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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal.

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Aus dem Wanderleben eines deutschen Studenten im
sechzehnten Jahrhundert.

Seitdem Gustav Freytag in seinen "Bildern aus der deutschen Vergangen¬
heit" gezeigt hat, welche Fülle kulturgeschichtlichen Materials in den von ihm
in ausgiebigerem Maße zuerst benutzten Hauschroniken, Reisetagebüchern, Briefen
und Selbstbiographieen des sechzehnten und der ersten Hälfte des siebzehnten
Jahrhunderts verborgen liegt, hat es sich die deutsche Forschung angelegen
sein lassen, immer mehr von jenen interessanten Dokumenten aus dem Staube
der Archive und Bibliotheken an das Tageslicht zu ziehen. Es gehören hierher,
außer den schon länger bekannten Selbstbiographieen des Götz von Berlichingen,
des Sebastian Schärtlin, des Hans v. Schweinichen, insbesondere die Auto-
biographieen des Johannes Butzbach (1526), der Thomas und Felix Platter
(1518 und 1557),*) des Bartholomeus Sastrow (1540), die Reisetagebücher
des Pellicanus (1516), Albrecht Dürer's (1521), des Ulrich Schmiedt (1534),
des Hans Ulrich Kraft (1573), des Samuel Kiechel (1585), des Ritters Breu-
ning (1579), des Grafen von Waldeck (1548), des Herzogs Friedrich von
Wirtenberg l1592,, des Benediktiners Reginbald Möhner (1651), die Brief¬
sammlungen Dürer's, die Zimmern'sche Chronik u. v. a. In diese Kategorie
gehört auch die Selbstbiographie des Augsburger Juristen Lucas Geizkofler.^)
In schlichter, schmuckloser Weise erzählt uns der Verfasser sein reichbewegtes,
von den mannichfachsten Eindrücken erfaßtes Leben. Den Hauptinhalt des
Buches bildet die Schilderung seiner Jugend, seiner Lehr- und Wanderjahre.
Ohne kunstvolle Gruppirung, in losem Zusammenhang führt er uns hier seine
eigenen Erlebnisse vor, herab bis zu den kleinsten Unfällen. Die Urtheile, die
er ausspricht, sind hänfig einseitig, die Anekdoten, die er erzählt, gewiß vielfach
zweifelhaft, aber überall zeigt er ein warmes Herz, einen edlen Sinn, einen
offenen und feinen Blick. Seine Schrift stellt uns zugleich mitten hinein in
das sechzehnte Jahrhundert, denn der Verfasser berichtet auch über die Refor¬
mationsversuche in Italien, über die Anfänge des Protestantismus in Tyrol,
über die Pariser Bluthochzeit, über die Universitäten von Straßburg und Paris,
über den Welthandel des Fugger'schen Hauses und über eine Menge von
Personen, mit denen er im Verkehr gestanden. Leider bricht die Erzählung
mit der Verheirathung und dauernden Niederlassung Geizkofler's in Augsburg




*) Vor kurzem in neuer, korrekter und schön ausgestatteter Ausgabe von H. Boos
herausgegeben (Leipzig, Hirzel, 1378).
**) Lucas Geizkofler und seine Selbstbiographie. 1660 -- 1620. Herausgegeben
von Adam Wolf. Wien, Braumüller.
Aus dem Wanderleben eines deutschen Studenten im
sechzehnten Jahrhundert.

Seitdem Gustav Freytag in seinen „Bildern aus der deutschen Vergangen¬
heit" gezeigt hat, welche Fülle kulturgeschichtlichen Materials in den von ihm
in ausgiebigerem Maße zuerst benutzten Hauschroniken, Reisetagebüchern, Briefen
und Selbstbiographieen des sechzehnten und der ersten Hälfte des siebzehnten
Jahrhunderts verborgen liegt, hat es sich die deutsche Forschung angelegen
sein lassen, immer mehr von jenen interessanten Dokumenten aus dem Staube
der Archive und Bibliotheken an das Tageslicht zu ziehen. Es gehören hierher,
außer den schon länger bekannten Selbstbiographieen des Götz von Berlichingen,
des Sebastian Schärtlin, des Hans v. Schweinichen, insbesondere die Auto-
biographieen des Johannes Butzbach (1526), der Thomas und Felix Platter
(1518 und 1557),*) des Bartholomeus Sastrow (1540), die Reisetagebücher
des Pellicanus (1516), Albrecht Dürer's (1521), des Ulrich Schmiedt (1534),
des Hans Ulrich Kraft (1573), des Samuel Kiechel (1585), des Ritters Breu-
ning (1579), des Grafen von Waldeck (1548), des Herzogs Friedrich von
Wirtenberg l1592,, des Benediktiners Reginbald Möhner (1651), die Brief¬
sammlungen Dürer's, die Zimmern'sche Chronik u. v. a. In diese Kategorie
gehört auch die Selbstbiographie des Augsburger Juristen Lucas Geizkofler.^)
In schlichter, schmuckloser Weise erzählt uns der Verfasser sein reichbewegtes,
von den mannichfachsten Eindrücken erfaßtes Leben. Den Hauptinhalt des
Buches bildet die Schilderung seiner Jugend, seiner Lehr- und Wanderjahre.
Ohne kunstvolle Gruppirung, in losem Zusammenhang führt er uns hier seine
eigenen Erlebnisse vor, herab bis zu den kleinsten Unfällen. Die Urtheile, die
er ausspricht, sind hänfig einseitig, die Anekdoten, die er erzählt, gewiß vielfach
zweifelhaft, aber überall zeigt er ein warmes Herz, einen edlen Sinn, einen
offenen und feinen Blick. Seine Schrift stellt uns zugleich mitten hinein in
das sechzehnte Jahrhundert, denn der Verfasser berichtet auch über die Refor¬
mationsversuche in Italien, über die Anfänge des Protestantismus in Tyrol,
über die Pariser Bluthochzeit, über die Universitäten von Straßburg und Paris,
über den Welthandel des Fugger'schen Hauses und über eine Menge von
Personen, mit denen er im Verkehr gestanden. Leider bricht die Erzählung
mit der Verheirathung und dauernden Niederlassung Geizkofler's in Augsburg




*) Vor kurzem in neuer, korrekter und schön ausgestatteter Ausgabe von H. Boos
herausgegeben (Leipzig, Hirzel, 1378).
**) Lucas Geizkofler und seine Selbstbiographie. 1660 — 1620. Herausgegeben
von Adam Wolf. Wien, Braumüller.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157663/189>, abgerufen am 27.12.2024.