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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.

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stimmen lassen, den ungesunden partieularistischen Antagonismus aufzugeben, die
sectionellen Vorurtheile fahren zu lassen und die nationale Autorität anzuer¬
kennen gegenüber der beschränkten Souveränetät der einzelnen Unionsstaaten.
General Garfield wird einem unionstreuen Süden ebenso freundlich entgegen¬
kommen, wie es Präsident Hayes gethan hat, einem störrigen, antinationalen
Süden aber ebenso fest entgegentreten wie sein Vorgänger im Präsidentenamte.
Schon der Selbsterhaltungstrieb sollte den Süden über die wirkliche Lage der
Dinge aufklären und ihn sein Heil in einem engern, aufrichtigem Anschluß an
den Norden suchen und finden lassen. Daß dies geschehen wird, ist die Hoff¬
nung aller wahren Unionsfreunde, umsomehr, als auch der Congreß, wenigstens
das Repräsentantenhaus, im nächsten Jahre in der Mehrheit aus Mitgliedern
der republikanischen Partei bestehen wird. Die Bundesregierung und die Bundes¬
gesetzgebung werden dann nicht, wie dies jetzt der Fall ist, über die wichtigsten
Fragen mit einander streiten, sondern gemeinsam das Wohl des glänzen Landes
zu fördern suchen.




Der Junker Bismarck.

Als Bismarck sich zuerst am öffentlichen Leben betheiligte, hingen ihm seine
Gegner die Bezeichnung "Junker" an, und diese blieb für viele bis 1866, für
gewisse besonders "gesinnungstüchtige" bis heute in der Mode. Fragen wir
nach der Bedeutung des Wortes, so ist Junker zunächst der junge Herr im
Gegensatze zum alten, der Sohn aus adelichem Geschlechte gegenüber dem als
Senior des Hauses fungierenden Vater. In verschiedenen Theilen Deutschlands
wird es noch jetzt in diesem Sinne von Dienstleuten gebraucht, welche die
Kinder eines Landedelmannes warten. So lange die Offiziere der Armeen
ausschließlich aus den Reihen des Adels genommen wurden, war selbstverständlich
jeder derselben Anfangs ein Junker, und so wurde das Wort der offizielle
Titel für den niedrigsten Grad auf der Stufenleiter des Offiziersstandes. Da
zu gleicher Zeit die höheren Dienststellen an den Höfen nur mit Adelichen be¬
setzt wurden, so gab es neben den Fahnenjunkern auch Kammer- und Jagd¬
junker. Abgesehen hiervon nahm der Terminus Junker allmählich die Summe
der Eigenschaften in sich auf, denen man gewöhnlich bei jungen Edelleuten vom
Lande und im Militär begegnete, und bezeichnete Stolz auf Familie und Beruf
und übermüthige Dreistigkeit mit einem Beigeschmacke von nobler Passion und


stimmen lassen, den ungesunden partieularistischen Antagonismus aufzugeben, die
sectionellen Vorurtheile fahren zu lassen und die nationale Autorität anzuer¬
kennen gegenüber der beschränkten Souveränetät der einzelnen Unionsstaaten.
General Garfield wird einem unionstreuen Süden ebenso freundlich entgegen¬
kommen, wie es Präsident Hayes gethan hat, einem störrigen, antinationalen
Süden aber ebenso fest entgegentreten wie sein Vorgänger im Präsidentenamte.
Schon der Selbsterhaltungstrieb sollte den Süden über die wirkliche Lage der
Dinge aufklären und ihn sein Heil in einem engern, aufrichtigem Anschluß an
den Norden suchen und finden lassen. Daß dies geschehen wird, ist die Hoff¬
nung aller wahren Unionsfreunde, umsomehr, als auch der Congreß, wenigstens
das Repräsentantenhaus, im nächsten Jahre in der Mehrheit aus Mitgliedern
der republikanischen Partei bestehen wird. Die Bundesregierung und die Bundes¬
gesetzgebung werden dann nicht, wie dies jetzt der Fall ist, über die wichtigsten
Fragen mit einander streiten, sondern gemeinsam das Wohl des glänzen Landes
zu fördern suchen.




Der Junker Bismarck.

Als Bismarck sich zuerst am öffentlichen Leben betheiligte, hingen ihm seine
Gegner die Bezeichnung „Junker" an, und diese blieb für viele bis 1866, für
gewisse besonders „gesinnungstüchtige" bis heute in der Mode. Fragen wir
nach der Bedeutung des Wortes, so ist Junker zunächst der junge Herr im
Gegensatze zum alten, der Sohn aus adelichem Geschlechte gegenüber dem als
Senior des Hauses fungierenden Vater. In verschiedenen Theilen Deutschlands
wird es noch jetzt in diesem Sinne von Dienstleuten gebraucht, welche die
Kinder eines Landedelmannes warten. So lange die Offiziere der Armeen
ausschließlich aus den Reihen des Adels genommen wurden, war selbstverständlich
jeder derselben Anfangs ein Junker, und so wurde das Wort der offizielle
Titel für den niedrigsten Grad auf der Stufenleiter des Offiziersstandes. Da
zu gleicher Zeit die höheren Dienststellen an den Höfen nur mit Adelichen be¬
setzt wurden, so gab es neben den Fahnenjunkern auch Kammer- und Jagd¬
junker. Abgesehen hiervon nahm der Terminus Junker allmählich die Summe
der Eigenschaften in sich auf, denen man gewöhnlich bei jungen Edelleuten vom
Lande und im Militär begegnete, und bezeichnete Stolz auf Familie und Beruf
und übermüthige Dreistigkeit mit einem Beigeschmacke von nobler Passion und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157695/390>, abgerufen am 14.01.2025.