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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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den Niederlanden unternahm, deren beabsichtigte Fortsetzung nach England und
Frankreich Ende August durch den Ausbruch des siebenjährigen Krieges ver¬
eitelt wurde. Vielleicht interessiert als Zugabe zu dem Vorstehenden noch die
Mittheilung, in welchem verwandtschaftlichen Verhältniß dieser zu dem bekann¬
ten Kunstsammler stand: beider Großväter waren Brüder gewesen. Der
Vater Christian Gottfrieds, Christoph Georg Winckler, hatte 1745 den statt¬
lichen, wenige Jahrzehnte zuvor neu erbauten Häusercomplex "zur großen
Feuerkugel" gekauft und war 1748 gestorben. Christian Gottfried (geboren
4. Mai 1734), der bei des Vaters Tode 14 Jahre alt war, übernahm 1751
als 8wäi08us iuris den väterlichen Grundbesitz. Als er mit Lessing 1756 die
erwähnte Reise antrat, war er 22, Lessing etwas über 27 Jahre alt. Da er
die "Feuerkugel" bis zu seinem Tode, 1788, besaß, so fällt, außer von Lessing,
auch noch von Goethe ein schwacher Schimmer auf seinen Namen: in der "Feuer¬
kugel" wohnte der Student Goethe von 1765 bis 1768.


G. W.


Die Hauptströmungen in der bildenden Kunst der
Gegenwart.
(Schluß.)
11. Die Münchener Schule: Die Maler des Salons. - Landschafts¬
und Thiermaler.

Die Bezeichnung "Salonmaler", durch welche wir eine gewisse Gruppe der
Münchener Maler am besten charakterisieren können, ist nicht ohne ironischen
Beigeschmack. In einer Zeit wie die unsrige, in welcher lyrische Gedichte in
beklagenswerthen Mißcredit gekommen sind, sucht man förmlich eine Ehre darin,
seine Gefühle hinter einer nüchternen Herzlosigkeit, einer klaren Prosamiene zu
verbergen und jeden Ueberschwang der Gefühle zu verhöhnen, über jede senti¬
mentale Gefühlsäußerung schlechte Witze zu machen. Man wäre versuchten
unsrer Zeit schon das vollständigste Gegenbild der Wertherperiode zu sehen,
wenn nicht alle Anzeichen darauf hindeuteten, daß man mit vollen Segeln dem
amerikanischen Gefnhlsrealismus entgegensteuert, daß also von unsrer Zeit auf
dem Gebiete der Gefühlsverleugnung noch viel mehr zu erwarten ist, als sie
schon geleistet hat. Die Besserung auch dieser Zustände wird wie die mancher
andern in den Händen der deutschen Frauen liegen, und in ihren Herzen ruht


den Niederlanden unternahm, deren beabsichtigte Fortsetzung nach England und
Frankreich Ende August durch den Ausbruch des siebenjährigen Krieges ver¬
eitelt wurde. Vielleicht interessiert als Zugabe zu dem Vorstehenden noch die
Mittheilung, in welchem verwandtschaftlichen Verhältniß dieser zu dem bekann¬
ten Kunstsammler stand: beider Großväter waren Brüder gewesen. Der
Vater Christian Gottfrieds, Christoph Georg Winckler, hatte 1745 den statt¬
lichen, wenige Jahrzehnte zuvor neu erbauten Häusercomplex „zur großen
Feuerkugel" gekauft und war 1748 gestorben. Christian Gottfried (geboren
4. Mai 1734), der bei des Vaters Tode 14 Jahre alt war, übernahm 1751
als 8wäi08us iuris den väterlichen Grundbesitz. Als er mit Lessing 1756 die
erwähnte Reise antrat, war er 22, Lessing etwas über 27 Jahre alt. Da er
die „Feuerkugel" bis zu seinem Tode, 1788, besaß, so fällt, außer von Lessing,
auch noch von Goethe ein schwacher Schimmer auf seinen Namen: in der „Feuer¬
kugel" wohnte der Student Goethe von 1765 bis 1768.


