Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.Jahres gegangen ist. Keine Frage: Hätte die Curie bewirkt, daß die Mai¬ Daß der Kanzler, wenn sein Friedensversuch von römischer Seite vereitelt Literatur. Reisebriefe eines Diplomaten. Von Charikles. Wismar, Hiustorff, 1880. Das vorliegende Buch eines Pseudonymen Verfassers besteht aus mehreren Man kann dem Verfasser das Zeugniß eines gut gebildeten und auf allen Jahres gegangen ist. Keine Frage: Hätte die Curie bewirkt, daß die Mai¬ Daß der Kanzler, wenn sein Friedensversuch von römischer Seite vereitelt Literatur. Reisebriefe eines Diplomaten. Von Charikles. Wismar, Hiustorff, 1880. Das vorliegende Buch eines Pseudonymen Verfassers besteht aus mehreren Man kann dem Verfasser das Zeugniß eines gut gebildeten und auf allen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147898"/> <p xml:id="ID_686" prev="#ID_685"> Jahres gegangen ist. Keine Frage: Hätte die Curie bewirkt, daß die Mai¬<lb/> vorlage zur unveränderten Annahme gelaugte, so Hütte sie auch zu einem für<lb/> die Curie sich immer besser gestaltenden mocws vivsiM gelangen und damit<lb/> für ihre derzeitige Weltrolle einen unermeßlichen Vortheil gewinnen können.<lb/> Ganz hat es an dieser Erkenntniß auch im Vatican nicht gefehlt, aber sie<lb/> hat nicht durchbrechen können. Das eine Hinderniß sind die Jesuiten ge¬<lb/> wesen, das zweite das deutsche Centrum. Das Centrum fürchtete die Con-<lb/> sequenzen eines Friedens, der nicht ein voller römischer Triumph wäre, für seine<lb/> Politische Rolle im deutschen Reiche. Auch die Rechnung, unter welche die<lb/> Jesuiten die Posten der heutigen Weltlage bringen, ist nicht in undurch¬<lb/> dringliches Dunkel gehüllt. Sie wird vielleicht einmal zu beleuchten sein. Für<lb/> die deutschen Verhältnisse ist die Thatsache besonders folgenreich, daß das Centrum<lb/> den Frieden, von dem alle verständigen Leute wissen mußten, daß er uicht in<lb/> einem Tage zu erreichen sei, bei dem Versuche der Grundlegung vereitelt hat.<lb/> Es scheint nicht, daß man über die Heilsamkeit dieser That ein sichres Ge¬<lb/> wissen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_687"> Daß der Kanzler, wenn sein Friedensversuch von römischer Seite vereitelt<lb/> worden, den Kampf mit nachdrücklichem Mitteln aufnehmen werde, ist gleich<lb/> bei der Anstellung des Versuchs in unsern Briefen vermuthet wordeu. Jetzt<lb/> ist kein Friede, aber auch kein Krieg, weil das Centrum eine schwache, uach<lb/> unserer Meinung leere Hoffnung auf Anstellung neuer Friedensversuche entweder<lb/> hegt oder wenigstens vorzugehen für gut hält. Der Kanzler wird abwarten,<lb/> wie das Centrum die Consequenzen der Rolle zieht, die es mit der Zurück¬<lb/> weisung der Maigesetzvorlage angetreten<note type="byline"/> .</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Literatur.</head><lb/> <p xml:id="ID_688"> Reisebriefe eines Diplomaten. Von Charikles. Wismar, Hiustorff, 1880.</p><lb/> <p xml:id="ID_689"> Das vorliegende Buch eines Pseudonymen Verfassers besteht aus mehreren<lb/> Theilen, welche zu verschiedenen Zeiten geschrieben sind und, wie die Verlagshcmd-<lb/> mng in den einleitenden Worten sagt, bereits in literarischen Revuen, wenn auch<lb/> ni anderer Gestalt, erschienen sind. ' Der erste Abschnitt enthält Briefe aus Konstan-<lb/> tinopel aus dem Jahre 1876, Im zweiten ist ein Ausflug nach dem Thurme von<lb/> Vabel im Jahre 1850, im dritten eine diplomatische Sendung aus dein Jahre<lb/> 1851 „Von Bagdad nach Jspcchan" geschildert. Den Schluß bildet ein Aufsatz,<lb/> betitelt „Vor dreißig Jahren, die erste Ferienreise", der uns von Wien aus, die<lb/> Donan aufwärts, dann vom Bodensee den Rhein entlang nach Köln und endlich<lb/> nach Paris führt.</p><lb/> <p xml:id="ID_690" next="#ID_691"> Man kann dem Verfasser das Zeugniß eines gut gebildeten und auf allen<lb/> Gebieten wohlbewanderter, anmuthigen Schilderers und Erzählers nicht versagen.<lb/> Ausgestattet mit einem empfänglichen Sinn für Naturschönheiten, benutzt er jede</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Jahres gegangen ist. Keine Frage: Hätte die Curie bewirkt, daß die Mai¬
vorlage zur unveränderten Annahme gelaugte, so Hütte sie auch zu einem für
die Curie sich immer besser gestaltenden mocws vivsiM gelangen und damit
für ihre derzeitige Weltrolle einen unermeßlichen Vortheil gewinnen können.
