Doch keiner hört's -- uns ward versagt der Morgen,
Der einst uns sollt' ein Fest des Friedens künden!

Und dn verzichtest, trittst aus unsrer Mitte;
Nichts Halbes will dein männlich starker Geist,
Nichts, dem der Genius Dauer uicht verheißt.
Du magst nicht, daß man keine, flick' und litte,
O wär' in Deutschland heilig doch die Sitte,
Die jeden Scheinbnnd augenvlicks zerreißt;
Dann hob' ihr Haupt die Falschheit nicht so dreist,
Und keinen gäb's, der für die Lüge stritte!
Den schönsten Namen hast du dir erworben,
Die That der Sieben leuchtet ruhmumkränzt.
Du hast des Zwingherrn falschen Spruch zerrissen,
Und wär' in uns der ManneSmut erstorben,
Mahnt uns dein Vorbild, das so rein erglänzt:
Der höchste Richter bleib' uns das Gewissen!

Jacob Grimm und das Goethedcnkmal in Berlin.

reichendes Gebiet erobert und sie für immer vergeistiget haben, weicht aller
landschaftliche Unterschied zurück. Durch sie sind wir ein vorangehendes Volk
geworden.

Sobald die Kosten sich decken, die ein würdiges Denkmal erheischt, können
die Künstler auserlesen werden und zu schaffen beginnen. Des Prinzregenten
Gnade hat bereits einen ansehnlichen Beitrag verheißen, der als Grundlage
alles weiteren muß angesehen werden. Zu diesem darf selbst in unsrer Zeit,
die mehr als ein Standbild im Auge hat und damit alte Schulden abträgt,
vertrauensvoll aufgefordert werdeu, weil wir an die Hauptschuld mahnen. Möge
die erwünschte Unterstützung, wie nach langer Dürre erquickender Regen trieft,
mild zufließen.

April 1860.


2.
An Jacob Grimm bei seinem Ausscheiden aus dem Goethekomitee
am 2 4. Juni l861 von F. A. Mark er.

Kein größres Standbild wird Berlin errichten,
So lang' es Hauptstadt sich der Preußen nennt
Und für den Ruhm des deutschen Volks entbrennt —
Mag ein Jahrhundert um das andre dichten —
Als Goethes Bild! — Auf. laßt den Streit uns schlichten,
Der sein und Schillers Freunde feindlich trennt.
Ihr alle, die des Geistes Hauch ihr kennt,
Erhebt zum Licht euch aus des Nebels Schichte».
Laßt sich den Freund in Freundes Auge spiegeln,
Vergeßt des wiuzgeu Tags und seiner Sorgen,
Laßt uns der Einheit schönes Denkmal gründen!
So wolltest du der Dichter Bund besiegeln,
Doch keiner hört's — uns ward versagt der Morgen,
Der einst uns sollt' ein Fest des Friedens künden!

Und dn verzichtest, trittst aus unsrer Mitte;
Nichts Halbes will dein männlich starker Geist,
Nichts, dem der Genius Dauer uicht verheißt.
Du magst nicht, daß man keine, flick' und litte,
O wär' in Deutschland heilig doch die Sitte,
Die jeden Scheinbnnd augenvlicks zerreißt;
Dann hob' ihr Haupt die Falschheit nicht so dreist,
Und keinen gäb's, der für die Lüge stritte!
Den schönsten Namen hast du dir erworben,
Die That der Sieben leuchtet ruhmumkränzt.
Du hast des Zwingherrn falschen Spruch zerrissen,
Und wär' in uns der ManneSmut erstorben,
Mahnt uns dein Vorbild, das so rein erglänzt:
Der höchste Richter bleib' uns das Gewissen!

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[0470] Jacob Grimm und das Goethedcnkmal in Berlin. reichendes Gebiet erobert und sie für immer vergeistiget haben, weicht aller landschaftliche Unterschied zurück. Durch sie sind wir ein vorangehendes Volk geworden. Sobald die Kosten sich decken, die ein würdiges Denkmal erheischt, können die Künstler auserlesen werden und zu schaffen beginnen. Des Prinzregenten Gnade hat bereits einen ansehnlichen Beitrag verheißen, der als Grundlage alles weiteren muß angesehen werden. Zu diesem darf selbst in unsrer Zeit, die mehr als ein Standbild im Auge hat und damit alte Schulden abträgt, vertrauensvoll aufgefordert werdeu, weil wir an die Hauptschuld mahnen. Möge die erwünschte Unterstützung, wie nach langer Dürre erquickender Regen trieft, mild zufließen. April 1860. 2. An Jacob Grimm bei seinem Ausscheiden aus dem Goethekomitee am 2 4. Juni l861 von F. A. Mark er. Kein größres Standbild wird Berlin errichten, So lang' es Hauptstadt sich der Preußen nennt Und für den Ruhm des deutschen Volks entbrennt — Mag ein Jahrhundert um das andre dichten — Als Goethes Bild! — Auf. laßt den Streit uns schlichten, Der sein und Schillers Freunde feindlich trennt. Ihr alle, die des Geistes Hauch ihr kennt, Erhebt zum Licht euch aus des Nebels Schichte». Laßt sich den Freund in Freundes Auge spiegeln, Vergeßt des wiuzgeu Tags und seiner Sorgen, Laßt uns der Einheit schönes Denkmal gründen! So wolltest du der Dichter Bund besiegeln, Doch keiner hört's — uns ward versagt der Morgen, Der einst uns sollt' ein Fest des Friedens künden! Und dn verzichtest, trittst aus unsrer Mitte; Nichts Halbes will dein männlich starker Geist, Nichts, dem der Genius Dauer uicht verheißt. Du magst nicht, daß man keine, flick' und litte, O wär' in Deutschland heilig doch die Sitte, Die jeden Scheinbnnd augenvlicks zerreißt; Dann hob' ihr Haupt die Falschheit nicht so dreist, Und keinen gäb's, der für die Lüge stritte! Den schönsten Namen hast du dir erworben, Die That der Sieben leuchtet ruhmumkränzt. Du hast des Zwingherrn falschen Spruch zerrissen, Und wär' in uns der ManneSmut erstorben, Mahnt uns dein Vorbild, das so rein erglänzt: Der höchste Richter bleib' uns das Gewissen!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/470>, abgerufen am 03.07.2024.