G. W.


Die Hauptströmungen in der bildenden Kunst der
Gegenwart.
(Schluß.)
11. Die Münchener Schule: Die Maler des Salons. - Landschafts¬
und Thiermaler.

Die Bezeichnung „Salonmaler", durch welche wir eine gewisse Gruppe der
Münchener Maler am besten charakterisieren können, ist nicht ohne ironischen
Beigeschmack. In einer Zeit wie die unsrige, in welcher lyrische Gedichte in
beklagenswerthen Mißcredit gekommen sind, sucht man förmlich eine Ehre darin,
seine Gefühle hinter einer nüchternen Herzlosigkeit, einer klaren Prosamiene zu
verbergen und jeden Ueberschwang der Gefühle zu verhöhnen, über jede senti¬
mentale Gefühlsäußerung schlechte Witze zu machen. Man wäre versuchten
unsrer Zeit schon das vollständigste Gegenbild der Wertherperiode zu sehen,
wenn nicht alle Anzeichen darauf hindeuteten, daß man mit vollen Segeln dem
amerikanischen Gefnhlsrealismus entgegensteuert, daß also von unsrer Zeit auf
dem Gebiete der Gefühlsverleugnung noch viel mehr zu erwarten ist, als sie
schon geleistet hat. Die Besserung auch dieser Zustände wird wie die mancher
andern in den Händen der deutschen Frauen liegen, und in ihren Herzen ruht


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[0552] den Niederlanden unternahm, deren beabsichtigte Fortsetzung nach England und Frankreich Ende August durch den Ausbruch des siebenjährigen Krieges ver¬ eitelt wurde. Vielleicht interessiert als Zugabe zu dem Vorstehenden noch die Mittheilung, in welchem verwandtschaftlichen Verhältniß dieser zu dem bekann¬ ten Kunstsammler stand: beider Großväter waren Brüder gewesen. Der Vater Christian Gottfrieds, Christoph Georg Winckler, hatte 1745 den statt¬ lichen, wenige Jahrzehnte zuvor neu erbauten Häusercomplex „zur großen Feuerkugel" gekauft und war 1748 gestorben. Christian Gottfried (geboren 4. Mai 1734), der bei des Vaters Tode 14 Jahre alt war, übernahm 1751 als 8wäi08us iuris den väterlichen Grundbesitz. Als er mit Lessing 1756 die erwähnte Reise antrat, war er 22, Lessing etwas über 27 Jahre alt. Da er die „Feuerkugel" bis zu seinem Tode, 1788, besaß, so fällt, außer von Lessing, auch noch von Goethe ein schwacher Schimmer auf seinen Namen: in der „Feuer¬ kugel" wohnte der Student Goethe von 1765 bis 1768. G. W. Die Hauptströmungen in der bildenden Kunst der Gegenwart. (Schluß.) 11. Die Münchener Schule: Die Maler des Salons. - Landschafts¬ und Thiermaler. Die Bezeichnung „Salonmaler", durch welche wir eine gewisse Gruppe der Münchener Maler am besten charakterisieren können, ist nicht ohne ironischen Beigeschmack. In einer Zeit wie die unsrige, in welcher lyrische Gedichte in beklagenswerthen Mißcredit gekommen sind, sucht man förmlich eine Ehre darin, seine Gefühle hinter einer nüchternen Herzlosigkeit, einer klaren Prosamiene zu verbergen und jeden Ueberschwang der Gefühle zu verhöhnen, über jede senti¬ mentale Gefühlsäußerung schlechte Witze zu machen. Man wäre versuchten unsrer Zeit schon das vollständigste Gegenbild der Wertherperiode zu sehen, wenn nicht alle Anzeichen darauf hindeuteten, daß man mit vollen Segeln dem amerikanischen Gefnhlsrealismus entgegensteuert, daß also von unsrer Zeit auf dem Gebiete der Gefühlsverleugnung noch viel mehr zu erwarten ist, als sie schon geleistet hat. Die Besserung auch dieser Zustände wird wie die mancher andern in den Händen der deutschen Frauen liegen, und in ihren Herzen ruht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/552>, abgerufen am 27.12.2024.