Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.politische Briefe. I. Das neue Militärseptennat. Unser heutiger Brief wollte sich eigentlich mit der Geschichte der preußi¬ Diese Anführungen genügen, um den Charakter des neuen Gesetzes erkennen politische Briefe. I. Das neue Militärseptennat. Unser heutiger Brief wollte sich eigentlich mit der Geschichte der preußi¬ Diese Anführungen genügen, um den Charakter des neuen Gesetzes erkennen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0222" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/146151"/> </div> <div n="1"> <head> politische Briefe.<lb/> I. Das neue Militärseptennat. </head><lb/> <p xml:id="ID_596"> Unser heutiger Brief wollte sich eigentlich mit der Geschichte der preußi¬<lb/> schen Verwaltungsreform beschäftigen. Aber Donnerstag den 22. Januar ging<lb/> dem Bundesrathe ein vom 14. Januar datirter kaiserlicher Antrag zu, betref¬<lb/> fend Ergänzungen und Aenderungen des Reichsmilitürgesetzes vom 2. Mai 187<<lb/> Dieser Antrag ist wie ein Blitz zwar nicht ans heiterem, sondern aus umwölkten:<lb/> Himmel gekommen, den aber doch kein Mensch für einen Gewitterhimmel ge¬<lb/> halten hätte. Das Militärgesetz von 1874 hatte die Friedenspräsenz des Reichs¬<lb/> heeres bis zum 31. December 1881 auf ein Procent der Bevölkerung von 186?<lb/> festgestellt. Man hatte also bei Erlaß dieses Gesetzes angenommen, in der Früh¬<lb/> jahrssession von 1881 würde der Bundesrath dem Reichstage einen neuen<lb/> Vorschlag zur Feststellung der Friedenspräsenz zugehen lassen müssen, nicht<lb/> früher. Nun ist freilich inzwischen der Anfang des Budgetjahres vom 1. Januar<lb/> auf den 1. April verlegt worden. Man nahm folglich an, in den drei ersten<lb/> Monaten von 1881 werde der Reichstag zu beschließen haben über die Frie¬<lb/> denspräsenz vom 1. April 1881 an, sei es, daß die Dauer des Gesetzes von<lb/> 1874 verkürzt würde, sei es, daß man die Geltung dieses Gesetzes bis zum<lb/> 1. April 1882 verlängerte. Statt dessen hat der Kaiser und die Rathgeber,<lb/> welche ihm in der Führung der Reichsgeschäste zur Seite stehen, sich bewogen<lb/> gefunden, schon jetzt den Entwurf eines neuen Militärgesetzes im Bundesrathe<lb/> einzubringen, welches vom 1. April 1881 bis zum 31. März 1888 gelten soll,<lb/> welches also die Geltungsdauer des Gesetzes von 1874 um neun Monate ab¬<lb/> kürzt. Der neue Gesetzvorschlag setzt die Friedenspräsenz auf ein Procent der<lb/> Bevölkerung von 1875 fest, erhöht also die Stärke des Friedensheeres um<lb/> 25615 Mann. Außerdem ordnet der neue Gesetzvorschlag die Errichtung von<lb/> neuen Truppentheilen an: von 11 Infanterie-Regimentern, 1 Jnfanterie-Bataillon,<lb/> 1 Feldartillerie-Regiment, 32 Feld-Batterien, 1 Fußartillerie-Regiment, 1 Pionier-<lb/> Bataillon. Eine dritte wesentliche Neuerung besteht darin, daß künftig ein Theil<lb/> der Ersatzreserve zu Friedensübnngen einberufen werden soll. Die Ersatzreserve<lb/> erster Klasse, um die es sich dabei handelt, besteht aus Personen, welche theils,<lb/> obwohl diensttauglich befunden, sich freigeloost haben, theils ans Personen, die<lb/> wegen geringer körperlicher Fehler vom Dienste befreit worden sind, aber noch<lb/> in dem Alter der regelmäßigen Dienstpflicht in Linie und Landwehr stehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_597" next="#ID_598"> Diese Anführungen genügen, um den Charakter des neuen Gesetzes erkennen<lb/> zu lassen als abzielend auf eine Erhöhung der Kriegsbereitschaft theils durch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222]
politische Briefe.
I. Das neue Militärseptennat.
Unser heutiger Brief wollte sich eigentlich mit der Geschichte der preußi¬
schen Verwaltungsreform beschäftigen. Aber Donnerstag den 22. Januar ging
dem Bundesrathe ein vom 14. Januar datirter kaiserlicher Antrag zu, betref¬
fend Ergänzungen und Aenderungen des Reichsmilitürgesetzes vom 2. Mai 187<
Dieser Antrag ist wie ein Blitz zwar nicht ans heiterem, sondern aus umwölkten:
Himmel gekommen, den aber doch kein Mensch für einen Gewitterhimmel ge¬
halten hätte. Das Militärgesetz von 1874 hatte die Friedenspräsenz des Reichs¬
heeres bis zum 31. December 1881 auf ein Procent der Bevölkerung von 186?
festgestellt. Man hatte also bei Erlaß dieses Gesetzes angenommen, in der Früh¬
jahrssession von 1881 würde der Bundesrath dem Reichstage einen neuen
Vorschlag zur Feststellung der Friedenspräsenz zugehen lassen müssen, nicht
früher. Nun ist freilich inzwischen der Anfang des Budgetjahres vom 1. Januar
auf den 1. April verlegt worden. Man nahm folglich an, in den drei ersten
Monaten von 1881 werde der Reichstag zu beschließen haben über die Frie¬
denspräsenz vom 1. April 1881 an, sei es, daß die Dauer des Gesetzes von
1874 verkürzt würde, sei es, daß man die Geltung dieses Gesetzes bis zum
1. April 1882 verlängerte. Statt dessen hat der Kaiser und die Rathgeber,
welche ihm in der Führung der Reichsgeschäste zur Seite stehen, sich bewogen
gefunden, schon jetzt den Entwurf eines neuen Militärgesetzes im Bundesrathe
einzubringen, welches vom 1. April 1881 bis zum 31. März 1888 gelten soll,
welches also die Geltungsdauer des Gesetzes von 1874 um neun Monate ab¬
kürzt. Der neue Gesetzvorschlag setzt die Friedenspräsenz auf ein Procent der
Bevölkerung von 1875 fest, erhöht also die Stärke des Friedensheeres um
25615 Mann. Außerdem ordnet der neue Gesetzvorschlag die Errichtung von
neuen Truppentheilen an: von 11 Infanterie-Regimentern, 1 Jnfanterie-Bataillon,
1 Feldartillerie-Regiment, 32 Feld-Batterien, 1 Fußartillerie-Regiment, 1 Pionier-
Bataillon. Eine dritte wesentliche Neuerung besteht darin, daß künftig ein Theil
der Ersatzreserve zu Friedensübnngen einberufen werden soll. Die Ersatzreserve
erster Klasse, um die es sich dabei handelt, besteht aus Personen, welche theils,
obwohl diensttauglich befunden, sich freigeloost haben, theils ans Personen, die
wegen geringer körperlicher Fehler vom Dienste befreit worden sind, aber noch
in dem Alter der regelmäßigen Dienstpflicht in Linie und Landwehr stehen.
Diese Anführungen genügen, um den Charakter des neuen Gesetzes erkennen
zu lassen als abzielend auf eine Erhöhung der Kriegsbereitschaft theils durch
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