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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Politische Briefe.

erwarteten Wendung des Gefechts in das Schlachtgetiimmel hineingezogen worden
ist, so daß ihm die Kugeln um die Ohren Pfiffen und er sich in einer Boden¬
senkung verbergen mußte, um seinem künstlerischen Eifer nicht zum Opfer zu
fallen. Mit besondrer Sorgfalt ist das anmuthige Landschaftsbild, in welchem
die Schlacht tobt, ausgeführt, und mit besondrer Feinheit die Luftperspective
behandelt. Für Würtemberg knüpft sich an das Gemälde noch ein Speeinl-
interesse, da die meisten der höhern Offiziere Porträts sind. Eine andre Epi¬
sode aus der Schlacht bei Wörth hat der Kasseler Akademiedirectvr L, Kötitz
in seinem bekannten Farbenrcalismus geschildert! General von Bose hält mit
seiner militärischen Umgebung an der Seite eines von Granaten beschossenen
Hauses.

Einen feierlichen Moment, der mit der jüngsten glorreichen Vergangenheit
unsres Volkes zusammenhängt, hat A, v. Werner, der Director der Berliner
Kunstakademie, zum Gegenstande eines Bildes gemacht, dein der Erfolg schon
durch die Wahl des Stoffes gesichert ist. Am 19. Juli 1870, dem Tage, an
welchem König Wilhelm den Orden des eisernen Kreuzes erneuerte, begab er
sich nach Charlvttenlmrg, um in dem Mausoleum, welches die sterblichen Neste
seiner Eltern und ihre von Rauch geschaffenen Marmorbilder umschließt, in
stillem Gebete Trost und Kraft zu gewinnen. Ernst sinnend, im Geiste ver¬
gangnes und zukünftiges erwägend, steht der greise Monarch an dem Marmor-
sarkophagc, auf welchem das Abbild seiner verewigten Mutter in unvergleich¬
licher Schönheit ruht. Das violette Licht, welches von oben hereinfällt, erfüllt
den geweihten Raum mit magischem Glänze. In kleinem Maßstabe gehalten
entwickelt das Bild viel größere Vorzüge als die Schöpfungen des Künstlers
für monumentale Zwecke, denen stets die innere Größe fehlt. Mit Schlichtheit
und Wahrheit der Auffassung paart sich die Einfachheit und der würdevolle
Ernst des Colorits, welcher das Ganze völlig durchdringt, obwohl die violette
Beleuchtung die Gefahr nahe legt, in theatralische Effecte zu gerathen.




politische Briefe.
vom wahren und vom falschen Socialismus.

cu
m die Nachwelt dereinst die historische Gestalt des ersten Reichskanz¬
lers betrachten wird, so wird sie unter den vielen eigenthümlichen Zügen
dieses Charakters vielleicht für den merkwürdigste" halten, daß bei
einer solchen Kette vollendeter Erfolge sich bei jedem neuen An¬
fange der Ruf wiederholt hat, der Kanzler sei auf dem Wege, die
größte Thorheit zu begehen, alle Dinge zu verwirren und sein Volk ins Un-


Politische Briefe.

erwarteten Wendung des Gefechts in das Schlachtgetiimmel hineingezogen worden
ist, so daß ihm die Kugeln um die Ohren Pfiffen und er sich in einer Boden¬
senkung verbergen mußte, um seinem künstlerischen Eifer nicht zum Opfer zu
fallen. Mit besondrer Sorgfalt ist das anmuthige Landschaftsbild, in welchem
die Schlacht tobt, ausgeführt, und mit besondrer Feinheit die Luftperspective
behandelt. Für Würtemberg knüpft sich an das Gemälde noch ein Speeinl-
interesse, da die meisten der höhern Offiziere Porträts sind. Eine andre Epi¬
sode aus der Schlacht bei Wörth hat der Kasseler Akademiedirectvr L, Kötitz
in seinem bekannten Farbenrcalismus geschildert! General von Bose hält mit
seiner militärischen Umgebung an der Seite eines von Granaten beschossenen
Hauses.

