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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal.

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gleichen nicht geschehe. Unsere Absicht war vielmehr lediglich zu zeigen, daß die
unbestrittene Thatsache des so beträchtlichen Mehrwerthes unserer jährlichen
Einfuhr, zu deren Erklärung ja eben die Annahme einer entsprechend großen
Geldausfuhr dienen soll , sich auf andrem Wege viel einfacher und natürlicher
erklärt. Wir schmeicheln uns nicht mit der Hoffnung, echte Anhänger der Geld-
ansfnhrtheorie mit unserm Versuche zu bekehren; aber vielleicht ist es uns doch
gelungen, manchem wenigstens den Dorn des Zweifels ins Fleisch zu setzen.
Der Zweifel aber ist ja der erste Schritt zur Erkenntniß.


Adolf Buff.


Römische ^"tandlager
und Lagerstätte an der österreichischen Donau.
Veto Raemmel. von

Es gab eine Periode, wo man unter der Geschichte der römischen Kaiserzeit
im Wesentlichen nichts weiter verstand, als die Erzählung von den persönlichen
Schicksalen der Monarchen, von den Vorgängen in der Hauptstadt und von den
Kriegen an der Grenze. So lange man sich für diese Periode lediglich auf
die Historiker angewiesen sah, war auch in der That kaum eine andere Auffas¬
sung möglich. Erst durch die Sammlung und Erforschung der Jnschriftensteine,
wie sie das großartige Werk der Berliner Akademie, das Oorxus wsorixtloirum
latinaruw, jetzt darbietet und ermöglicht, hat sich der Gesichtspunkt, von dem
aus man jene Zeit zu betrachten gewöhnt war, sehr wesentlich verschoben.
Niemand leugnet die Wichtigkeit dessen, was am Kaiserhofe und in der Haupt¬
stadt geschah; Niemand möchte das wunderbar lebendige Bild, welches der
geniale Griffel des Cornelius Taeitus von dem 1. nachchristlichen Jahrhundert,
von der Dynastie der Julier und Claudier entworfen hat, im Geringsten missen,
aber Rom war zwar ein "Compendium der Welt", doch nicht die Welt, und
nicht Alles, was in der ungeheuren Stadt, in welcher Vertreter aller Nationen
und Religionen sich drängten, in welcher Pracht und Luxus auf der einen,
Laster und Verworfenheit auf der anderen Seite eine nie wieder erreichte Höhe
erstiegen haben, zur Erscheinung kam, fand in den Landstädten Italiens oder
gar in den Provinzen seine Analogie. Die vielen Millionen, welche dort wohnten,
lebten unter völlig anderen Bedingungen als der Stadtrömer, und im Grunde


gleichen nicht geschehe. Unsere Absicht war vielmehr lediglich zu zeigen, daß die
unbestrittene Thatsache des so beträchtlichen Mehrwerthes unserer jährlichen
Einfuhr, zu deren Erklärung ja eben die Annahme einer entsprechend großen
Geldausfuhr dienen soll , sich auf andrem Wege viel einfacher und natürlicher
erklärt. Wir schmeicheln uns nicht mit der Hoffnung, echte Anhänger der Geld-
ansfnhrtheorie mit unserm Versuche zu bekehren; aber vielleicht ist es uns doch
gelungen, manchem wenigstens den Dorn des Zweifels ins Fleisch zu setzen.
Der Zweifel aber ist ja der erste Schritt zur Erkenntniß.


Adolf Buff.


Römische ^»tandlager
und Lagerstätte an der österreichischen Donau.
Veto Raemmel. von

Es gab eine Periode, wo man unter der Geschichte der römischen Kaiserzeit
im Wesentlichen nichts weiter verstand, als die Erzählung von den persönlichen
Schicksalen der Monarchen, von den Vorgängen in der Hauptstadt und von den
Kriegen an der Grenze. So lange man sich für diese Periode lediglich auf
die Historiker angewiesen sah, war auch in der That kaum eine andere Auffas¬
sung möglich. Erst durch die Sammlung und Erforschung der Jnschriftensteine,
wie sie das großartige Werk der Berliner Akademie, das Oorxus wsorixtloirum
latinaruw, jetzt darbietet und ermöglicht, hat sich der Gesichtspunkt, von dem
aus man jene Zeit zu betrachten gewöhnt war, sehr wesentlich verschoben.
Niemand leugnet die Wichtigkeit dessen, was am Kaiserhofe und in der Haupt¬
stadt geschah; Niemand möchte das wunderbar lebendige Bild, welches der
geniale Griffel des Cornelius Taeitus von dem 1. nachchristlichen Jahrhundert,
von der Dynastie der Julier und Claudier entworfen hat, im Geringsten missen,
aber Rom war zwar ein „Compendium der Welt", doch nicht die Welt, und
nicht Alles, was in der ungeheuren Stadt, in welcher Vertreter aller Nationen
und Religionen sich drängten, in welcher Pracht und Luxus auf der einen,
Laster und Verworfenheit auf der anderen Seite eine nie wieder erreichte Höhe
erstiegen haben, zur Erscheinung kam, fand in den Landstädten Italiens oder
gar in den Provinzen seine Analogie. Die vielen Millionen, welche dort wohnten,
lebten unter völlig anderen Bedingungen als der Stadtrömer, und im Grunde


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157679/12>, abgerufen am 03.07.2024.