Ganz hat es an dieser Erkenntniß auch im Vatican nicht gefehlt, aber sie
hat nicht durchbrechen können. Das eine Hinderniß sind die Jesuiten ge¬
wesen, das zweite das deutsche Centrum. Das Centrum fürchtete die Con-
sequenzen eines Friedens, der nicht ein voller römischer Triumph wäre, für seine
Politische Rolle im deutschen Reiche. Auch die Rechnung, unter welche die
Jesuiten die Posten der heutigen Weltlage bringen, ist nicht in undurch¬
dringliches Dunkel gehüllt. Sie wird vielleicht einmal zu beleuchten sein. Für
die deutschen Verhältnisse ist die Thatsache besonders folgenreich, daß das Centrum
den Frieden, von dem alle verständigen Leute wissen mußten, daß er uicht in
einem Tage zu erreichen sei, bei dem Versuche der Grundlegung vereitelt hat.
Es scheint nicht, daß man über die Heilsamkeit dieser That ein sichres Ge¬
wissen hat.
Daß der Kanzler, wenn sein Friedensversuch von römischer Seite vereitelt
worden, den Kampf mit nachdrücklichem Mitteln aufnehmen werde, ist gleich
bei der Anstellung des Versuchs in unsern Briefen vermuthet wordeu. Jetzt
ist kein Friede, aber auch kein Krieg, weil das Centrum eine schwache, uach
unserer Meinung leere Hoffnung auf Anstellung neuer Friedensversuche entweder
hegt oder wenigstens vorzugehen für gut hält. Der Kanzler wird abwarten,
wie das Centrum die Consequenzen der Rolle zieht, die es mit der Zurück¬
weisung der Maigesetzvorlage angetreten .
Literatur.
Reisebriefe eines Diplomaten. Von Charikles. Wismar, Hiustorff, 1880.
Das vorliegende Buch eines Pseudonymen Verfassers besteht aus mehreren
Theilen, welche zu verschiedenen Zeiten geschrieben sind und, wie die Verlagshcmd-
mng in den einleitenden Worten sagt, bereits in literarischen Revuen, wenn auch
ni anderer Gestalt, erschienen sind. ' Der erste Abschnitt enthält Briefe aus Konstan-
tinopel aus dem Jahre 1876, Im zweiten ist ein Ausflug nach dem Thurme von
Vabel im Jahre 1850, im dritten eine diplomatische Sendung aus dein Jahre
1851 „Von Bagdad nach Jspcchan" geschildert. Den Schluß bildet ein Aufsatz,
betitelt „Vor dreißig Jahren, die erste Ferienreise", der uns von Wien aus, die
Donan aufwärts, dann vom Bodensee den Rhein entlang nach Köln und endlich
nach Paris führt.
Man kann dem Verfasser das Zeugniß eines gut gebildeten und auf allen
Gebieten wohlbewanderter, anmuthigen Schilderers und Erzählers nicht versagen.
Ausgestattet mit einem empfänglichen Sinn für Naturschönheiten, benutzt er jede
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