Einen feierlichen Moment, der mit der jüngsten glorreichen Vergangenheit
unsres Volkes zusammenhängt, hat A, v. Werner, der Director der Berliner
Kunstakademie, zum Gegenstande eines Bildes gemacht, dein der Erfolg schon
durch die Wahl des Stoffes gesichert ist. Am 19. Juli 1870, dem Tage, an
welchem König Wilhelm den Orden des eisernen Kreuzes erneuerte, begab er
sich nach Charlvttenlmrg, um in dem Mausoleum, welches die sterblichen Neste
seiner Eltern und ihre von Rauch geschaffenen Marmorbilder umschließt, in
stillem Gebete Trost und Kraft zu gewinnen. Ernst sinnend, im Geiste ver¬
gangnes und zukünftiges erwägend, steht der greise Monarch an dem Marmor-
sarkophagc, auf welchem das Abbild seiner verewigten Mutter in unvergleich¬
licher Schönheit ruht. Das violette Licht, welches von oben hereinfällt, erfüllt
den geweihten Raum mit magischem Glänze. In kleinem Maßstabe gehalten
entwickelt das Bild viel größere Vorzüge als die Schöpfungen des Künstlers
für monumentale Zwecke, denen stets die innere Größe fehlt. Mit Schlichtheit
und Wahrheit der Auffassung paart sich die Einfachheit und der würdevolle
Ernst des Colorits, welcher das Ganze völlig durchdringt, obwohl die violette
Beleuchtung die Gefahr nahe legt, in theatralische Effecte zu gerathen.




politische Briefe.
vom wahren und vom falschen Socialismus.

cu
m die Nachwelt dereinst die historische Gestalt des ersten Reichskanz¬
lers betrachten wird, so wird sie unter den vielen eigenthümlichen Zügen
dieses Charakters vielleicht für den merkwürdigste» halten, daß bei
einer solchen Kette vollendeter Erfolge sich bei jedem neuen An¬
fange der Ruf wiederholt hat, der Kanzler sei auf dem Wege, die
größte Thorheit zu begehen, alle Dinge zu verwirren und sein Volk ins Un-


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[0526] Politische Briefe. erwarteten Wendung des Gefechts in das Schlachtgetiimmel hineingezogen worden ist, so daß ihm die Kugeln um die Ohren Pfiffen und er sich in einer Boden¬ senkung verbergen mußte, um seinem künstlerischen Eifer nicht zum Opfer zu fallen. Mit besondrer Sorgfalt ist das anmuthige Landschaftsbild, in welchem die Schlacht tobt, ausgeführt, und mit besondrer Feinheit die Luftperspective behandelt. Für Würtemberg knüpft sich an das Gemälde noch ein Speeinl- interesse, da die meisten der höhern Offiziere Porträts sind. Eine andre Epi¬ sode aus der Schlacht bei Wörth hat der Kasseler Akademiedirectvr L, Kötitz in seinem bekannten Farbenrcalismus geschildert! General von Bose hält mit seiner militärischen Umgebung an der Seite eines von Granaten beschossenen Hauses. Einen feierlichen Moment, der mit der jüngsten glorreichen Vergangenheit unsres Volkes zusammenhängt, hat A, v. Werner, der Director der Berliner Kunstakademie, zum Gegenstande eines Bildes gemacht, dein der Erfolg schon durch die Wahl des Stoffes gesichert ist. Am 19. Juli 1870, dem Tage, an welchem König Wilhelm den Orden des eisernen Kreuzes erneuerte, begab er sich nach Charlvttenlmrg, um in dem Mausoleum, welches die sterblichen Neste seiner Eltern und ihre von Rauch geschaffenen Marmorbilder umschließt, in stillem Gebete Trost und Kraft zu gewinnen. Ernst sinnend, im Geiste ver¬ gangnes und zukünftiges erwägend, steht der greise Monarch an dem Marmor- sarkophagc, auf welchem das Abbild seiner verewigten Mutter in unvergleich¬ licher Schönheit ruht. Das violette Licht, welches von oben hereinfällt, erfüllt den geweihten Raum mit magischem Glänze. In kleinem Maßstabe gehalten entwickelt das Bild viel größere Vorzüge als die Schöpfungen des Künstlers für monumentale Zwecke, denen stets die innere Größe fehlt. Mit Schlichtheit und Wahrheit der Auffassung paart sich die Einfachheit und der würdevolle Ernst des Colorits, welcher das Ganze völlig durchdringt, obwohl die violette Beleuchtung die Gefahr nahe legt, in theatralische Effecte zu gerathen. politische Briefe. vom wahren und vom falschen Socialismus. cu m die Nachwelt dereinst die historische Gestalt des ersten Reichskanz¬ lers betrachten wird, so wird sie unter den vielen eigenthümlichen Zügen dieses Charakters vielleicht für den merkwürdigste» halten, daß bei einer solchen Kette vollendeter Erfolge sich bei jedem neuen An¬ fange der Ruf wiederholt hat, der Kanzler sei auf dem Wege, die größte Thorheit zu begehen, alle Dinge zu verwirren und sein Volk ins Un-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/526>, abgerufen am 01.09.2024.